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Projektmanager Ehsan Tavakoli bei der Analyse der Belastung mit Luftschadstoffen.

© Ottmar Winter PNN / Ottmar Winter PNN

Wie sauber ist meine Stadt?: Busse und Kehrmaschinen messen Feinstaub in Brandenburg und Berlin

In Teltow werden Busse mit spezieller Sensorik ausgestattet, die kleinste Partikel misst – das ist weltweit erstmalig. Die Daten sollen Städte verändern.

Marc Nodorft überzeugt: „Je kleiner die Partikel, desto gefährlicher sind sie für meine Gesundheit.“ Nodorft ist Leiter Forschung und Entwicklung bei Füllner&Partner, das Stahnsdorfer Ingenieurbüro hat gemeinsam mit Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen in ganz Europa eine Technik entwickelt, die die Feinstaubbelastung in Städten besser sichtbar machen soll. Das Projekt „DEUS Smart Air“ misst in 22 Städten in Europa. In der Metropolregion macht Teltow den Anfang.

35 Busse des kommunalen Busunternehmens Regiobus sind mit einer Sensorik ausgestattet, die kleinste Feinstaub-Partikel in Echtzeit misst. Alle zwölf Sekunden messen die Geräte, die auf den Dächern der Fahrzeuge angebracht worden sind - das ist im normalen Straßenverkehr etwa alle 100 Meter. Die Daten werden an Forschungseinrichtungen wie dem Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme geschickt, die die Datenmengen auswerten.

12
Sekunden, dann misst der Sensor erneut.

Bis Ende Oktober soll in Teltow gemessen werden. Schon im Frühsommer sollen die Erhebungen Bürgerinnen und Bürgern über die Geoportale auf den Webseiten der Kommunen zur Verfügung stehen, verspricht Nodorft. Doch vorher müssen sie gesichtet werden. „Das sind riesige Datenmengen“, sagt Gilles Delaunay. Der Franzose ist Daten-Analyst und gehört mit zum Projekt-Team.  

Busse fahren bis nach Berlin und Potsdam

Es sei erstmalig, dass fahrende Sensorik mit stationären Messungen kombiniert Daten zur Feinstaubbelastung misst. Daneben werden auch weitere für die Luftqualität einer Stadt wichtige Daten erhoben, zum Wetter und zum Verkehr. Nodorft sagt, es sei wichtig, dass direkt im Verkehr gemessen werde. „Meine Kinder stehen tatsächlich an der Ampelkreuzung, mehrere Minuten lang, wenn sie auf Grün warten. Die stehen nicht zehn Meter daneben.“

Das sind riesige Datenmengen.

Gilles Delaunay, Daten-Analyst bei Pollutrack.

Auf zwölf seiner insgesamt 66 Linien hat Regiobus die Technik installiert. Die Busse auf den Linien 20, 22 und 23 fahren bis nach Berlin und messen damit auch dort die Belastung. Die Linien 601 und X1 fahren bis zum Potsdamer Hauptbahnhof.

In Teltow fahren Busse, Fahrzeuge des Ordnungsamtes und von der örtlichen MC Donalds-Filiale mit Sensoren, die die Feinstaub-Belastung messen. Die Fahrzeuge fahren bis nach Berlin und Potsdam.  

© DEUS Smart Air / DEUS Smart Air

Zwei weitere Busse sollen noch ausgestattet werden. Daneben sind bereits zwei Fahrzeuge des Teltower Ordnungsamtes, eine Kehrmaschine des Betriebshofes sowie ein Transporter und Auslieferungsautos der Teltower McDonalds-Filiale mit dabei.

Auf der Probefahrt im Regiobus vom Betriebshof in Stahnsdorf zeigt Mitarbeiter Ehsan Tavakoli, die Messungen in Echtzeit auf seinem Notebook. Um 11.30 Uhr misst das Gerät auf dem Busdach Feinstaub mit einem Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer von 25 Microgramm pro Kubikmeter. Um 12.05 Uhr geht die Kurve nach oben bis auf 35 Microgramm pro Kubikmeter. „Hier standen wir gerade. Dort war wohl mehr Belastung“, sagt Tavakoli.

Schlaue Kästchen: McDonalds Fahrzeuge in Teltow sind mit den Sensoren ausgestattet worden.

© DEUS Smart Air / DEUS Smart Air

Gelb bis orange in Zehlendorf, grün in Ruhlsdorf

Im Betriebshof zeigt Tavaloki nach der Fahrt auf seinem Rechner das Streckennetz, auf dem die Fahrzeuge im Einsatz sind. Rote und orange-farbene Punkte ziehen sich entlang der Bundesstraße 101 und der L40, der Schnellstraße Potsdam–Schönefeld, auch dort fahren Busse und die Fahrzeuge, die mit der Mess-Sensorik ausgestattet sind.

Je nach den Grenzwerten für Feinstaubbelastung der World Health Organization (WHO) haben die Punkte unterschiedliche Farben. Rot bedeutet eine hohe, grün eine niedrige Belastung. Die zeigen sich zum Beispiel teilweise in Ruhlsdorf und stückweise am Ostpreußendamm in Berlin-Lichterfelde. In Zehlendorf sind die Punkte überwiegend gelb bis orange, das bedeutet 15 bis 20 Microgramm per Kubikmeter der kleinen Feinstaubpartikel werden dort aktuell gemessen.

Wo eine hohe Belastung ist, da baue ich keine Kita und kein Seniorenheim hin.

Marc Nodorft, Leiter Forschung und Entwicklung beim Stahnsdorfer Ingenieurbüro Füllner&Partner

Die Messungen sollen sich auf Städte- und Verkehrsplanung auswirken. „Wo eine hohe Belastung ist, da baue ich keine Kita und kein Seniorenheim hin“, sagt Nodorft.

Streckennetz soll ausgebaut werden

Bis Februar soll das Streckennetz ausgebaut und weiter verfeinert werden: 70 Kameras sollen Fahrzeuge erkennen und unterscheiden: wie viele Radfahrer:innen sind unterwegs, wie viele Lkw mit und ohne Anhänger. Welchen Einfluss haben sie auf die Messungen? Sie geben nur die erkannten Fahrezeuge weiter, nicht die Bilder, sagt Hans-Daniel Hartmann vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr, das das Projekt mit vier Millionen Euro unterstützt.

Berlin konnte bislang nicht als Partner für das Projekt gewonnen werden. Es sei aber auch gut, die Messungen in überschaubaren Regionen zu testen und dann im zweiten Schritt weiter auszubauen. Die Hauptstadt ist also nicht aus dem Rennen.

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