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Bundestrainer Hansi Flick bei der 0:1-Niederlage gegen Polen.

© dpa/Christian Charisius

Die Katar-WM in Dauerschleife: Die Zweifel an Bundestrainer Hansi Flick wachsen

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft wollte nach der verkorksten WM verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Dass ihr das nicht gelingt, fällt auch auf Hansi Flick zurück.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Am Montag in Bremen haben die deutschen Fußball-Nationalspieler eine goldene 1000 auf ihrem Trikot getragen – aus Anlass des 1000. Länderspiels der Nationalmannschaft. Beim Testspiel am Freitag in Warschau war auf den Trainingsjacken der Nationalspieler eine 364 zu sehen – weil es noch exakt 364 Tage waren, bis in Deutschland die Europameisterschaft angepfiffen wird.

Es sollte ein Ausdruck der Vorfreude sein auf das fußballerische Großereignis im kommenden Jahr. Der Countdown läuft. Aber von Vorfreude kann gerade nicht die Rede sein.

Es gibt einige gute Gründe, warum das Land noch nicht richtig angezündet ist und keine rechte EM-Euphorie aufkommen will. Der weiterhin missliche Zustand der Nationalmannschaft ist ein gewichtiger.

Ein gutes halbes Jahr nach der enttäuschenden Weltmeisterschaft in Katar und nach bisher vier Länderspielen lässt sich nur mit viel Trotz und einer gewissen Realitätsverweigerung behaupten, dass sich die Dinge erkennbar in die richtige Richtung entwickeln. Eher hat man das Gefühl, dass die Nationalmannschaft in eine Art Katar-WM in Dauerschleife geraten ist. Vieles – vor allem die immer wiederkehrenden Fehler – kommt einem irgendwie bekannt vor.

Die Bilanz seit der WM ist mäßig

Die Verantwortlichen im Deutschen Fußball-Bund (DFB) haben sich nach dem frühen Ausscheiden in Katar bewusst entschieden, Bundestrainer Hansi Flick im Amt zu belassen. Den Kredit schien er sich verdient zu haben. Und – das gehört ebenfalls zur Wahrheit – ein Besserer war zum damaligen Zeitpunkt auch nicht auf dem Markt. Inzwischen aber wachsen die Zweifel, ob das Festhalten an Flick tatsächlich die richtige Entscheidung war.

Ein Sieg (gegen Peru), ein Unentschieden und zwei Niederlagen: Das ist die Bilanz der Nationalmannschaft seit der WM. Flick verweist trotzig auf seinen Plan, dass es aktuell vor allem darum gehe, die Zeit für taktische und personelle Experimente zu nutzen. Schließlich befindet sich die Nationalmannschaft in der komfortablen Situation, dass sie keinen Ergebnisdruck hat, weil sie sich als Gastgeber nicht erst für die EM qualifizieren muss.

Aber das ist ein Trugschluss. Mit drei verkorksten Turnieren nacheinander hat die Nationalmannschaft das Privileg verspielt, Testspiele vorrangig zum Testen nutzen zu können. Die Stimmung ist spätestens mit der 0:1-Niederlage gegen Polen an einem Kipppunkt angelangt, die Nervosität steigt.

Wenn ein Bundesligist in der Saisonvorbereitung mit einem ungewohnten System und einer besseren B-Team gegen einen Zweitligisten antritt und verliert, dann wird der verantwortliche Trainer auf mildernde Umstände hoffen können. Für den Bundestrainer gilt das nicht. Länderspiele sind eine ernste Angelegenheit. Immer und ausschließlich.

Aber das wussten Flick und der DFB. Sie haben nach Katar großspurig verkündet, dass die Nationalmannschaft das verlorene Vertrauen zurückgewinnen wolle und werde. Sie haben sich selbst unter Ergebnisdruck gesetzt.

Im Moment hat man nicht das Gefühl, dass die Mannschaft diesem Druck gewachsen ist. Und Hansi Flick auch nicht.

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