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Gar nicht so leicht. Bis eine Bewerbung ins Schwarze trifft, braucht es meist viele Versuche. Doch wer auf die passende Stellenausschreibung wartet, kann dabei schnell verschrumpeln. Eigeninitiative ist gefragt. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Wirtschaft: Endlich ein Treffer

Viele machen es noch zu wenig, dabei greifen Firmenchefs gern auf sie zurück: Initiativbewerbungen. Man muss nur bestimmte Regeln einhalten.

Über zwanzig Mal bewirbt sich Sabrina Schmitz auf Stellenanzeigen. Jedes Mal hat die Mediengestalterin ihre Mappe mit Arbeitsproben an den erhofften neuen Arbeitgeber angepasst und lange an ihrem Anschreiben gefeilt. Vergeblich. Neben Absagen springt nur ein unbezahltes Praktikum bei einer der Firmen heraus. „Meine Referenzen und mein Lebenslauf sind sehr gut“, sagt die 29-Jährige. „Trotzdem ist die Jobsuche frustrierend.“

Schmitz will nicht aufgeben und beschließt, selbst die Initiative zu ergreifen. Sie bewirbt sich fortan auf Posten, die von den Firmen noch gar nicht ausgeschrieben sind. Ihre Jobsuche beginnt Schmitz bei Arbeitgebern, die sie von Praktika aus dem Studium oder über Bekannte kennt. Sie meldet sich bei früheren Kollegen und erkundigt sich in ihrer alten Abteilung nach neuen Projekten.

Wer sich initiativ bewirbt, braucht eine Art Profilskizze von den Firmen, die für ihn in Frage kommen. Wie ist das Unternehmen aufgestellt? Gab es Veränderungen? Wie passen meine Qualifikationen zur Firma? Je mehr die Bewerber über ihren Wunscharbeitgeber wissen, desto größer sind die Chancen auf Erfolg. „Sie müssen das Unternehmen sozusagen ausspähen“, sagt Bewerbungscoach Jürgen Hesse. „Wenn ich weiß, dass die Firma besonders großen Bedarf in einem Fachbereich hat oder gerade umstrukturieren will, kann ich meine Bewerbung entsprechend texten.“ Hesse vergleicht die Suche nach dem zukünftigen Job mit dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. „Je besser ich das Schloss verstehe, desto eher kann ich den passenden Schlüssel anbieten“, sagt der Psychologe. Der zukünftige neue Chef muss beim ersten Lesen sofort erkennen, warum sich der Bewerber das Unternehmen ausgewählt hat.

Doch auch wer keinen Spion bei einem der künftigen Arbeitgeber hat, kann sich Spezialwissen aneignen. Wer aufmerksam die Firmenwebseiten oder Pressemitteilungen liest, findet schnell heraus, ob ein neuer Standort geplant ist oder ein bestimmter Bereich ausgebaut wird. Die Branchenverbände geben ebenfalls Auskunft, wie sich Unternehmen entwickeln oder welche Fachleute gesucht werden.

Da die Bewerbung unerwartet in der Personalabteilung eingeht, wollen viele Jobsuchende mit einer besonders kreativen Vorstellungsmappe punkten. Doch sich krampfhaft von anderen abheben zu wollen, davon hält die Berliner Bewerbungstrainerin Christina Panhoff nichts. Sie rät zu einer guten, übersichtlichen Struktur des Lebenslaufs, einheitlicher Schrift und dazu die Dokumente so zu beschriften, dass sie leicht wieder zu finden sind. Standardfloskeln sind tabu, der Lebenslauf ist die Basis. „Der muss immer funktionieren“, sagt Panhoff. Hinzu kommen das Anschreiben und ein bis zwei Zeugnisse.

