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Garnisonkirche Mai 1968 (Foto: Dietmar Saretz)

© Dietmar Saretz

Blick von der Garnisonkirche: Video zeigt historische Aufnahmen von Potsdam

Kurz vor der Fertigstellung des wiederaufgebauten Kirchturms lohnt ein Blick auf einen Film mit Fotos von 1968. Damals stand der Turm kurz vor der Sprengung.

Vor 55 Jahren wurde der Turm der im Krieg schwer beschädigten Garnisonkirche gesprengt. Dietmar Saretz, damals Pfarrer der Friedenskirche und der Garnisonkirche verbunden, kletterte Ende Mai, vor der Sprengung im Juni 1968 auf den Turm und hielt die Aussicht auf die Stadt im Umbau fest. Die spektakulären Aussichten auf etwa 70 Bildern wurden nun zu einem zwölfminütigen Video zusammengefasst.

Im Video von Filmemacher Marco Freudenberg wird auf Englisch mit deutschen Untertiteln die Geschichte des Turms erzählt und berichtet, wie die vermutlich letzten Farbfotos des Turms entstanden. Der inzwischen verstorbene Pfarrer Saretz musste demnach einige Mühe aufbringen, um den Turm zu erklimmen.

Was dabei auf seinen Bildern zu sehen ist: Das Bauwerk mit seinem meterdicken Mauerwerk scheint weitgehend intakt zu sein, sogar Fassadenschmuck ist noch unbeschädigt erhalten. Das Kirchenschiff ohne Dach gleicht dagegen einer Ruine, wenngleich Pfeiler und Fensterbögen noch gut zu erkennen sind.

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Erst nach zweiter Sprengung war der Turm zerstört

Die Massivität des barocken Bauwerks, das 1730 bis 1735 entstanden war, hielt der ersten Sprengung weitgehend stand. „An einem Sonntag, zur Gottesdienstzeit auf Geheiß von SED-Chef Walter Ulbricht“ sei die Sprengung durchgeführt worden, heißt es im Video. Ein Konzept der Stadt zur Sicherung des Bauwerks habe keine Berücksichtigung gefunden. Wie ein Finger Gottes blieb der Turm dann zunächst auch stehen. Auf den Bildern ist zu erkennen, wie er zwar stark beschädigt, zur Straßenfront aber noch weitgehend intakt ist.

Erst auf den weiteren Bildern ist das Ergebnis der zweiten Sprengung zu sehen: Vom Garnisonkirchturm blieb nur noch ein großer Berg aus Steinen. Der Arm eines Baggers wirkt darin wie ein gefallenes Kreuz. Die Kirche sei dem „ideologisch und kommunistisch motivierten sozialistischen Städtebau“ zum Opfer gefallen, heißt es im Video.

Heute werde der Wiederaufbau „noch immer von linken, kommunistischen Parteien und Vereinigungen“ kritisiert, so der Kommentator. Für die Rekonstruktion lieferten die Fotos von Saretz wertvolle Hinweise auf das Innere des Bauwerks und seine Ausstattung.

Der Turm der Potsdamer Garnisonkriche vor der Sprengung 1968.
Der Turm der Potsdamer Garnisonkriche vor der Sprengung 1968.

© Dietmar Saretz

Interessant ist der Blick aus 57 Metern Höhe, den Pfarrer Saretz festhielt. Dem ursprünglich 90 Meter hohen Turm fehlte die Haube. Das alte Bauwerk gleicht damit ziemlich exakt dem Zustand des heutigen Nachbaus, der im kommenden Jahr samt neuer Turmhaube fertiggestellt werden soll.

Am beschädigten Kirchturm war sogar noch Fassadenschmuck erhalten.
Am beschädigten Kirchturm war sogar noch Fassadenschmuck erhalten.

© Dietmar Saretz

Die Fotos zeigen die Havellandschaft, Straßenzüge und Bauwerke, darunter die wiederaufgebaute Nikolaikirche oder das Große Waisenhaus, die Plantage, die Speicherstadt und der mit neuen Häusern umbaute Platz der Einheit. In der Breiten Straße stehen noch alte Häuser, die später Neubauten wichen, in denen heute Studierende wohnen.

Hinter der Nikolaikirche sind die Neubauten gut zu erkennen. Der moderne Riegel des Instituts für Lehrerbildung, der späteren Fachhochschule, fehlt hingegen noch. Anstelle des Stadtschlosses ist eine Wiese zu sehen. Das heutige Hotel Mercure befindet sich im Bau.

Blick vom Turm in die Breite Straße.
Blick vom Turm in die Breite Straße.

© Dietmar Saretz

Die Breite Straße als Verkehrsschneise endet damals in Höhe des Stadions, das anstelle des Lustgartens entstanden war. Im weiteren Verlauf wird die Straße von Bäumen und einem breiten Grünstreifen geprägt: fast wie ein Vorbild für einen modernen, lebenswerten Straßenraum.

Der aus Cottbus stammende Saretz war von 1961 bis 1990 als Pfarrer in Potsdam tätig. Die Fotos habe er mit einer Practica von Zeiss, „der besten, die es damals gab“, gemacht, sagte der damals 90-Jährige 2015 bei der Übergabe der Fotos an die Stiftung Garnisonkirche. Kurz bevor er die Fotos machte, hatte die Gemeinde erfahren, dass die Kirche enteignet werden soll.

Das nun aus den Fotos entstandene und mit pathetischer Musik untermalte Video ist auch Werbung für das nun wiederaufgebaute Bauwerk. Zu hören ist, dass die Garnisonkirche damals das Stadtbild bereichert habe. Diese Zuschreibung muss sich der Nachbau wohl noch verdienen.

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