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Wirtschaft: Bombardier schließt sechs weitere Werke

Kanadischer Bahntechnik- Konzern will Standorte in Europa reduzieren – aber in Deutschland wächst die Branche

Berlin (fo/hop). Der kanadische Lokomotivenhersteller Bombardier will sechs seiner 37 Werke in Europa schließen. Ob davon auch Standorte in Deutschland betroffen sind, ist nach Aussagen eines Unternehmenssprechers offen. Vorstandschef Paul Tellier hatte in einem Zeitungsinterview gesagt, dass die Eingliederung von Adtranz, dem von DaimlerChrysler im Mai 2001 übernommenen Schienenfahrzeughersteller, schwieriger sei als gedacht. Bis Ende des Jahres will Tellier entscheiden, welche Werke geschlossen werden sollen. Bombardier hatte im Geschäftsjahr 2002/2003 einen Netto-Verlust von 615 Millionen kanadischen Dollar (391 Millionen Euro) ausgewiesen.

Der Konzern hatte neben Adtranz auch die Deutsche Waggonbau mit zahlreichen Produktionsstätten in den neuen Ländern übernommen. Durch den Zusammenschlusss gab es mehrere Standorte, an denen dasselbe Produktionsprogramm lief. Deshalb legten die Kanadier bereits vor anderthalb Jahren ein Umbauprogramm vor. Das Werk Vetschau wurde an ungarische Investoren verkauft, die Standorte Nürnberg und Mannheim aufgegeben und in Hennigsdorf bei Berlin rund 400 Arbeitsplätze gestrichen.

Die Schließung des größten Waggonbauwerks von Bombardier in Halle-Ammendorf, verhinderten massive Proteste der Belegschaft. Die Produktion wird jedoch aufgegeben und Ammendorf zu einem Servicestützpunkt umstrukturiert. Trotz der Konzentration auf weniger Standorte ist Bombardier Transportation in Deutschland zuletzt gewachsen. Seit 2001 nahm die Gesamtbelegschaft der Gruppe von 8900 auf 9400 Mitarbeiter zu.

Und auch das Geschäft der deutschen Bahnindustrie insgesamt läuft in diesem Jahr trotz Konjunkturflaute gut. Die Branche verbuchte in den ersten sechs Monaten 2003 einen Umsatz von 4,4 Milliarden Euro – rund 16 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Dieter Klumpp, Präsident des Verbandes der Bahnindustrie, sagte am Mittwoch bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen in Berlin, ein großer Teil des Zuwachses sei den Lieferungen ins Ausland zu verdanken.

Deutsche Züge sind Exportschlager

Die Ausfuhren stiegen von 1,5 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2002 auf jetzt 1,9 Milliarden Euro. Die Exportquote liegt mittlerweile bei 43 Prozent. Für das Gesamtjahr ist Klumpp ebenfalls optimistisch. Der Umsatz werde voraussichtlich etwa das gleiche Niveau erreichen wie im vergangenen Jahr – da waren es 8,4 Milliarden Euro – oder sogar etwas höher liegen. Denn auch die Auftragsbücher sind prall gefüllt. Wie im Vorjahr lag der Neueingang bei 4,9 Milliarden Euro. Der Geschäftserfolg schlägt sich bei den Beschäftigtenzahlen nieder. Klumpp sagte, in der Bahnindustrie direkt arbeiten mehr als 40 000 Menschen. Seit 1995 wurden in der Industrie 8700 Jobs geschaffen.

Allerdings ist Klumpp etwas skeptisch, was die Entwicklung in den kommenden Jahren angehe. Er kritisierte die Verkehrspolitik des Bundes, hier werde die Straße wieder gegenüber der Schiene bevorzugt. Vor allem wandte er sich gegen die Pläne, die Bundesmittel für Neu- und Ausbau der Schienentrassen in den kommenden Jahren auf weniger als vier Milliarden Euro im Jahr abzusenken. Außerdem äußerte Klumpp den Verdacht, dass die Länder wiederum die milliardenschweren Regionalisierungsmittel, die sie vom Bund für die Förderung des Nahverkehrs erhalten, nicht immer zweckgemäß investieren, sondern damit auch Haushaltslöcher stopfen.

Darüber hinaus erwartet Klumpp vom größten Kunde, der Deutschen Bahn, angesichts der jüngsten Finanzdiskussionen in dem Konzern mittelfristig eher weniger Aufträge: „Ich kann mir vorstellen, dass die Bahn jetzt sparsamer wirtschaften wird als in der Vergangenheit.“

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