zum Hauptinhalt
Auf die Höhe kommt es an. Wer beim Ski-Freestyle in der Halfpipe besonders schwierig und trickreich abhebt, hat die besten Chancen, einen Wettbewerb zu gewinnen.

© dpa

Serie: Wintersport 2.0: Ein bisschen fliegen Neuschnee

Ungefährlich ist es nicht, sich mit Skiern durch die Halfpipe zu katapultieren, trotzdem ist der Wettbewerb ab 2014 olympisch.

Von Katrin Schulze

Der Winter ist jung geworden. Neben den klassischen Wintersportarten wie Rodeln, Langlauf oder Skispringen hat sich eine neue Generation von Wintersportarten entwickelt. Sie sind als Lifestyledisziplinen gestartet, inzwischen aber schon teilweise im durchorganisierten und standardisierten olympischen Programm gelandet. Über die neuen Sportarten im Spannungsverhältnis zwischen Jugendlichkeit und olympischem Anspruch berichten wir in unserer Serie Neuschnee. Heute Folge 4: Halfpipe.

Der Sport von Thomas Hlawitschka ist hierzulande auf unrühmliche Weise berühmt geworden. Vergangene Woche war es, als die bekannteste Ski-Freestylerin der Welt in Folge eines schweren Sturzes in der Halfpipe starb. Sarah Burke aus Kanada wurde nur 29 Jahre alt. Schicksale wie diese sind es, die die Skepsis am professionellen Freestylesport nähren. Immer wieder verletzen sich Sportler, wenn sie sich wie wild eine Piste herunterstürzen oder in der Halfpipe trickreich auf und ab fliegen. Berufsrisiko nennt man das. Dass nun aber jemand aus der Szene mit dem Tod bezahlt, das habe ihn „richtig mitgenommen“, sagt Thomas Hlawitschka, der deutsche Ski-Freestyler. Und natürlich mache er sich Gedanken darüber, was so alles passieren könne im Skigeschäft.

Zweifel sind da, die Faszination und die Aussichten aber sind größer. Das Adrenalin, der Kick, immer andere Dinge auszuprobieren und spektakulärerer durch die Luft zu segeln als die anderen – all das schlägt die Angst vor möglichen Unfällen. Als es Thomas Hlawitschka zu langweilig wird, nur die präparierten Pisten abzufahren, ist er 15. Er pflügt sich nun mit seinen Skiern lieber durch Schnee oder übt sich in Sprüngen. Der junge Hlawitschka gehört so zu den ersten Freestylern in Deutschland. Zehn Jahre später hat er jede Menge Konkurrenten – im eigenen Land, aber vor allem international.

USA, Kanada, Frankreich und die Schweiz: Das sind die Länder, die dem Trend zum Fliegen zuerst gefolgt sind die nun die bislang besten Sportler im Freestyle hervorgebracht haben. Manchmal nervt es Hlawitschka, dass Deutschland noch hinterherhinkt in der Entwicklung. „Wenn München die Olympischen Spiele 2018 bekommen hätte, wäre sicherlich schon mehr passiert“, sagt er. So aber gebe es hier bis heute kaum eine vernünftige Halfpipe, auf der er seine Fahrten einstudieren könne. Dabei werden doch in zwei Jahren erstmals olympische Medaillen für Skifahrer in der Halfpipe vergeben.

Snowboarder katapultieren sich schon seit einer ganzen Weile durch die Eisrinnen, der US-Amerikaner Shaun White hat es auch mit seinen zwei Goldmedaillen aus Turin und Vancouver zum Werbemillionär gebracht. Jetzt werden Olympias Ski-Artisten gesucht. Bewertet werden dann Schwierigkeit und Ausführung aller Aktionen. Es geht darum, eine möglichst flüssige Fahrt hinzulegen und eine große Höhe zu erreichen, wobei es auf zwei Brettern noch höher hinaus geht in der Halfpipe als mit dem Snowboard, außerdem können Skifahrer noch ein paar mehr Tricks kreieren.

Mehr Spektakel bedeutet allerdings auch mehr Gefahren. „Ich habe mir schon mal das Mittelgesicht zertrümmert“, sagt Thomas Hlawitschka, als gehöre so etwas zur Einstellungsvoraussetzung eines Profi-Ski-Freestylers. Das große Karriereziel des 25 Jahre alten Deutschen heißt Sotschi 2014. Unterstützt wird er bei seinen Vorhaben vor allem von Sponsoren, anders könne er seinen Sport kaum auf diesem Niveau betreiben. Zwar müssen im Zuge der Olympiasierung auch Freestyler immer professioneller werden, sich an Ernährungspläne halten und regelmäßig einen Kraftraum besuchen. Dennoch hoffen wie Hlawitschka viele, dass möglichst viel vom Ursprünglichen des Sports übrig bleibt; vom Gefühl Freiheit und der Leidenschaft, die ihn sie irgendwann einmal in die Halfpipe gelockt hat.

Im Moment klappt das für Hlawitschka noch ganz gut. Für Freunde und Familie ist er zurzeit erst nach 17 Uhr zu sprechen, wenn es dunkel wird und er von den Pisten und Skiparks zurückgekehrt ist. Er kriegt selten genug vom Schnee, obwohl er um die Nebenwirkungen weiß. „Die Athleten brauchen einen, der sie betreut“, sagt Hlawitschka. „Jemanden, der ihnen auch sagt, wann es genug ist.“ Am besten, bevor Schlimmeres passiert.

Mit diesem Text endet unsere Serie. Zuvor sind erschienen: Snowboard-Parallelslalom (12. Januar), Skicross (15. Januar), Slopestyle (22. Januar).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false