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Susanne Hoffmann (CDU), Ministerin der Justiz

© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild / Soeren Stache

Brandenburgs Justizministerin unter Druck: Freie Wähler fordern Rücktritt von Susanne Hoffmann

Die CDU-Politikerin scheitert krachend beim Dienstgerichtshof des Landes. Die Versetzung von zwei Arbeitsrichtern war rechtswidrig.

Es ist eine krachende Niederlage für Brandenburgs Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU): Die Freien Wähler und die Linken im Brandenburger Landtag fordern ihren Rücktritt, nachdem nun auch der Dienstgerichtshof des Landes beim Oberlandesgericht die Zwangsversetzung zweier Arbeitsrichter im Zuge der Arbeitsgerichtsreform Hoffmanns als rechtswidrig kassiert hat. Im Kenia-Kabinett von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gerät nach Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) damit gleich die Nächste unter Druck.

Richterwahlausschuss hätte beteiligt werden müssen

Wie die erste Instanz kommt auch Brandenburgs oberstes Dienstgericht zum Ergebnis, dass bei der Versetzung der Richterwahlausschuss des Landtages hätte beteiligt werden müssen, was das Justizministerium unterlassen hatte - nach beiden Urteilen wider besseres Wissen. Nach dem aktuellen Urteil vom 24. März, das dieser Zeitung vorliegt, erfüllte die Beschwerde des Hoffmann-Ressorts gegen das Urteil der ersten Instanz nicht einmal die formalen juristischen Voraussetzungen.

Der Schriftsatz sei „nicht in der für Behörden vorgeschriebenen Form als elektronisches Dokument übermittelt worden, sondern nur als Fax und mit einfacher Briefpost in Papierform“, belehrten die OLG-Richter das Justizministerium. Schon allein deshalb sei die Beschwerde „unzulässig“. Dies sei „ein Amateurfehler, der einer obersten Landesbehörde niemals passieren darf“, rügen die Freien Wähler.

Die Ministerin hat nun bereits zum zweiten Mal im Klartext lesen müssen, dass Gesetze auch für sie gelten.

Rudolf Zeeb, Anwalt

Vor allem aber war das Vorgehen des Justizministeriums bei der Versetzung laut Landesdienstgerichtshof rechtswidrig, weil es für die Versetzung der Arbeitsrichter nach Neuruppin beziehungsweise Cottbus nicht die erforderliche Zustimmung des Richterwahlausschusses eingeholt hatte. Doch, so das Urteil, im „gewaltenteilenden Rechtsstaat darf sich der Rechtsanwender nicht über den klaren Wortlaut eines Gesetzes hinwegsetzen […]“. Mit dieser Begründung hatte bereits das Dienstgericht Cottbus im Dezember 2022 die Versetzung kassiert, wogegen Hoffmann in Beschwerde gegangen war.

„Die Ministerin hat nun bereits zum zweiten Mal im Klartext lesen müssen, dass Gesetze auch für sie gelten“, erklärte Anwalt Rudolf Zeeb, früher Staatssekretär und Staatskanzleichef im Land, der einen der betroffenen Richter vertritt. „Soweit hätte es nicht kommen müssen.“ Er habe am Montag im Namen seines Mandanten ein Vergleichsangebot vorgelegt, wonach dieser vor Wiedereinsetzung in sein Amt bereit wäre bis Jahresende in Neuruppin auszuhelfen. „Ich hoffe, dass die Ministerin zur Vernunft zurückkehrt.“ Allerdings bestätigte Zeeb, dass das Justizministerium für den Fall einer Niederlage vor dem Landesdienstgerichtshof angedroht hat, eine Amtsenthebung gegen seinen Mandanten anzustrengen - und ihn dann neu als Richter zu ernennen. „Dieses Vorgehen wäre in der Bundesrepublik einmalig“, sagte Zeeb.

Justizministerium bedauert Urteil

Doch genau daran will Hoffmann festhalten. „Das Justizministerium bedauert, dass der Dienstgerichtshof seiner Rechtsauffassung nicht gefolgt ist“, erklärte Sprecherin Ariadne Ioakimidis auf Anfrage. Der beanstandete Formmangel beruhe „auf einem Fehler der Arbeitsebene, der derzeit der Aufklärung unterliegt“. Doch in der Sache wolle man weiterhin vermeiden, dass die beiden von den Versetzungsbescheiden betroffenen Richter dauerhaft „auf Kosten der Allgemeinheit beschäftigungslos besoldet“ werden. Mit der Amtsenthebung soll der Fehler geheilt werden.

„Nach erfolgter Amtsenthebung kann beiden Richtern jederzeit ein neues Richteramt übertragen werden.“ Das Ministerium verweist darauf, dass es die zwei einzigen Streitfälle der Arbeitsgerichtsreform sind. Mit den anderen fünf betroffenen Richterinnen und Richtern seien „einvernehmliche Lösungen“ gefunden wurden. Und auch für die zehn Beschäftigten des nichtrichterlichen Personals sei alles geklärt.

Für die Freien Wähler ist Hoffmann untragbar geworden

Linke und Freie Wähler hatten im Dezember Hoffmann vergeblich aufgefordert, auf die Beschwerde zu verzichten. Die Ministerin habe dies ignoriert und die Kläger stattdessen unnötig in eine weitere Instanz gezwungen, lautet nun die Kritik der Freien Wähler. Es sei offensichtlich nötig und auch beängstigend, dass ein Gericht der Justizministerin solche Hinweise erteilen muss. „Das rechtsstaatliche Fass ist zum Überlaufen gekommen“, begründete Freie-Wähler-Chef Peter Vida die Rücktrittsforderung. „Die Justizministerin hat gegen ein Heiligtum des Rechtsstaates, die Gewaltenteilung, gravierend und vorsätzlich verstoßen.“ Hoffmann sei „nicht mehr tragbar und muss ihren Posten räumen“.

Auch die Linke-Abgeordnete Marlen Block erklärte: „Frau Hoffmann ist damit ihrer Aufgabe im demokratischen System nicht gerecht geworden. Sie hat das Vertrauen der Richterschaft verspielt und gefährdet so nachhaltig das Ansehen der Justiz des Landes Brandenburg.“

Im Zuge der von Hoffmann durchgesetzten Arbeitsgerichtsreform in Brandenburg waren zum 1. Januar 2023 die Arbeitsgerichte Eberswalde, Potsdam und Senftenberg als eigenständige Standorte geschlossen worden. Im Land gibt es jetzt vier Arbeitsgerichte, in Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder), Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) und Cottbus. An den geschlossenen Standorten wie in der Landeshauptstadt Potsdam finden Gerichtstage statt, bei denen anreisende Arbeitsrichter verhandeln. Bislang läuft dies geräusch- und konfliktlos.

Schon nach dem ersten Cottbuser Urteil war Hoffmann unter Druck geraten. Damals forderten bereits die Linken ihren Rücktritt, sprach die Gewerkschaft Verdi von „Gutsherren-Justiz wie in Polen oder Ungarn“, sah der Bundessprecher der Neuen Richtervereinigung „Assoziationen zu absolutistischen Herrschaftsformen“. Nur der Landesverband des Deutschen Richterbundes hatte sich in einer internen Stellungnahme für den Rechtsausschuss des Landtages von dem „populistischen Gebaren“ der Neuen Richtervereinigung distanziert und zur Besonnenheit aufgerufen.

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