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Andreas Wolff zeigte beim WM-Auftakt viele der unnachahmlichen Paraden.

© d / dpa/Jan Woitas

Rückhalt der deutschen Handballer: Torwart Andreas Wolff wird seinen Ansprüchen jetzt gerecht

Beim WM-Auftakt gegen Katar hielt der Schlussmann herausragend. Inzwischen definiert er sich aber nicht nur über die sportlichen Leistungen.

Es war ein kurzer Schreckmoment. Erst hielt Andreas Wolff in der Schlussminute in seiner unnachahmlichen Art einen freien Wurf vom Kreis, indem er aus dem Stand heraus seinen rechten Fuß nahezu artistisch bis über den Kopf emporschnellen ließ, dann aber zeigte er an, Schmerzen zu haben, ließ sich auf der Bank behandeln.

„Seine Wade hat zugemacht”, erklärte anschließend Trainer Alfred Gislason, ohne sich aber große Sorgen um den Einsatz des Torhüters beim wichtigen Spiel der deutschen Handballer bei Weltmeisterschaft am Sonntag gegen Serbien (18 Uhr/ARD) zu machen. Nur kurze Zeit später gab es zudem die Entwarnung vom Teamarzt, der nach dem 31:27-Sieg gegen Katar am Freitagabend via Ultraschalluntersuchung nur eine leichte Zerrung feststellte, die mithilfe der Physiotherapeuten schnell behandelt werden könne.

Gute Kunde für Wolff, eine noch bessere für die gesamte Mannschaft. Denn was der 31-Jährige bei der Auftaktpartie in Katowice zwischen den Pfosten zeigte, war phänomenal und allein schon deshalb unter dem Prädikat „besonders wertvoll” einzuordnen, weil die deutschen Handballer zwischenzeitig ins Stocken gerieten und Wolff in diesen Phasen wichtigen Rückhalt bot.

Andreas Wolff hatte „ein gutes Gefühl“

„Wir müssen uns momentan auf unsere Torhüter verlassen können und das können wir auch”, sagte Kapitän Johannes Golla am Samstagmittag und bestätigte, dass sein Zimmerpartner nach einer entspannten Nacht „ein gutes Gefühl” habe. „Das ist natürlich eine gute Nachricht. Wir brauchen ihn in dieser Form.“

„Seine Monsterparade in der Schlussphase hat der ganzen Mannschaft noch einmal Auftrieb gegeben und so etwas reißt auch die Zuschauer mit”, erklärte Golla und unterstrich die Wichtigkeit des seit 2019 in Kielce unter Vertrag stehenden Schlussmannes, der sich momentan in bestechender Form präsentiert.

Seine Monsterparade in der Schlussphase hat der ganzen Mannschaft noch einmal Auftrieb gegeben und so etwas reißt auch die Zuschauer mit.

Kapitän Johannes Golla über seinen Torwart

Und das interessanterweise genau da, wo 2016 sein Stern erst so richtig aufgegangen ist. Damals, als er mit der DHB-Auswahl die Europameisterschaft gewann und im Finale jeden zweiten Ball der Spanien abfing. Als er die Gegner reihenweise zur Verzweiflung brachte und schnell als neue deutsche Torhüterlegende gehandelt wurde.

Doch konnte der gebürtige Rheinländer, der kurze Zeit später zum Rekordmeister nach Kiel wechselte, diesen Ansprüchen nicht so gerecht werden, wie er es sich selbst wohl am meisten gewünscht hatte. Wolff machte zwar viel von sich reden, allerdings weniger durch sportliche Leistungen, sondern durch provozierende Aussagen, in denen er gelegentlich sogar die eigenen Teamkollegen kritisierte.

Torhüter sind eine besondere Spezies im Sport

Nun sind Torhüter ohnehin eine besondere Spezies im Sport, die gerne durch Extrovertiertheit und Impulsivität auffällt. Doch das, was zu Beginn seiner Karriere der rechte Antrieb zu sein schien, steigerte sich so sehr ins Extreme, dass es zum Hemmstoff wurde.

Wolff nahm gefühlt jedes Gegentor persönlich, ärgerte sich über jeden noch so kleinen Fehler und schien seinen eigenen, ehrgeizigen Erwartungen kaum gerecht werden zu können. Resultat waren inkonstante Leistungen und ein Andreas Wolff, der gar nicht mehr sprach. Zumindest nicht mit der Presse.

Das aber hat sich nun geändert. „Ich habe viel das Gespräch mit den Mannschaftskameraden, mit dem Trainerteam und einer Sportpsychologin gesucht und dann für mich selbst erkannt, dass blinder Ehrgeiz nicht zielführend ist”, sagt Wolff heute.

„Es nichts bringt, wenn man sich so viel Druck macht, dass man gefühlt die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern trägt. Da bin ich jetzt etwas lockerer”, führt der Schlussmann weiter aus, der erkannt habe, dass es um Spaß geht, dass er nicht allein für den Erfolg verantwortlich ist, dass die Mannschaft zählt. Und genau diese Einstellung scheint Andreas Wolff gerade erneut zu beflügeln – und zu einer außergewöhnlichen Einzelleistung anzutreiben.

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