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Britta Wend bezieht von der gesetzlichen Unfallversicherung eine Rente, die es ihr ermöglicht, ihr alltägliches Leben zu finanzieren und sich damit auch auf den Leistungssport zu konzentrieren.

© Stefan Brendahl

SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER DGUV: Interview mit Britta Wend: „Das Gefühl, ich will mehr, ich will angreifen“

Rollstuhl-Tennisspielerin Britta Wend trainiert für die Paralympics in Paris 2024. Im Interview spricht sie über ihre Ziele und die notwendige Unterstützung, die sie als Spitzensportlerin braucht.

Dieser Text ist eine Sonderveröffentlichung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, der im Rahmen der diesjährigen Paralympics Zeitung erscheint.

 

Liebe Frau Wend, Sie trainieren gerade für die Teilnahme bei den Sommer-Paralympics 2024 in Paris. Ihre Disziplin ist das Rollstuhltennis, haben Sie trotzdem auch die Winter-Paralympics in Peking verfolgt?

Wegen der Zeitverschiebung kann ich das nur begrenzt verfolgen, aber in den Sozialen Medien gibt es gute Angebote der Berichterstattung – da bleibe ich immer up to date. Ich war nie Wintersportlerin, aber habe mich schon immer für viele Sportarten interessiert. Daher verfolge ich die Winterspiele auf jeden Fall.

Die Paralympics in Peking waren für die Sportlerinnen und Sportler mit vielen Unwägbarkeiten behaftet – der Krieg in der Ukraine, die Pandemie, die politische Lage in China. Wie haben Sie das als Sportlerin wahrgenommen?

Was ich von den Sportlern und Sportlerinnen vor Ort mitbekomme ist, dass die politischen Ereignisse stark ablenken von dem wofür sie eigentlich da sind: ihren Sport. Es geht immer wieder um die Frage, ob solche Events in Ländern ausgetragen werden sollten, die sich nicht an die Menschenrechte halten und die offensichtlich auch klimatisch nicht wirklich gut für Wintersport geeignet sind. Der Krieg in der Ukraine ist besonders für die ukrainischen Sportler und Sportlerinnen belastend. Dazu kommt die Diskussion über die Disqualifikation der russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten. Es tut mir für sie persönlich leid, aber ich finde es gut, dass damit im Sport ein klares Zeichen gesetzt worden ist. Ich bin sehr beeindruckt, welche großartigen Leistungen trotz aller Umstände vor Ort und in der Welt bei den Paralympics abgerufen werden.

Sie trainieren für Paris 2024. Wie läuft das Training? Wie stark hat sich die Pandemie bemerkbar gemacht?

Im Moment sind wir am Ende der Saisonvorbereitung, das heißt die Saison wird in den nächsten Monaten richtig Fahrt aufnehmen. Wir können wieder regulär trainieren, in Tennishallen, in Fitnessstudios. Ich bin in der Regel vier Mal in der Woche auf dem Tennisplatz, für jeweils knapp zwei Stunden. Dazu kommt vier Mal pro Woche Training im Fitnessstudio. Das war im ersten Jahr der Pandemie alles nicht möglich. Da war viel Kreativität gefragt, um überhaupt eine Art von Training durchzuführen. Das war genau die Zeit, wo ich mit meiner Karriere im Rollstuhltennis angefangen habe. Genau genommen war es damals noch keine Karriere, sondern mein Anfang im Leistungssport. Wo es mich hinführen würde, wusste ich damals noch nicht.

Wie sieht Ihr Team für Paris aus?

