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Wirtschaft: Infineon überrascht mit Gewinnwarnung

Analysten wundern sich , denn die Quartalszahlen sind gar nicht schlecht/Taktisches Manöver vermutet

München – Infineon hat keinen guten Start ins neue Jahr erwischt. Nach dem geplatzten Verkauf seiner Glasfasersparte gab der Halbleiter-Hersteller am Donnerstag überraschend eine Gewinnwarnung heraus. Die Erwartungen von Analysten für das erste Quartal des neuen Geschäftsjahres, das am 1. Oktober 2004 begann, würden verfehlt, teilte das Unternehmen mit. Analysten zeigten sich von der Gewinnwarnung erstaunt. Branchenkenner vermuten, dass taktische Gründe hinter dem Schritt stehen. Für das durchwachsene erste Quartal machte das Unternehmen Dollarschwäche, sinkende Auslastung und den Aufbau von Lagerbeständen verantwortlich. Dies führte nach vorläufigen Zahlen zu einem Umsatzrückgang von 1,99 Milliarden Euro im Vorquartal auf 1,82 Milliarden Euro. Im entsprechenden Vorjahresquartal hatte der Erlös aber nur bei 1,62 Milliarden Euro gelegen. Der operative Gewinn werde bei etwa 211 (Vorjahreszeitraum: 70) Millionen Euro erwartet. Darin seien einmalige Lizenzeinnahmen von etwa 118 Millionen Euro enthalten.

Analysten zeigten sich überrascht, dass Infineon überhaupt eine Gewinnwarnung herausgegeben hat, weil die Zahlen kaum von den Schätzungen der Marktexperten abwichen. „Dieser Schritt ist sehr eigenartig“, sagte Theo Kitz vom Bankhaus Merck Finck dem Tagesspiegel. Der Umsatz habe im Rahmen der Erwartungen gelegen, der operative Gewinn sogar leicht darüber. Daher sei der Aktienkurs am Donnerstag auch trotz Gewinnwarnung gestiegen. Die Infineon-Aktie gewann bis zum Handelsschluss gut 0,9 Prozent auf 7,55 Euro.

Konzernchef Wolfgang Ziebart hatte den Markt im November angesichts des beginnenden Branchenabschwungs auf ein schwaches Auftaktquartal vorbereitet. Aus Branchenkreisen war am Donnerstag zu hören, hinter der überraschenden Gewinnwarnung von Infineon stünden vermutlich taktische Gründe. Infineon habe die Lage möglicherweise dramatisieren wollen, um anstehende Umstrukturierungen und damit verbundenen Stellenabbau gegenüber Betriebsrat und Gewerkschaft besser rechtfertigen zu können. „Indem sich das Unternehmen schlecht rechnet, hat es bessere Argumente für harte Einschnitte“, hieß es.

Dass es solche Einschnitte geben wird, hatte Ziebart schon angekündigt. Zwar erzielte der Konzern im vergangenen Geschäftsjahr erstmal seit drei Jahren wieder einen kleinen Gewinn. Doch der seit September amtierende Ziebart hat angekündigt, die Profitabilität deutlich steigern und ferner dafür sorgen zu wollen, dass der Konzern den nächsten Abschwung der Halbleiterindustrie unbeschadet übersteht. Deshalb will sich Infineon von allen Verlustbringern trennen. In der defizitären Glasfasersparte, die Infineon nach dem gescheiterten Verkauf an das US-Unternehmen Finisar nun selbst restrukturieren will, sollen einige der 1200 Mitarbeiter entlassen werden.

Analyst Kitz kritisierte ein Missverhältnis aus Worten und Taten. Die Ankündigung, sich von Verlustbringern trennen zu wollen und das defizitäre Glasfaser-Geschäft dann selbst zu restrukturieren, passe nicht zusammen. Nach Ansicht von Günther Hollfelder von der Hypo-Vereinsbank muss Infineon vor allem seine Kostenposition bei Speicherchips im Vergleich zu den Wettbewerbern verbessern. Samsung stelle beispielsweise Speicherchips zu deutlich günstigeren Kosten her. Zudem müsse sich Infineon bei Speicherchips breiter aufstellen, um das Geschäftsrisiko zu reduzieren. In der Speichersparte rechnet Infineon für das erste Quartal mit einem Umsatzrückgang von 807 auf 766 Millionen Euro. Auch in den Sparten Drahtgebundene Kommunikation, Automobilelektronik und Sichere Mobile Lösungen ist der Umsatz nach den vorläufigen Angaben zurückgegangen. Endgültige Zahlen zum ersten Quartal will Infineon am 24. Januar veröffentlichen.

Nicole Huss

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