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Ein Gerüst steht an der Baustelle eines Neubaus: Die Auftragslage im deutschen Wohnungsbau wird laut Ifo-Institut immer schlechter. (Archivfoto)

© dpa/Sebastian Gollnow

 „Der Ausblick für den Wohnungsbau bleibt finster“: Auftragsstornierungen laut Ifo-Institut auf neuem Höchststand

Das Neugeschäft im Wohnungsbau ist weiterhin schwach. Fast jeder zweite Betrieb leidet mittlerweile unter Auftragsmangel. Der Mieterschutzbund warnt: Bereits jetzt fehlen 700.000 Wohnungen.

Die Auftragslage im deutschen Wohnungsbau wird immer schlechter. Im Oktober berichteten 48,7 Prozent der Unternehmen von Auftragsmangel, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag mitteilte. Das waren 2,1 Prozentpunkte mehr als vor einem Monat.

Der Anteil der Firmen, die unter Stornierungen leiden, stieg auf den neuen Höchstwert von 22,2 Prozent, 0,8 Punkte mehr als im September. Das Geschäftsklima verharrte saisonbereinigt mit minus 54,7 auf dem extrem schlechten Niveau des Septembers.

Es wird immer schlimmer, mehr und mehr Projekte scheitern am gestiegenen Zinsniveau und den teuren Baupreisen“, sagte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Das Neugeschäft im Wohnungsbau ist weiterhin sehr schwach, die Auftragsbestände der Firmen schmelzen ab.“

Fast jeder zweite Betrieb leide mittlerweile unter Auftragsmangel und es würden jeden Monat mehr, betonte der Experte. Zum Vergleich: Vor einem Jahr, im Oktober 2022, lag der Anteil bei lediglich 18,7 Prozent. 

Für einige werde die Situation bedrohlich, jedes zehnte Unternehmen melde bereits Finanzierungsschwierigkeiten.

Und schnelle Besserung ist nicht in Sicht: „Der Ausblick für den Wohnungsbau bleibt finster, die Unternehmen stimmen sich auf harte Zeiten ein“, sagte Wohlrabe. Die Erwartungen der Unternehmen notierten laut Ifo bei „außerordentlich schlechten“ minus 63,9 Punkten.

Mieterschutzbund fordert Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden Euro für den Sozialwohnungsbau

Der Deutsche Mieterbund sieht die Entwicklung mit Sorge. „Der Einbruch beim Wohnungsbau führt dazu, dass sich die Lage auf dem Mietwohnungsmarkt weiter zuspitzt“, sagte Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz der Nachrichtenagentur Reuters.

Bereits jetzt fehlten in Deutschland 700.000 Wohnungen. Zudem sei jeder dritte Mieterhaushalt durch seine Wohnkosten überlastet. Die Zahl der geförderten Wohnungen sinke kontinuierlich, zeitgleich seien die Angebotsmieten deutschlandweit erneut stark gestiegen – allein um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Angebotsmieten von 17 Euro pro Quadratmeter und mehr in den nachgefragten Städten könne sich der Großteil der Mieterinnen und Mieter nicht leisten. „Es ist allerhöchste Zeit mit einer Offensive für gemeinwohlorientiertes Wohnen gegenzusteuern“, sagte Weber-Moritz. „Dazu muss der Bestand an Sozialwohnungen und bezahlbaren Mietwohnungen für Haushalte mit durchschnittlichem Einkommen dringend erhöht werden.“

Der Mieterbund fordert deshalb ein Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden Euro für den Sozialwohnungsbau. Auch müsse die Wohngemeinnützigkeit eingeführt werden, um dauerhaft mietpreisgebundene Wohnungen anbieten zu können.

Gestiegene Zinsen und deutlich höhere Materialkosten belasten den Wohnungsbau

Kräftig gestiegene Zinsen, mit denen die Europäische Zentralbank (EZB) die hohe Inflation bekämpfen will, machen insbesondere dem Wohnungsbau zu schaffen. Dadurch werden viele Projekte für Bauherren unrentabel, zumal sich auch die Materialkosten deutlich erhöht haben.

Das ist nach Einschätzung vieler Experten ein soziales Problem, da bezahlbarer Wohnraum vor allem in den großen Städten auf Jahre hinaus Mangelware bleiben dürfte.

Die kriselnde Baubranche belastet aber auch die deutsche Konjunktur. Das Bruttoinlandsprodukt ist im Sommerquartal leicht geschrumpft und dürfte nach Prognose vieler Ökonomen im laufenden Schlussvierteljahr erneut zurückgehen, womit Europas größte Volkswirtschaft in eine Rezession abrutschen würde. (dpa/Reuters)

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