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Geschichtsprojekt des Gymnasiums Bornstedt.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Pilotprojekt für Erinnerungsarbeit: Schüler machen jüdisches Leben in Potsdam sichtbar 

Das neue Gymnasium Bornstedt und das Moses-Mendelssohn-Zentrum haben zusammen die Potsdamer Vergangenheit erforscht. Das Projekt soll Beispiel sein für Aufarbeitung in Schulen.

Von Alicia Rust

„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, zitierte der Künstler Gunter Demnig (Initiator der Stolpersteine) einst den Talmud. Das Zitat haben Zoe, Feli und Magda für ihre Projektarbeit ausgewählt. Das Ergebnis: Ein fünfseitiger Foto-Comic über Stolpersteine in Babelsberg. Ein Teil der allerersten Präsentation des kooperativen Pilotprojekts „Jüdisches Leben in Potsdam“ vom Gymnasium Bornstedt, das jüngst in der Aula der Schule vorgestellt wurde.

„Vor rund einem Jahr entstand die Idee, bei diesem Projekt mit dem Moses-Mendelssohn-Zentrum zusammenzuarbeiten“, sagte Direktorin Dörte Schubert in ihrer Eröffnungsrede. Die Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 7.1, 7.2 und 7.3 des erst 2022 gegründeten Gymnasiums applaudierten. Alle freuten sich darüber, endlich die Ergebnisse ihrer selbst erarbeiteten Projekte aus eigens dafür entwickelten Lernmodulen präsentieren zu dürfen.

Wie viel jüdisches Leben steckt in Potsdam? Sie Siebtklässler bei der Recherche.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Hinter den gut gefüllten Stuhlreihen waren die Wände mit selbst gestalteten Postern bestückt. Auf einzelnen Tischen präsentierten die Siebtklässler, was sie im Laufe des Jahres über jüdisches Leben in der Stadt in Erfahrung bringen konnten. In den vergangen vier Wochen waren sie mit der Ausarbeitung beschäftigt. Dabei erwiesen sich die Schüler des technisch hochmodern ausgerüsteten Gymnasiums als äußerst erfindungsreich.

Von jeder Klasse präsentierte ein Team innerhalb von vier Minuten die Ergebnisse. Anschließend hatten die Besucher Gelegenheit, sich während eines Rundgangs intensiver mit den jeweiligen Arbeiten der Schüler auseinanderzusetzen.

Elisa und Luisa aus der 7.1. machten den Auftakt. „Jalda Rebling hat viele tolle Geschichten erzählt“, sagte Elisa. Schwerpunkt sei die jüdische Musik gewesen. „Aus unserem Interview haben wir anschließend einen 30-minütigen Podcast gemacht“, ergänzt Luisa. Davon bekamen die Besucher einen kurzen Trailer zu hören. „Es war spannend, die verschiedenen Formate auch technisch entsprechend umzusetzen“, sagte Direktorin Dörte Schubert und wirkte erleichtert, dass bei der Präsentation alles reibungslos verlief. Die Vermittlung der Medienkompetenz war Bestandteil des Konzepts.

Jüdische Geschichte und Gebräuche

Der Podcast war anschließend - über einen QR-Code abrufbar - in Gänze hörbar. Emmy und Pia aus der 7.3. hatten sich auf dem jüdischen Friedhof mit der Lebensgeschichte der Potsdamer Jüdin Selma Neumann befasst. Das Ergebnis war ein Erklärvideo. Nicht nur der Friedhof und das Leben der Verstorbenen wurde thematisiert, es ging auch um die jüdische Geschichte, um Gebräuche und Nahrungsgewohnheiten, teilweise mithilfe von Infografiken erklärt.

Bei dem kooperativen Schulprojekt ging es vor allem darum, dass wir vor Ort gehen und Menschen treffen konnten. So wird die Geschichte erlebbar.

Dörte Schubert, Direktorin des Gymnasiums Bornstedt

Darüber hinaus gab es ein „Kahoot“, ein Quiz zum Judentum, neben zahlreichen ansprechend gestalteten Broschüren und Flyern. „Dass dieses Projekt mitten in der internationalen Projektwoche gegen Rassismus stattgefunden hat, passt perfekt“, freute sich Anja Beck-Rühling, Lehrerin für evangelische Religion am Gymnasium Bornstedt, die das Projekt maßgeblich betreut hatte.

„Bei dem kooperativen Schulprojekt ging es vor allem darum, dass wir vor Ort gehen und Menschen treffen konnten“, sagte Direktorin Schubert. Auf diese Weise gelinge es, Geschichte erlebbar zu machen.

Die jüdische Geschichte ist so viel mehr, als nur die Verfolgungsgeschichte oder der Antisemitismus.

Ellen Fischer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien.

Miriam Rürup, Direktorin des Moses-Mendelssohn-Zentrums für europäisch-jüdische Studien in Potsdam (MMZ), schickte eine Videobotschaft aus Tel Aviv. Das MMZ gebe es seit mittlerweile drei Jahrzehnten, so die engagierte Wissenschaftlerin, doch es sei wichtig, dass die Geschichte nicht nur in einem Elfenbeinturm vermittelt werde. Sie hoffe sehr, dass die Schüler den Zugang zur jüdischen Kultur und Geschichte durch dieses besondere Pilotprojekt gefunden hätten.

Ellen Fischer und Julia Kleinschmidt - ebenfalls vom MMZ - begrüßten die Ergebnisse des Pilotprojekts, das sie über ein Jahr begleitet hatten. „Die jüdische Geschichte ist so viel mehr als nur die Verfolgungsgeschichte oder der Antisemitismus“, sagte Fischer. Es gehe schließlich auch um die Wissensvermittlung jenseits der üblichen Klischees.

Das langfristige Ziel sei die Sensibilisierung und Hinführung der Schüler und Schülerinnen zu jüdischen Themen, die in den kommenden Jahren vertieft und spezialisiert an Pädagogen vermittelt werden sollen, so Ellen Fischer und Julia Kleinschmidt. Der Erfolg des Pilotprojekts lasse hoffen, dass dieses speziell entwickelte Bildungsangebot, welches nicht zuletzt wegen des großen Engagements aller Beteiligten positiv ausgefallen ist, künftig auch für weitere Brandenburger Schulen erlebbar sein werde.

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