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Wirtschaft: Oliver Kahn als Kauknochen

Etwa 4,7 Millionen Hundebesitzer geben für ihre Lieblinge fast eine Milliarde Euro im Jahr aus/Luxus gefragt

Von Daniel Rhee-Piening

Rund 4,7 Millionen Hunde lebten im vergangenen Jahr in deutschen Haushalten, allein in Berlin etwa 109000. Und die Deutschen ließen sich ihren „besten Freund“ einiges kosten. Etwa 849 Millionen Euro gaben sie für Hundefutter aus, weitere 117 Millionen Euro für den sonstigen Bedarf des Vierbeiners, hat der Industrieverband Heimtierbedarf errechnet.

Das Angebot für den Hundefreund ist nahezu unbegrenzt. Vom kompletten Hundehaus, bis zur Reisetasche, vom Kauknochen in Form eines Spielers der deutschen Fußball-Nationalmannschaft (Hersteller: Trixie) bis zu speziellen Energy-Drinks findet sich alles, was das Hundeherz begehrt, beziehungsweise das Portemonnaie des Besitzers hergibt. Der verwöhnte Hund schläft längst nicht mehr auf einer alten Decke, es sollte schon ein Sofa, ein Schaumbett oder wenigstens ein Dinkel-Kissen sein.

Im Trend aber liegt auch immer mehr Spielzeug. Die Entwicklung ist ähnlich wie bei Kindern, sagt Sabine Gierock vom „Zoologischen Generalanzeiger“. Wenn Herrchen und Frauchen zu selten spazieren gehen, plagt sie das schlechte Gewissen.

Auch die Ernährung des Hundes wird immer abwechslungsreicher. Von wegen Tag für Tag nur Dosen- oder Trockenfutter. Leckere Snacks für zwischendurch gehören ebenso zum Speiseplan wie Hunde-Eis oder Yoghurt. Klar, dass solche Leckereien dann in einem italienischen Designer-Napf serviert wird.

Leinen und Halsbänder oder Geschirre zählen zur Grundausrüstung. Doch auch bei diesen Artikeln geht der Trend zum Luxus, sagt Axel Klein. Er betreibt zusammen mit seiner Frau die Hunde Hütte in der Lietzenburger Straße 20B in Wilmersdorf, ein Ausstattungsgeschäft in Westerland/Sylt, und einen Onlineshop. Können Halsbänder, die batteriebetrieben leuchten (in der Hunde-Hütte für 39 Euro), noch mit Sicherheitsüberlegungen begründet werden, befriedigen straßbesetzte Halsbänder schon eher die Eitelkeit des Besitzers. Wattierte Wintermäntel oder Neoprenschuhe – die ursprünglich für Schlittenhunde entwickelt wurden, sind natürlich auch im Angebot. Der Regenmantel mit ausknöpfbarem Wärmefutter kostet bei der Hunde Hütte je nach Größe 54 bis 68 Euro. Doch Antje Schreiber vom Zentralverband Zoologischer Fachhandelsbetriebe Deutschlands warnt vor zu viel Fürsorge. Empfehlenswert sei Winterkleidung nur für wirklich empfindliche Tiere und bei extremer Witterung. Im Prinzip sollte der Hund mit seinem Fell auskommen. Schreiber rät dem Hundebesitzern grundsätzlich, sich ausführlich beraten zu lassen.

Noch hält der Fachhandel etwa 50 Prozent des Marktes, und Beratung heißt das Zauberwort, mit dem er den Großen der Branche, dem Futterhaus und dem Fressnapf, Paroli bieten will. Die Branche hat deshalb das Prädikat „Ausgezeichnetes Zoofachgeschäft“ eingeführt. Diese Auszeichnung wird vom ZZF in Zusammenarbeit mit der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) und dem Bundesverband der beamteten Tierärzte verliehen. Die Geschäfte müssen unter anderem Mitarbeiter mit entsprechender Qualifikation beschäftigen und es dürfen keine tierschutzwidrigen Produkte verkauft werden. Schreiber nennt in diesem Zusammenhang Würgehalsbänder und den elektronischen Zaun. Und noch etwas wird vom guten Fachhändler verlangt. Er soll Fachliteratur über artgerechte Tierhaltung anbieten.

Monika Giske von der Berliner Lederwarenbeschlag – Heimtierbedarf, einem Fachgeschäft in der Nassauischen Straße 36 in Wilmersdorf, ist zuversichtlich: „Wir werden uns gegen die Ketten behaupten können.“ Nachgefragt werde nämlich auch immer mehr Diätfutter. Die Hunde leiden unter Neurodermitis. Giske führt dies nicht auf die Verschmutzung der Berliner Luft, sondern eher auf Überzüchtungen zurück.

Auf der Grünen Woche präsent

Doch Giske klagt auch. „Wir spüren die Rezession genauso wie der Einzelhandel, insgesamt“, sagt sie. Die Hundebesitzer sparen, und dies nicht nur bei der Hundesteuer, die in Berlin 130 Euro im Jahr beträgt.

Alle zwei Jahre präsentiert sich die Branche auf der weltgrößten Fachmesse für Heimtierbedarf, der Interzoo in Nürnberg. Und in Berlin sind Leinen und Bälle, Schlafsäcke und Sofas für Hunde im Rahmen der Internationalen Grünen Woche vom 17. bis 26. Januar 2003 zu sehen.

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