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Wirtschaft: Schwerer Start für das Bündnis für Arbeit

IG-Metall-Chef Zwickel will nur über Ausbildung reden / DIHK-Präsident Braun: So wie bisher geht das nicht

Berlin (alf). Die Startbedingungen für ein neues Bündnis für Arbeit verschlechtern sich. Der IG MetallVorsitzende Klaus Zwickel will nur teilnehmen, wenn die Wirtschaft mehr Ausbildungsplätze schafft. Und auch Ludwig Georg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hat Bedenken. „Zehn Leute sitzen mit Rotwein am Kaminfeuer und treffen Vereinbarungen, denen die jeweiligen Organisationen anschließend folgen sollen – das geht nicht“, sagte Braun dem Tagesspiegel.

Zwickel zog am Dienstagabend eine enttäuschende Bilanz des Bündnisses, das auf eine Anregung von ihm selbst aus dem Jahr 1995 zurückgeht. „Es gibt auch Kinder, die missraten“, sagte der Metaller über das Bündnis. Das Treffen von vier Verbandspräsidenten, vier Gewerkschaftsvorsitzenden und einer Hand voll Minister beim Bundeskanzler „wurde nicht zum Reformmotor, wie Schröder gesagt hat“. Das sieht DIHK-Präsident Braun ähnlich. „So wie bisher geht das nicht.“ Ein Fehler seien die Kommuniqués der jeweiligen Bündnisrunden gewesen. „Es hat nicht funktioniert, weil wir uns in den Vereinbarungen auf den kleinsten Nenner verständigt haben“, sagte Braun dem Tagesspiegel. Als Hauptaufgabe eines neuen Bündnisses forderte Braun „Vertrauen zu schaffen“ in die Leistungs- und Reformfähigkeit des Landes. „Auch Arbeitgeber und Gewerkschaften müssen ihren Beitrag dazu leisten.“

Zwickel will sich dagegen auf das Thema Ausbildung beschränken. Die Arbeitgeber sollen sich dazu verpflichten, in diesem Jahr allen Bewerbern einen Ausbildungsplatz anzubieten. Gelingt das nicht, müsse der Gesetzgeber eine Ausbildungsumlage einführen, die jene Betriebe zur Kasse bittet, die nicht ausbilden. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Ausbildungsplätze um 14 Prozent gesunken, „eine Katastrophe“, sagte Zwickel. DIHK-Präsident Braun räumte ein, dass es weniger Lehrstellen gibt, und führte dies vor allem auf die rückläufige Ausbildungsbereitschaft im öffentlichen Dienst, bei Banken und im Handwerk zurück.

Für Zwickel muss die Selbstverpflichtung der Wirtschaft um den Druck des Gesetzgebers ergänzt werden. „Es ist nicht der Sinn des Bündnisses, irgendetwas zu verkünden, und am Ende war nichts“, sagte Zwickel. Wenn aber bis kommenden Oktober ausreichend Ausbildungsplätze bereitgestellt würden, „dann wäre der Damm gebrochen“, meinte er über die weiteren Bündnisperspektiven. Der IG Metall-Chef lehnte ausdrücklich weitere Themen im Bündnis ab, bevor nicht das Ausbildungsproblem gelöst sei. Am Dienstag hatten sich Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und der DGB-Vorsitzende Michael Sommer mit Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) getroffen, um die Bündnisrunde vorzubereiten. Über Ergebnisse des Treffens wurde nichts bekannt.

Zur aktuellen Reformdebatte inklusive den Gedankenspielen über eine Lockerung des Kündigungsschutzes sagte Zwickel, es sei „abenteuerlich“. Wer den Kündigungsschutz umgehen wolle, stelle entweder jemanden befristet oder einen Leiharbeitnehmer ein. Die Gewerkschaften würden sich nicht grundsätzlich gegen „sozial gerechte Reformen“ sperren. Aber „wenn man soziale Reformen machen will, dann muss man ein bestimmtes Klima schaffen“. Das Verhältnis zur Bundesregierung beschrieb Zwickel als „inhaltlich orientiert“. Er befürchte, dass die SPD nach den Wahlen in Hessen und Niedersachsen sich stärker der Union annähern werde. Direkt nach der Bundestagswahl seien die Voraussetzungen für Reformen gut gewesen. Diese Chance sei vertan worden. „Der Zickzackkurs von angekündigten und wieder zurückgenommenen politischen Vorhaben irritiert große Teile der Gesellschaft.“

Trotz hoher Arbeitslosigkeit und schwachem Wachstum sei „Deutschland nach wie vor eine der wirtschaftsstärksten Nationen der Welt“. Die Steuerquote hier zu Lande sei nach OECD-Berechnungen mit 21,7 Prozent „sogar die niedrigste in Europa“. Neben dem Bündnis für Arbeit werde in den kommenden Wochen „die Ankurbelung der lahmenden Binnenkonjunktur, weitere Reformen der Arbeitsmarktpolitik und die Reform der Sozialsysteme stehen“, sagte Zwickel.

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