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Alles verstanden? Boris Becker redet auf Alexander Zverev ein.

© Arne Dedert/dpa

Davis Cup: Geld schlägt Tradition

Der Davis Cup wird in diesem Jahr in einem neuen Modus ausgetragen. Die Reform stößt auf Ablehnung – trotz hoher Siegprämien.

Am Mittwoch wurden die einstigen Helden noch einmal gebührend gewürdigt. Anlässlich des ersten Triumphes einer der deutschen Tennismannschaft im Davis Cup durften sich die Spieler von damals gut 30 Jahre später in Frankfurt am Main über jede Menge Applaus und viele warme Worte freuen. 1988 besiegten Boris Becker, Carl-Uwe Steeb, Eric Jelen und Patrik Kühnen Schweden in Göteborg 4:1 – bis heute ein unvergesslicher Moment in der deutschen Tennisgeschichte.

Inzwischen hat der Davis Cup viel von seinem einstigen Glanz eingebüßt. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern ist ein weltweiter Trend. Eine Reform des Wettbewerbs war daher überfällig, doch was in diesem Jahr passiert, geht vielen in der Tennisszene dann doch zu weit. Alles fängt an diesem Wochenende noch ganz harmlos an mit einem Qualifikationsspiel in nur leicht veränderter Form. Die deutsche Mannschaft um Alexander Zverev und Philipp Kohlschreiber trifft am Freitag und Samstag in Frankfurt auf Ungarn. Alles andere als ein Sieg der Auswahl von Teamchef Michael Kohlmann wäre eine Sensation. Dafür sind wie bisher drei Siege in den insgesamt vier Einzeln und einem Doppel nötig. Gespielt wird allerdings nur noch über zwei Gewinnsätze, am Samstag folgen auf das Doppel direkt die beiden restlichen Einzel.

Was nach der ersten Runde kommt, ist für viele allerdings noch schleierhaft. Fakt ist: Mit einem Sieg qualifizieren sich die Deutschen für die Finalwoche mit 18 Teams im November in Madrid. Eine Investmentfirma um den spanischen Fußballer Gerard Piqué will in den kommenden 25 Jahren garantierte drei Milliarden Euro in den Wettbewerb stecken. Weitere Heim- und Auswärtsspiele wie in der Vergangenheit gibt es für die einzelnen Nationen nach dem kommenden Wochenende demzufolge nicht mehr. Sehr zum Unmut auch des Deutschen Tennis-Bundes (DTB), der am Davis Cup in seiner traditionellen Form gern festgehalten hätte. „Man muss jeder neuen Sache auch eine Chance geben“, gibt sich Boris Becker zwar diplomatisch. Allerdings sagt der Chef des deutschen Männertennis auch: „Entscheidend ist, wie nehmen das die Spieler an.“

Terminprobleme: Alexander Zverev hat bereits angekündigt, an der Endrunde nicht teilnehmen zu wollen

Hier droht dem neuen Davis Cup allerdings ein Fiasko. So hat ein Alexander Zverev bereits angekündigt, an der Endrunde nicht teilnehmen zu wollen, weil die unmittelbar nach den ATP-Finals stattfindet und die Spitzenspieler dann irgendwann auch einmal Urlaub brauchen. So wie er denken viele andere Stars. Der neue Davis Cup könnte trotz des hohen Preisgeldes damit zum Flop werden. „Das Format ist eine absurde Idee. So wird einer der schönsten Wettbewerbe kaputt gemacht“, meint Günter Bresnik, der lange Jahre Teamchef der österreichischen Davis-Cup-Mannschaft war und jetzt Dominic Thiem trainiert.

Und es geht noch drastischer: Der frühere deutsche Teamchef Niki Pilic sprach von einem „Skandal“ und bezeichnete das künftige Format als eine „Reform von Tennis-Analphabeten“. Der Australier Lleyton Hewitt findet den Modus einfach nur lächerlich und erklärte: „Ich bin damit überhaupt nicht einverstanden.“

Alle Proteste blieben allerdings ungehört. Letztlich locken die versprochenen Milliarden, dass dabei die Tradition auf der Strecke bleibt, ist nur ein Nebenaspekt. „Das Geld darf den Sport einfach nicht in dem Ausmaß kontrollieren“, sagt Günter Bresnik. Allerdings ist das bereits der Fall. Dass der Tennisweltverband ITF und die Spielergewerkschaft ATP dabei auch noch unterschiedliche Interessen vertreten, macht alles nur noch schlimmer. Ausgetragen werde das „auf dem Rücken der Spieler“, warnt Boris Becker. Dass der Davis Cup sie noch einmal zu Helden macht, ist in naher Zukunft daher eher unwahrscheinlich.

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