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Wirtschaft: Franzosen wollen den EZB-Chefposten

Das Gerangel um die Nachfolge des Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) Christian Noyer spitzt sich zu. Für den Franzosen läuft die Amtszeit am 31.

Das Gerangel um die Nachfolge des Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) Christian Noyer spitzt sich zu. Für den Franzosen läuft die Amtszeit am 31. Mai aus. In den nächsten Wochen muss ein Nachfolger bestimmt werden. In Frankreich wird darüber diskutiert, ob man auf die Neubesetzung des EZB-Vizepostens verzichtet und wie ursprünglich geplant den amtierenden Notenbankchef Jean-Claude Trichet als Nachfolger des EZB-Chefs Wim Duisenberg vorschlagen soll. Presseberichten zufolge, wollen die Franzosen auf den EZB-Vizeposten verzichten.

Nach dem Vertrag von Maastricht müssen sich die Franzosen klar entscheiden. Denn gleichzeitig den Präsidenten und den Vizepräsidenten zu stellen, wäre mit den Verträge nicht zu vereinbaren. Staatspräsident Jacques Chirac hatte wiederholt zu Protokoll gegeben, dass Frankreich die Zusage habe, einen Franzosen als Nachfolger für Wim Duisenberg in Stellung zu bringen. Bisher aber weiß keiner, wann Duisenberg sich von seinem Amt zurückziehen wird.

Das ist für Paris nicht ohne Risiko. Am 5. Mai wird gewählt. Verzichtet man jetzt auf den Posten des Vizepräsidenten, risikiert das Land, eine Zeit lang nicht im Präsidium der Währungsbehörde vertreten zu sein - jedenfalls solange EZB-Chef Duisenberg nicht zurückgetreten ist. Das will und kann sich Frankreich, nach Deutschland das größte Schwergewicht im Währungsverbund, nicht leisten.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich 1998 aus politischen Gründen darauf verständigt, dass Duisenberg nicht die achtjährige Amtszeit voll ausschöpft. Wann der Niederländer tatsächlich sein Amt niederlegt, ist unbekannt. Nachdem es vorübergehend hieß, Duisenberg ziehe sich nach der Euro-Bargeldeinführung zurück, wird nun darüber spekuliert, dass er doch länger im Amt bleiben wird.

Im Dezember hatte Duisenberg in einem Brief an den EU-Ministerrat darauf gedrängt, in der Frage der Noyer-Nachfolge Klarheit zu schaffen. Jetzt ist es Aufgabe der EU-Finanzminister, einen geeigneten Kandidaten vorzuschlagen. Nach Konsultation des EZB-Rates und des EU-Parlaments wird der dann vom EU-Rat einvernehmlich - für acht Jahre - ernannt.

Nach Informationen des "Handelsblatts" will das französische Finanzminsterium auf eine Besetzung des EZB-Vizepostens verzichten. Offenbar werden die Chancen von Notenbankchef Trichet, der in ein Gerichtsverfahren im Skandal um die Bank Crédit Lyonnais verstrickt ist, als Duisenberg-Nachfolger mittlerweile recht günstig eingeschätzt. Als Nachfolgekandidaten für Noyer sind die Gouverneure der luxemburgischen, österreichischen und belgischen Notenbank, Yves Mersch, Klaus Liebscher und Guy Quaden im Gespräch. Mersch gilt als Favorit. Aus Luxemburger Regierungskreisen verlautete, wenn kein Franzose im Amt des EZB-Vizepräsidenten nachrücke, müsse der Nachfolger Absprachen zufolge zumindest "frankophon" sein. Der 52-jährige Mersch ist Jurist und war an der Erarbeitung der Maastrichter Verträge beteiligt. In Europa hat er einen guten Ruf. Seit Mitte 1998 führt er die neu gegründete Notenbank.

mo

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