„Weitere Dokumente kann man nachreichen, wenn die Bewerbung auf Interesse stößt.“ Auch von farbigen Mappen hält sie nichts. „Wenn der Farbdrucker in der Firma schnell leer ist, macht das keinen guten Eindruck“, sagt Panhoff. „Die Bewerbung sollte so aufbereitet sein, dass sie für den anderen keine Arbeit macht.“

Mediengestalterin Sabrina Schmitz möchte am liebsten in einem Familienbetrieb unterkommen und in der Nähe des Kindergartens ihrer Tochter arbeiten. Über einen Bekannten bekommt sie die Adresse einer Druckerei in ihrer Nähe. In den Gelben Seiten entdeckt sie einen weiteren Arbeitgeber, der für sie in Frage kommt. Schmitz zögert nicht lange und ruft bei der ersten Druckerei an. Die 29-Jährige hat Glück: Der Chef hat zwar keine Stelle frei, aber lädt Schmitz ein, ihre Bewerbung vorbei zu bringen.

In vielen Branchen sind Initiativbewerbungen längst Standard. In der Hotellerie und Gastronomie, in Verlagen oder in Kultureinrichtungen bewerben sich viele Jobsuchende auch ohne zu wissen, ob ihre Qualifikationen demnächst gebraucht werden. Die meisten Bewerber melden sich mit einer Online-Bewerbung bei den Unternehmen. Oft werden kurzfristig für Projekte gute Mitarbeiter gesucht. Firmenchefs greifen dann gerne auf einen Pool an Initiativbewerbern zurück. Ähnlich sieht es bei Informatikern oder Ingenieuren aus. „Spezialisten sind im Vorteil“, sagt Bewerbungstrainerin Christina Panhoff. „Manchmal ist man schneller, als die Anzeige geschaltet wird.“ Viele Personalchefs seien zudem erleichtert, wenn ihnen langwierige und teure Ausschreibungen erspart blieben.

Bewerbercoach Jürgen Hesse rät sogar dazu, sich viel häufiger auch ohne Ausschreibung bei Firmen zu bewerben. „Jobsuchende sollten mutig sein und selbst auf dem Arbeitsmarkt aktiv werden.“ Schließlich brauche keiner Angst vor einer Initiativbewerbung zu haben. Ob im Supermarkt, in der U-Bahn oder beim Fernsehschauen: Jeden Tag bewerben sich Produkte bei uns, ob wir wollen oder nicht, stellt der Psychologe fest. Diese Erfahrungen zeigen uns eindrücklich, wie Strategien ankommen. Welche Vermarktung die richtige ist und was die Aufmerksamkeit eines neuen Chefs weckt, weiß der Bewerber oft intuitiv. Im persönlichen Gespräch gilt es dann, den zukünftigen Arbeitgeber vom eigenen Können zu überzeugen. „Eine Initiativbewerbung erobert ja keinen Job“, sagt Hesse. „Sondern einen Job erobert man selbst.“

Karriereportalen wie Monster, Stepstone oder Karrierebibel zufolge bekommt fast jeder zweite Bewerber bei einer Stellenausschreibung keine Reaktion auf seine Unterlagen. Die Firmen machen sich keine Mühe mehr, Absagen zu schreiben. Bei Initiativbewerbungen ist die Zahl der Firmen, die sich gar nicht melden, noch höher. Wer sich also ins Blaue hinein bewirbt, muss Geduld haben. Doch allzu viel Zeit sollte man nicht verstreichen lassen, sagt Bewerbercoach Hesse. „Wenn nach einer Woche oder zehn Tagen keine Antwort kommt, dann hat sich die Bewerbung erledigt.“ Personalchefs erkennen schnell, welcher Kandidat zum Mitarbeiter werden kann und lassen gute Bewerber wissen, dass bei der nächsten Gelegenheit ein Job auf sie wartet.

Nach drei Monaten bekam Sabrina Schmitz eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bei der Druckerei in ihrer Nachbarschaft. Ohne ihren Einsatz würde die Mediengestalterin wohl immer noch auf die passende Stellenanzeige warten.

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