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Bauarbeiter stehen auf der Baustelle eines Mehrfamilienhauses. Die Bundesregierung verfehlt ihre Ziele im Wohnungsbau. Gleichzeitig leben Menschen in Deutschland auf immer mehr Wohnfläche.

© dpa/Julian Stratenschulte

Statistisches Bundesamt: Bundesregierung verfehlt Jahresziel für den Wohnungsbau

295.300 Wohnungen sind 2022 gebaut geworden – 400.000 sollten es sein. Gleichzeitig leben Menschen in Deutschland auf mehr Fläche. Die Anzahl an Wohnungen steigt aber schneller als die Bevölkerungszahl.

Der Bestand an Wohnungen in Deutschland ist im vergangenen Jahr um 0,7 Prozent leicht gewachsen, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag mit. Jedoch verfehlt Deutschland seine Jahresziele für Neubauwohnungen und baut viel weniger Wohnungen im Jahr als im Durchschnitt seit 1950.

Gleichzeitig leben die Menschen in Deutschland trotz aller Debatten um Wohnungsmangel im Schnitt auf immer mehr Wohnfläche. 

Der Wohnungsbestand vergrößerte sich in den vergangenen zehn Jahren um 6,3 Prozent auf rund 2,6 Millionen Wohnungen. Die Bevölkerung wuchs in derselben Zeit nur um 4,8 Prozent (rund 3,8 Millionen) auf 84,4 Millionen. Langfristig könnte es in Deutschland also wieder leichter werden, eine Wohnung zu finden.

Zum Jahresende gab es in Deutschland 43,4 Millionen Wohnungen, davon etwa 41,9 Millionen in Wohngebäuden, knapp 1,5 Millionen in Nichtwohngebäuden, beispielsweise Hausmeisterwohnungen in Bürogebäuden. Das waren 0,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Diese Veränderung ergibt sich demnach aus 295.300 neu gebauten Wohnungen abzüglich 12.500 Wohnungen, die beispielsweise durch den Abriss von Gebäuden oder die Umwidmung von Wohn- zu Gewerbeflächen aus dem Wohnungsbestand fielen.

Regierung wird Bauziel auch weiterhin verfehlen

Dennoch wurde das Jahresziel der Bundesregierung von jährlich 400.000 neuen Einheiten auch 2022 verfehlt. Sie dürfte das nach Einschätzung von Expert:innen auch künftig klar verfehlen. Derzeit lassen gestiegene Zins- und Materialkosten viele Bauherren zögern. Das Ifo-Institut erwartet, dass dieses Jahr nur noch 275.000 Wohnungen fertiggestellt werden.  

Der Zuwachs vergangenes Jahr war mit 27 Prozent weniger als im Schnitt der Jahre 1950 bis 2022, wie die Statistiker weiter mitteilten. Seit Beginn der Baustatistik 1950 wurden im Mittel 405.000 neue Wohnungen jährlich errichtet.

Den höchsten Stand erreichte der Wohnungsbau demnach 1973 mit gut 714.200 fertiggestellten Wohnungen im früheren Bundesgebiet. Nach der Wiedervereinigung war 1995 das Rekordjahr mit rund 602.800, der Tiefpunkt wurde in der globalen Finanzkrise 2009 erreicht (159.000).

Wohnfläche pro Person wird immer größer

Die aktuelle Wohnungsnot in Deutschland ist aber auch auf einen gestiegenen Platzbedarf der Menschen zurückzuführen. In den vergangenen zehn Jahren ist die durchschnittlich verfügbare Wohnfläche stärker gestiegen als die Bevölkerung in Deutschland. Damit stand den Bürgern zum Ende des vergangenen Jahres pro Kopf mehr Wohnraum zur Verfügung als Ende 2012.

Die durchschnittliche Wohnfläche je Wohnung wuchs im Zehnjahresvergleich um etwa einen Quadratmeter auf 92,2 Quadratmeter an. Die Gesamtwohnfläche vergrößerte sich in dem Zehnjahres-Zeitraum um 7,4 Prozent auf rund vier Milliarden Quadratmeter. Jedem der 84,4 Millionen Einwohner:innen stand damit zumindest rechnerisch ein durchschnittlicher Wohnraum von 47,4 Quadratmetern zur Verfügung.

Rechnerisch hatte eine Person Ende 2021 gut 2,3 Wohnräume zur Verfügung. Das entspricht einem Anstieg der Wohnfläche pro Kopf um rund 37 Prozent binnen 30 Jahren: Im Jahr 1991 wohnten die Menschen den Angaben zufolge noch im Schnitt auf 34,9 Quadratmeter Wohnfläche pro Kopf und in 1,8 Wohnräumen. 

„Mit dem gesellschaftlichen Wandel und dem zunehmenden Wohlstand sind über die Jahrzehnte auch die Ansprüche gestiegen, die die Menschen hierzulande etwa an die Größe und Ausstattung ihrer eigenen oder gemieteten vier Wände haben“, sagten die Statistiker:innen.

Ein Drittel wohnen in Einfamilienhäusern

Mehr als die Hälfte (52,5 Prozent) der Wohnungen befand sich Ende 2022 in Mehrfamilienhäusern. Im Durchschnitt bestand damit jedes der deutschlandweit 3,3 Millionen Mehrfamilienhäuser aus 6,7 Wohneinheiten. Die 13 Millionen Einfamilienhäuser machten knapp ein Drittel (31 Prozent) der Wohnungen in Wohngebäuden aus.

15,2 Prozent der Wohnungen in Deutschland befanden sich in den insgesamt 3,2 Millionen Zweifamilienhäusern. 1,3 Prozent waren in Heimen, beispielsweise für Studierende, Geflüchtete und Wohnungslose. 

Die Bundesbehörde weist allerdings darauf hin, dass die Zahlen einen Trend sichtbar machten, jedoch keine Auskunft über die tatsächliche Nutzung des Wohnraums gäben. So zeige die Gesamtwohnfläche beispielsweise nicht das Ausmaß des Leerstands von Wohnungen.

Auch die Wohnfläche je Einwohner:in ist laut Bundesamt lediglich eine theoretische Größe, der die Annahme zugrunde liegt, dass der gesamte verfügbare Wohnraum bewohnt ist und jeder Person dieselbe Wohnfläche zur Verfügung steht. (KNA/dpa/epd)

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