zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Arbeitslosenzahl steigt voraussichtlich auf über fünf Millionen

Der milde Winter schafft kaum Entspannung/Bundeswirtschaftsministerium: Rein statistischer Effekt wegen der Arbeitsmarktreform

Berlin – Weil der Winter bislang so mild gewesen ist, wird die saisonale Arbeitslosigkeit im Januar voraussichtlich geringer ausfallen als im Vorjahr. Davon geht zumindest die Bundesagentur für Arbeit (BA) aus. „Saisonal bedingt werden wir in der Januarstatistik wohl weniger Arbeitslose verzeichnen“, sagte ein BASprecher dem Tagesspiegel. Dennoch glauben Arbeitsmarktexperten, dass im Januar die Fünf-MillionenGrenze bei der Arbeitslosenzahl überschritten wird. „Daran wird sich auch nichts ändern, wenn die saisonale Arbeitslosigkeit geringer ausfällt als sonst für diese Zeit üblich“, sagte Herbert Buscher vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) dem Tagesspiegel.

Dass die Statistik der BA für Januar aller Voraussicht nach über fünf Millionen Menschen ohne Arbeit registrieren wird, hat mit der Hartz-IV-Reform zu tun: Denn dann werden erstmals auch die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger erfasst, die seit Jahresanfang das Arbeitslosengeld II erhalten. Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) schätzt, dass allein dadurch im Januar zusätzlich rund 300000 Menschen als arbeitssuchend registriert werden. Das Bundeswirtschaftsministerium betont, dass es sich dabei um einen rein statistischen Effekt handelt. „Das ist zwar richtig, dennoch ist der psychologische Effekt verheerend“, sagte Buscher vom IWH. Eine Arbeitslosenzahl, die bei fünf Millionen liege, werde die Menschen in Deutschland weiter verunsichern.

Rein rechnerisch vermag ein Neuzugang von rund 300000 Arbeitslosen auch der mildeste Winter nicht wett zu machen. Denn in der Baubranche – die neben der Gastronomie am stärksten von Wind und Wetter abhängig ist – steigt die Zahl der Arbeitslosen von durchschnittlich 250000 saisonbedingt maximal um 60000 an, heißt es beim Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB). „Außerdem bedeutet ein milder Winter nicht, dass auf dem Bau auch mehr gearbeitet wird“, sagt Felix Pakleppa vom ZDB. Denn in Deutschland sei es so, dass in den Wintermonaten keine Aufträge vergeben würden. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Heiko Stiepelmann, geht sogar davon aus, dass trotz des milden Januars die Zahl der Arbeitslosen in der Baubranche weiter steigen wird. „Die Baukrise schlägt auf den Arbeitsmarkt durch, und seit Oktober vergangenen Jahres steigt die Arbeitslosenzahl in unserer Branche wieder stetig“, sagte Stiepelmann dem Tagesspiegel. Dieser Trend werde sich auch im Januar fortsetzen.

Selbst die Tatsache, dass durch die Hartz-Reform rund eine halbe Million Menschen – die bisher Arbeitslosenhilfe erhalten haben – keinen Leistungsanspruch mehr haben, weil ihr Haushaltseinkommen zu hoch ist, dürfte sich kaum auf die Arbeitslosenstatistik auswirken. Denn auch diejenigen, die kein Arbeitslosengeld II mehr erhalten, können sich weiterhin als arbeitssuchend bei der BA registrieren lassen. „Viele werden ihre Arbeitslosenmeldung bestehen lassen, allein schon um ihre Rentenansprüche zu sichern“, heißt es bei der BA. Das IAB geht davon aus, dass sich nur ein Viertel der 500000 abmelden wird. dro

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false