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Wirtschaft: „Hertie war nie in der Mottenkiste“

Kaufhaus-Chef Kay Hafner über den neuen Namen von Karstadt-Kompakt, weiße Hemden und Kaufgelüste

Herr Hafner, Ihr früherer Mutterkonzern Karstadt-Quelle sucht einen neuen Namen, RAG ebenfalls. Warum holen Sie zum Neustart der Warenhäuser den Namen „Hertie“ aus der Mottenkiste?

Der Name ist nie richtig in der Mottenkiste gewesen. 80 Prozent der Deutschen kennen den Namen, er ist ja erst seit 1997 vom Markt. Von daher lag es nahe, dass wir nicht etwas ganz Neues aufbauen, sondern auch die Bekanntheit des Namens nutzen, um eine zeitgemäße Neudefinition zu machen.

Vielleicht auch, weil das viel billiger ist, als einen neuen Namen zu suchen?

Es ist zwar ein schöner Nebeneffekt, dass man weniger investieren muss, wenn man einen bekannten Namen hat – in unserem Fall war das ein zweistelliger Millionenbetrag –, aber dafür haben wir uns nicht nur wegen der Kosten entschieden, sondern vor allem wegen der Qualität des Namens.

Vor einem halben Jahr haben Sie in einem Interview gesagt, der neue Name solle „weder verrückt noch englisch“ klingen. Hatten Sie Angst, damit Ihre ältere Kundschaft zu vergraulen?

Nein, wir wollen niemanden ausschließen, auch die Jüngeren nicht. Die sogenannten „Best Ager“ ab 45 gehören genauso zu unserer Zielgruppe.

Könnte es sein, dass Sie vorhaben, eine Art Seniorenkaufhaus zu kreieren?

Nein, weit gefehlt. Wir nennen das Nachbarschaftskaufhaus und wollen uns nicht auf eine Zielgruppe festlegen lassen. Das sieht man auch daran, dass wir viel junge Mode im Angebot haben.

Was ist anders als bei Karstadt oder Kaufhof?

Wir wollen für jede Altersgruppe, für Frauen wie für Männer da sein und ein Anlaufpunkt, der in der Nachbarschaft ein umfangreiches Sortiment bereithält.

Das wollen Karstadt und Kaufhof sicher auch. Kann es sein, dass Sie gar nicht so anders sind?

Wir haben 80 Prozent unseres Sortiments auf Marken umgestellt, die es bei uns vorher nicht gab. „Esprit“ oder „Street One“ wird man zwar auch künftig bei uns finden, aber ergänzt durch neue wie „Depot“ oder „Basefield“. Das ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal.

Viele der 74 Häuser, die Sie von Karstadt-Quelle übernommen haben, sind alt, ungemütlich und lange Zeit nicht renoviert. Haben Sie schon Handwerker losgeschickt, um auch optisch neu zu starten?

Wir haben schon massiv in neue Shops, in die Gestaltung der Verkaufsräume und neue Marken investiert. Außerdem investieren wir stark in den Kundenservice.

Heißt das, dass bald freundliche Verkäufer den Kunden die Tüten einpacken oder Einkäufe sogar nach Hause tragen?

Das nicht, wir werden auch nicht mehr Leute beschäftigen, aber man wird Verkäufer sofort erkennen, weil alle weiße Hemden oder Blusen tragen. Wir wollen Kunden anders ansprechen – und damit Dinge tun, die in der Vergangenheit vielleicht unterentwickelt waren: im Service, im Sortiment und bei der Einkaufsatmosphäre.

Das Ergebnis wird dann irgendwo zwischen KaDeWe und H & M liegen?

Wir positionieren uns in der Mitte zwischen Discounter, Fachgeschäft und SB-Warenhaus.

Dabei hat die Mitte im deutschen Einzelhandel einen schweren Stand. Die Kunden kaufen entweder ganz billig oder ganz teuer ein, aber ungern dazwischen.

In kleineren Städten, in denen wir unsere Geschäfte haben, ist die Mitte natürlich hochwertiger als in Großstädten wie Berlin oder Hamburg. Das ist unsere Chance.

Dem Einzelhandel ist es im vergangenen Jahr wieder nicht gelungen, den Umsatz zu steigern. Gehen Sie davon aus, dass wenigstens in diesem Jahr mehr vom Aufschwung in den Warenhäusern hängen bleibt?

Ich glaube, ja. Die Innenstädte sind viel attraktiver geworden, weil die Städte sich mehr bemühen als in den Vorjahren, gute Bedingungen zu schaffen. Darum kann man schon von einer gewissen Renaissance der Warenhäuser sprechen.

Wird der Wettbewerb auch über längere Öffnungszeiten entschieden?

Ich glaube nicht. Aber sie müssen trotzdem zeitgemäß sein. Darum haben wir unsere Samstagsöffnungszeiten von zwei auf sechs Uhr ausgeweitet oder morgens von neun auf acht Uhr angepasst. In Berlin werden wir uns insgesamt eher an die normalen Öffnungszeiten halten.

Sie haben gerade ein Finanzierungspaket von 55 Millionen Euro mit einem britischen Finanzdienstleister geschnürt. Wo werden Sie das Geld investieren?

Wir haben einen Drei-Jahres-Zeitplan, einige Häuser haben wir schon renoviert, andere werden nach einem festen Fahrplan sukzessive folgen. Aber alle Standorte werden zum 1. März auf die Marke Hertie und unser neues Sortimentskonzept umgestellt.

Wollen Sie mit einem Teil des Geldes auch einkaufen gehen?

Wir wollen die eine oder andere Wachstumschance in Deutschland wahrnehmen, ja. Beim Zeitrahmen sind wir völlig offen.

Es wird immer wieder über den Verkauf von Metros Warenhausgruppe Kaufhof spekuliert. Haben Sie Interesse?

Marktspekulationen wollen wir nicht bewerten. Aber wir schließen auch nichts aus.

Das Gespräch führte Maren Peters.

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