Im Tennis sind wir Individualsportler und -sportlerinnen. Wir qualifizieren uns über unseren Platz in der Weltrangliste. In dem Sinne sind wir kein Team, außer zum Beispiel im World Team Cup, wo ich mit meiner Partnerin Katharina Krüger antrete. Aber ich habe natürlich ein Team um mich herum. Dazu gehören mein Freund, meine Familie und Freunde, die mich voll und ganz unterstützen in meinem Lebensentwurf mit dem Leistungssport und den vielen Reisen. Dazu gehören auch meine beiden Trainer, die gleichzeitig die Bundestrainer sind; mein Trainingspartner in Köln, mit dem ich regelmäßig trainiere; ein Physiotherapeut, ein Sportpsychologe, eine Ernährungsberaterin – ein ziemlich großes Team, damit ich meinen Sport professionell machen kann. Sie gehen meinen Weg mit mir.

Sie hatten im Januar 2019 während des Sportstudiums einen Unfall und sind seither inkomplett querschnittgelähmt. Das ist noch nicht lange her, gerade 3 Jahre. Wie sind Sie so schnell wieder zum Sport – und dann noch zum Leistungssport gekommen?

Aus dem Sport war ich nie raus, daher gibt es nicht den einen Auslöser, der mich dahingeführt hat. Ich habe immer Sport gemacht, das war eine Konstante in meinem Leben, die sich durch den Unfall nicht geändert hat. Der Wechsel in den Leistungssport kam ungefähr 1,5 Jahre nach dem Unfall. Ich habe Rollstuhltennis ausprobiert und habe gemerkt, dass es mir Spaß macht. Ich habe an der Sporthochschule Köln studiert und hatte dadurch Kontakt zu den Bundestrainern vom Rollstuhltennis. Ich hatte dann schnell das Gefühl: ich will mehr, ich will „angreifen“.

Da der Unfall sich im Studium ereignet hat, war die gesetzliche Unfallversicherung zuständig für Behandlung und Reha. Welche Erfahrung haben sie mit der Versorgung gemacht?

Besonders in der Phase der Reha war es ein gutes Gefühl zu wissen, dass ich immer die bestmögliche Therapie bekommen kann. Ohne, dass ich dafür kämpfen musste, ohne Zeit und Energie in Anträge investieren zu müssen. Ich wusste: wenn es Therapien gibt, die mir helfen können, dann gibt es Möglichkeiten, diese zu bekommen. Das war eine große Erleichterung. Die Unterstützung war immer sehr individuell auf mich und meine Lebensumstände angepasst. Ich konnte mich immer darauf konzentrieren meine Rehabilitation so gut wie möglich voranzubringen. Die Rente, die ich jetzt von der gesetzlichen Unfallversicherung beziehe, ermöglicht mir, mein alltägliches Leben zu finanzieren und damit auch, mich auf den Leistungssport zu konzentrieren. Und mein Reha-Berater unterstützt mich weiterhin, zum Beispiel, wenn ich eine Wohnung suche.

Alle Leistungssportlerinnen und -sportler brauchen Unterstützung – finanziell, medizinisch, mental. Was ist für Sie als Sportlerin, die eine Teilnahme an den Paralympics anstrebt, besonders wichtig?

Ich habe Glück, dass die gesetzliche Unfallversicherung mir einen Sportrollstuhl finanziert. Sonst könnte ich den Sport nicht machen. Die Teilnahme an Turnieren und die Reisen dorthin sind für mich der größte Kostenfaktor. Das geht nur mit Sponsoren. Ich bin immer auf der Suche nach Menschen oder Unternehmen, die mich und meinem Weg unterstützen wollen.

Die Paralympics 2028 in Los Angeles haben Sie auch schon im Blick?

Ja, klar. Meine Karriere ist noch jung, ich habe erst letztes Jahr meine erstes Turnierjahr absolviert. Daher ist 2024 ein sehr großes Ziel für mich. Es ist zu schaffen, aber für die kurze Zeit wirklich sehr ambitioniert, das ist mir klar. Aber ich denke perspektivisch weiter. Ich bin 25 und damit jung genug, um noch länger Leistungssport zu betreiben.

Danke und weiter viel Glück für Ihre Vorbereitung für Paris 2024.

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