zum Hauptinhalt
Eine Demonstrantin fordert bei einer DGB-Kundgebung die 4-Tage-Woche.

© dpa/Michael Reichel

4-Tage-Woche: Wünsch-Dir-was oder Modell der Zukunft?

Weniger anstrengen, aber gleich viel verdienen? Klingt zu schön, um wahr zu sein! Für wie realistisch unsere Wirtschaftsexperten eine Verkürzung der Regelarbeitszeit halten.

Von

Immer mehr Menschen wünschen sich eine 4-Tage-Woche. Gleichzeitig fordert der Fachkräftemangel immer mehr Arbeit von immer weniger Menschen. Wie geht das zusammen?

In unserem Format „3 auf 1“ analysieren immer drei Experten aus verschiedenen Richtungen die Lage. Diesmal: Wird das Risiko beherrschbar? (Alle Folgen „3 auf 1“ können Sie hier nachlesen)


Immer mehr Aufgaben sind verzichtbar

In Zeiten hoher Inflation können sich die allermeisten Beschäftigten eine Minderung der Arbeitszeit nur mit vollem Lohnausgleich leisten – wenn überhaupt. Soll bei gleichem Lohn weniger gearbeitet werden, muss die Arbeitszeitverkürzung durch eine höhere Produktivität verdient werden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Da ist einiges möglich – zwar eher nicht in der Fabrik, an der Ladenkasse oder auf dem Bau, aber gewiss bei vielen Bürojobs. Solche Tätigkeiten haben an Bedeutung gewonnen – was auch daran liegt, dass Bürokratien dazu neigen, sich stetig auszudehnen.

Daher gibt es immer mehr Aufgaben, die eigentlich verzichtbar sind. Dazu gehören die oft schon zum Ritual gewordenen Teambesprechungen oder all die Nachweise oder Daten, mit denen intern die Verwaltungen gefüttert werden wollen. Und es gibt ganze Heere von Arbeitsgruppen und Beauftragte für irgendwas.

Wenn nun manche Unternehmen diesen Dschungel lichten und so den Beschäftigten mehr Freizeit verschaffen wollen, sollen sie es nur tun. Sie können Vorbild werden.


Wohlstand oder Freizeit?

Wer eine 4-Tage-Woche haben möchte, kann dies heute schon jederzeit mit dem Arbeitgeber vereinbaren. Bezahlt wird dann aber auch nur für die vier Tage.

Wer die für eine 5-Tage-Woche ausgerichtete Arbeitszeit bei gleicher Bezahlung auf vier Tage konzentrieren möchte, muss seine Arbeit auch entsprechend zeitlich flexibel ausüben können.

Damit sind alle raus, bei denen eine Präsenz am Arbeitsplatz oder eine Aufgabenerfüllung an fünf Tagen aus organisatorischen Gründen erforderlich ist. Andere könnten zwar theoretisch, geraten aber unter Umständen mit dem Arbeitszeitgesetz in Konflikt. Es müsste also erst einmal geändert werden, um längere Tagesarbeitszeiten zuzulassen.

Bleibt noch die Option Reduzierung der Arbeitszeit um einen Tag bei gleichem Lohn. Das funktioniert allerdings nur, wenn dies durch eine Steigerung der Arbeitsproduktivität um 25 Prozent ausgeglichen wird.

Wer solche Produktivitätsreserven in seinen Arbeitsprozessen schlummern hat, sollte diese lieber in einer 5-Tage-Woche heben. Das würde mehr Wohlstand bedeuten und zugleich den Fachkräftemangel bekämpfen. 


Die 5-Tage-Woche ist veraltet

Vor rund 100 Jahren prognostizierte der britische Ökonom John Maynard Keynes, dass Menschen im 21. Jahrhundert dank des technologischen Fortschritts nur noch 15 Stunden pro Woche arbeiten würden.

Recht behielt er nicht, doch die Briten geben zum Glück nicht auf. Eine neue Cambridge-Studie zeigt: Die 4-Tage-Woche funktioniert. Unternehmen sind produktiver und profitabler. Der CO₂-Ausstoß ist geringer. Und die Menschen seltener krank und weniger gestresst.

In der Realität steigt die Zahl psychischer Erkrankungen kontinuierlich, Menschen werden älter und arbeiten länger. Weil sie es wollen, aber viel häufiger, weil sie es müssen. Die 4-Tage-Woche ist nicht nur Zukunftsmodell. In Branchen wie der Pflege, in denen die Produktivität bereits sehr hoch ist, ist sie Voraussetzung dafür, dass Menschen nicht ausbrennen. In anderen Berufsfeldern steigert sie die Motivation und schafft Raum für Freunde, Hobbys und Ehrenamt.

Weit über 50 Jahre sind seit Einführung der 5-Tage-Woche vergangen. Es ist Zeit für eine neue Norm.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false