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Wirtschaft: Kirch öffnet Digital-TV für Konkurrenten

MÜNCHEN .Nach jahrelangem Streit hat die Kirch-Gruppe ihre digitale TV-Technik für Konkurrenten und neue Anwendungen geöffnet.

MÜNCHEN .Nach jahrelangem Streit hat die Kirch-Gruppe ihre digitale TV-Technik für Konkurrenten und neue Anwendungen geöffnet.Kirch-Geschäftsführer Dieter Hahn kündigte am Dienstag in München an, daß das Unternehmen die Produktion von digitalen TV-Empfängern (d-Box) nun auch über den niederländischen Konzern Philips freigegeben habe, was zu einem Wettbewerb unter den Hardware-Herstellern führen könne.Bislang hat nur die finnische Nokia d-Boxen gebaut.

Zum anderen biete die Kirch-Tochter Betaresearch ab sofort eine 16 550 DM teure Software an, mit der jeder Anbieter völlig autark eigene Produkte über die d-Box senden könne.Damit habe Kirch entgegen anderslautender Behauptungen belegt, daß die d-Box eine offene Technologie sei, betonte Hahn.Die hartnäckige Kritik, Kirch wolle in Deutschland das Bezahlfernsehen dominieren, wies der Kirch-Geschäftsführer zurück.Die eine Million von der Kirch-Gruppe seinerzeit bei Nokia georderten d-Boxen der ersten Generation seien im übrigen alle verkauft.

Außerdem teilte Hahn mit, daß in der Kirch-Gruppe binnen zehn Wochen eine Entscheidung zum erstmaligen Einstieg von Großinvestoren fallen soll.Die derzeit laufenden Verhandlungen mit diversen Kandidaten seien in einer Endphase und bis spätestens Ende März 1999 abgeschlossen, sagte Hahn.Die neuen Teilhaber würden mit voraussichtlich zehn bis 20 Prozent bei der Kirch Media KGaA einsteigen, in der die profitablen Kernsparten Filmhandel und Filmproduktion gebündelt sind.Als "feste Konstante" zeichne sich bei den Beteiligungsgesprächen eine Partnerschaft mit Italiens Medienzar Silvio Berlusconi ab, sagte Hahn.Zu weiteren Kandidaten lehnte er einen Kommentar ab.Spekuliert wird über einen Einstieg der Industriellen Rupert Murdoch und Al Walid in den Konzern.Darüber hinaus sei binnen ein bis drei Jahren ein Börsengang von Teilen des Kirch-Imperiums "eine Option", wenn auch "kein festes Ziel," betonte Hahn.Dabei könnten weitere 25 bis 30 Prozent der Kirch Media den Besitzer wechseln.Auf alle Fälle werde der derzeitige Alleininhaber Leo Kirch eine Mehrheit von mindestens 51 Prozent behalten.

Über den Wert der verschachtelten Kirch-Gruppe, die Aufschlüsse über die "Einstiegspreise" von Berlusconi, Murdoch und Al Walid geben würde, machte Hahn keine Angaben.Spekulationen über einen Firmenwert von zwölf Mrd.DM bezeichnete er als "Lachnummer".Nach Angaben von Verhandlungspartnern taxiert Kirch sein Firmenvermögen auf über 20 Mrd.DM bei knapp drei Mrd.DM Bankschulden.Über die Ertragslage des Gesamtkonzerns ist wenig bekannt."Wir haben keine finanziellen Probleme," sagte Hahn lediglich.In der Vergangenheit war immer wieder über Liquiditätsprobleme der Mediengruppe berichtet worden.

Während der Filmhandel als hochprofitabel gilt, haben die digitalen TV-Pläne Kirchs bislang schätzungsweise mehr als eine Mrd.DM Anlaufverlust eingebracht.Bei der dafür im wesentlichen verantwortlichen Tochter DF 1, die bislang als konkursgefährdet galt, denkt der Medienkaufmann nun offenbar um.Der digitale Bezahlsender werde entgegen früherer Ankündigungen nicht eingestellt und entwickle vielmehr "ein erstaunliches Leben", sagte Hahn.Bis Ende des Jahres rechnet er mit über einer halben Million (derzeit knapp 300 000) Kunden.Insgesamt sei die Neustrukturierung der Kirch-Gruppe mit dem jüngst vorgestellten Stiftungsmodell beendet, versprach Hahn.

Die Aufteilung des Kirch-Konzerns in die drei Bereiche Filmhandel und Filmproduktion, Bezahlfernsehen und Beteiligungen sei auch Voraussetzung für eine Beteiligung neuer Teilhaber gewesen.Beim Bezahlfernsehsender "Premiere", den Kirch zusammen mit Bertelsmann führt, müsse binnen zwei Jahren noch ein dritter Partner gefunden werden.Dazu zwingen die Kartellbehörden.

THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

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