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Arbeitslosigkeit: Der Frühling fällt aus

Die Zahl der Erwerbslosen steigt erstmals seit 1928 im März. Die Wirtschaftsorganisation OECD erwartet für das kommende Jahr fünf Millionen Menschen ohne Job.

Berlin - Die Aussichten für den deutschen Arbeitsmarkt sind düster. Die Wirtschaftsorganisation OECD erwartet im kommenden Jahr mehr als fünf Millionen Arbeitslose in Deutschland. Zudem ist die Zahl der Erwerbslosen erstmals seit Beginn der Statistik 1928 zu Frühjahrsbeginn wieder gestiegen – um 34 000 auf 3,6 Millionen. Unter Herausrechnung der jahreszeitlichen Einflüsse legte die Arbeitslosenzahl sogar um 69 000 zu.

Üblich ist im März jedoch ein Rückgang der Arbeitslosenzahlen. Normalerweise steigt dann die Beschäftigung in den Außenberufen, etwa beim Bau oder in der Landwirtschaft. Ein Vergleich: In den Aufschwungjahren 2007 und 2008 hatte die Arbeitslosenzahl im März noch um mehr als 100 000 abgenommen. Dies werde in diesem Jahr „überlagert durch die konjunkturelle Entwicklung“, sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, am Dienstag in Nürnberg. In Berlin zeigte sich der gleiche Trend. Die Zahl der Erwerbslosen nahm hier leicht um rund 1200 auf gut 243 300 zu. An dieser Stelle kommt dem Land erneut seine schwache Industrieausrichtung zugute. Brandenburg schnitt noch etwas besser ab: Hier nahm die Zahl der Menschen ohne Job sogar um 182 auf gut 427 400 ab – die übliche Frühjahrsbelebung blieb aber auch hier aus.

Abgefedert wurde der allgemeine Anstieg der Erwerbslosigkeit noch durch die Kurzarbeit, mit der Auftragsflauten in Unternehmen aufgefangen werden sollen. Seit Oktober 2008 haben nach einer Schätzung der BA mehr als 60 000 Betriebe für rund 2,2 Millionen Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt. Allein im März kamen bis zu 740 000 hinzu. Wie viele davon wirklich kurz arbeiteten, können die Statistiker allerdings erst Ende Mai sagen. Ökonomen sehen in der Kurzarbeiter-Welle aber nichts anderes als ein in den Sommer verlagertes Problem. „In diesem Quartal wird sich in immer mehr Firmen zeigen, dass sie sich Kurzarbeit nicht mehr leisten können“, sagte Unicredit-Volkswirt Alexander Koch dem Tagesspiegel. „Spätestens in der zweiten Jahreshälfte dürfte Kurzarbeit dann in Arbeitslosigkeit umgewandelt werden.“

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet vor diesem Hintergrund Schlimmes für den deutschen Arbeitsmarkt: 2010 drohe ein Anstieg der Arbeitslosenquote auf 11,6 Prozent. Umgerechnet auf absolute Zahlen nach Berechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO würde die Arbeitslosigkeit demnach sogar im Jahresdurchschnitt über die Marke von fünf Millionen steigen (derzeit sind es nach dieser Berechnung gut 3,5 Millionen). In diesem Fall würde selbst der Rekord des Jahres 2005 übertroffen: Damals wurden die fünf Millionen zwar in einzelnen Monaten überschritten, im Jahresmittel lag die Arbeitslosenzahl aber unterhalb der Fünf-Millionen-Marke.

Anlässlich des überraschenden Anstiegs der Arbeitslosenzahl brachte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla am Dienstag eine erneute Ausweitung der Kurzarbeit von 18 auf 24 Monate ins Spiel. SPD-Arbeitsminister Olaf Scholz hatte das bereits vor Wochen ins Gespräch gebracht.

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