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Wirtschaft: Wenige Prozente für die Metaller

Die Arbeitgeber wollen einen niedrigeren Abschluss als 2006 – in der Türkei wird viel weniger verdient

Berlin/Istanbul - Die Arbeitgeber in der Metallindustrie mahnen die IG Metall zur Bescheidenheit in der anstehenden Tarifrunde. Da die Branche sowie die Wirtschaft insgesamt an Dynamik verliere, dürfe „der Abschluss nicht so hoch sein wie 2006“, argumentiert Heike Maria Kunstmann, Hauptgeschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Im vergangenen Jahr hatten sich Gesamtmetall und IG Metall auf eine Einkommenserhöhung um drei Prozent sowie eine Einmalzahlung von 310 Euro verständigt. Die Gewerkschaft war damals mit einer Forderung nach fünf Prozent mehr Geld in die Gespräche gegangen. Derzeit diskutiert die IG Metall über ihre Forderung für die Mitte März beginnenden Verhandlungen, dabei kristalliert sich eine Zahl von mindestens 6,5 Prozent heraus, also deutlich mehr als vor einem Jahr. Entsprechend dürfte auch der Abschluss höher ausfallen.

Gegenüber 2006 haben die Arbeitgeber ihre Strategie verändert. Damals unterbreiteten sie erst nach einigen Wochen und mehreren Verhandlungsrunden in den diversen Tarifgebieten ein Angebot. Diesmal möchte Gesamtmetall das gesamte Procedere forcieren und frühzeitig mit einem Angebot auf die gewerkschaftliche Forderung reagieren. Das Ziel ist eine möglichst hohe Einmalzahlung, sozusagen ein „Konjunkturbonus“ für die Beschäftigten, sowie eine möglichst geringe prozentuale Erhöhung, die dauerhaft wirkt und eben auch die Basis für künftige Tariferhöhungen vergrößert. Ein Vorbild könnte der Tarifabschluss in der Stahlindustrie vom letzten Jahr sein. Dort hatte die IG Metall sieben Prozent gefordert. Am Ende gab es für September bis Dezember 500 Euro pro Kopf, dann zum 1. Januar eine prozentuale Einkommenserhöhung um 3,8 Prozent sowie noch eine Einmalzahlung von 750 Euro. Gesamtmetall will diesen Abschluss aber nicht annähernd auf die Metall- und Elektroindustrie mit ihren rund 3,4 Millionen Beschäftigten übertragen. Zum einen,weil es in der Stahlbranche eine Sonderkonjunktur gebe, die den Unternehmen auch ordentliche Preiserhöhungen ermögliche. Zum anderen wegen der unterschiedlichen Lage der Metallfirmen, von denen knapp ein Fünftel noch immer Verluste mache. Dagegen begründete die norddeutsche IG Metall am Mittwoch ihre Lohnforderung von mindestens 6,5 Prozent mit der „nahezu ausnahmslos hervorragenden wirtschaftlichen Lage“ der Unternehmen, die sich auch noch weiter verbessern werde. Gesamtmetall dagegen führt eine durchschnittliche Wachstumsprognose von 1,5 Prozent für dieses Jahr an – das wäre ein Prozentpunkt weniger als 2006 – sowie vor allem ein deutlich schwächeres Wachstum der Metall- und Elektroindustrie. Alles in allem, so Gesamtmetall-Chefin Kunstmann, sei eine „angemessene“ Lohnerhöhung möglich, womit wohl eine Zwei vor dem Komma gemeint ist.

Kunstmann äußerte sich im Rahmen einer Pressereise zum türkischen Metallarbeitgeberverband Mess in Istanbul. Türkische Metallfirmen beschäftigen gut 500 000 Mitarbeiter, viele davon in der Auto- und der Haushaltsgeräteindustrie. So ist die Firma Arcelik, die zur Koc-Gruppe gehört, inzwischen der drittgrößte Haushaltsgerätehersteller Europas. Mit einem durchschnittlichen Monatslohn von umgerechnet 300 Euro und 45 Wochenstunden sind die Arbeitsbedingungen aus Sicht der Unternehmen weitaus günstiger als in Deutschland. Zumal die Arbeitsproduktivität häufig bereits auf deutschem Niveau liegt. Das Arcelik-Werk in der Nähe von Istanbul, in dem jährlich mehr als drei Millionen Waschmaschinen gebaut werden, hat nach Aussage der Firmenleitung eine ähnliche Produktivität wie das Bosch-Siemens-Waschmaschinenwerk in Berlin.

Der türkische Arbeitgeberpräsident Tugrul Kodatgobilik betonte im Gespräch mit deutschen Medienvertretern die robuste Konjunktur in seinem Land. Nach Wachstumsraten von jeweils sieben Prozent in den vergangenen Jahren werden 2007 noch sechs Prozent erwartet. Zu den EU-Beitrittsverhandlungen meinte der Arbeitgeberpräsident, man sei geduldig, aber die Geduld habe Grenzen. Eine sogenannte privilegierte Partnerschaft sei unsinnig. „Entweder man heiratet oder man heiratet nicht“, sagte Kodatgobilik.

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