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Das Hauptgebäude der Technischen Universität Berlin, Blick vom Physik-Neubau.

© Promo / Ulrich Dahl/Technische Universit

„Das unterstützt die Studierenden“: Berliner Unis sollen offenbleiben – trotz enormer Energiekosten

Senat und Unis betonen, dass Präsenz prioritär ist. Wegen der Energiekrise sehen Hochschulen große Belastungen, auch wenn sie mehr Energie sparen können als vorgegeben.

Die Energiekrise dürfte auch auf die Berliner Hochschulen dramatische Auswirkungen haben. Senat und Unis bekräftigen dennoch, am Präsenzbetrieb festhalten zu wollen. Das war der Tenor einer Anhörung im Wissenschaftsausschuss im Abgeordnetenhaus am Montag.

„Wir sind uns mit den Hochschulen einig: Wir wollen den Präsenzbetrieb aufrechterhalten“, sagte Wissenschaftsstaatssekretärin Armaghan Naghipour zu Beginn der Anhörung. „Das unterstützt die Studierenden bei ihrem Leben. Eine Generation, die zu Hause studiert und friert, können wir uns nicht leisten.“ Auch Mensen und Bibliotheken sollten so lange wie möglich offen bleiben.

Eine Generation, die zu Hause studiert und friert, können wir uns nicht leisten.

Armaghan Naghipour, Wissenschaftsstaatssekretärin

Ähnlich eindeutig waren die Aussagen der Hochschulvertreter. Carsten Busch, Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), sagte: „Es kann nicht unsere Aufgabe sein, Schwierigkeiten auf Beschäftigte und Studierende abzuwälzen.“ Andreas Wanke aus dem Präsidialstab der Freien Universität betonte, das Homeoffice sei ohnehin keine Energiesparmaßnahme: „Die Energie wird dann zu Hause verbraucht. Wir können im Gegenteil eher sicher sein, dass diejenigen, die in der Uni sind, zu Hause den Thermostat abdrehen.“

Geraldine Rauch, Präsidentin der Technischen Universität, wies auf den „enormen sozialen Sprengstoff“ hin, sollten Unis wieder schließen. Schon die Ankündigung einer verlängerten Weihnachtszeit und der Plan von Nachtschließungen von Gebäuden habe an ihrer Uni zu großen Debatten geführt. Die Hochschulen sehen sich insgesamt vor enormen Herausforderungen – sowohl was das Ziel angeht, Energie einzusparen, als auch die zusätzlichen finanziellen Belastungen zu stemmen.

Die TU will das Audimax außer Betrieb nehmen

Das Land hat alle öffentliche Einrichtungen, zu denen auch die Hochschulen gehören, verpflichtet, zehn Prozent an Energie zu reduzieren. Die Vorgaben durch die Bundesregierung gehen teilweise noch darüber hinaus. Die Vertreter:innen der Hochschulen zeigten sich prinzipiell zuversichtlich, diese Ziele zu erreichen und sogar mehr zu schaffen. „Wir gehen davon aus, dass das umsetzbar ist“, sagte HTW-Präsident Busch – auch weil die Hochschulen sich seit Jahren mit dem Thema Energiesparen beschäftigten.

Dazu gehören zum Beispiel niedrigere Raumtemperaturen und eine Reduktion der Warmwasserversorgung für bestimmte Bereiche. Die TU will wie berichtet auch ihr Audimax außer Betrieb nehmen, weil es eine kostenintensive Belüftungsanlage habe, sagte TU-Präsidentin Rauch. An allen Hochschulen ziehen Teams durch die Gebäude, um zu überprüfen, wo weitere Potenziale liegen. „Energiesparen ist ein kleinteiliges Geschäft“, sagte Andreas Wanke von der FU.

Die Charité kann technisch gar nicht zentral die Raumtemperaturen steuern, das müssten die Beschäftigten vor Ort selber regeln.

© imago images/Olaf Schuelke / Olaf Schuelke via www.imago-images.de

Klar wurde auch: Die Hochschulen sind darauf angewiesen, dass Mitarbeiter:innen und Studierende Maßnahmen unterstützen und selber umsetzen. Die Charité etwa kann technisch gar nicht zentral die Raumtemperaturen steuern, das müssten die Beschäftigten vor Ort selber regeln, sagte Astrid Lurati, im Charité-Vorstand für Finanzen zuständig.

Lurati wies auf einen Aspekt hin, der alle Hochschulen umtreibt: Viele Maßnahmen kosten Geld, das oft nicht vorhanden ist. „Es mangelt nicht an Ideen, sondern an Investitionsmitteln, das umzusetzen.“ Allein um alle Glühlampen kurzfristig durch sparsame LED-Leuchten zu ersetzen, musste die Charité jetzt eine siebenstellige Summe bezahlen.

Wie alle Einrichtungen, Betriebe und Privatpersonen sehen die Hochschulen enorme Preissteigerungen für Gas, Strom und Fernwärme auf sich zukommen. Andreas Wanke sprach von „surrealen Entwicklungen“ – wobei sich seriös nicht abschätzen lasse, um welche konkreten Summen es sich handeln werde.

Es drohen gigantische Preissteigerungen.

Astrid Lurati, Vorstand Finanzen und Infrastruktur Charité

Immerhin: Die Charité hat die Strom- und Gasversorgung für das Jahr 2023 bereits vor der Krise sichergestellt, so dass es hier nur zu „verhältnismäßig geringen“ Preissteigerungen kommen werde, sagte Astrid Lurati. Für die Fernwärme habe Vattenfall allerdings für 2023 bereits 27 Millionen Euro mehr veranschlagt.

Der Versuch, Energie für 2024 zu beschaffen, schlug aber bislang fehl – die Charité erhielt schlichtweg keine Angebote. „Ab dann drohen gigantische Preissteigerungen.“

Bei anderen Hochschulen könnte das schon deutlich früher der Fall sein. Carsten Busch bezifferte die zusätzlichen Energiekosten für seine HTW bei einem warmen Winter auf zwei Millionen Euro, ansonsten eher vier Millionen Euro. Geraldine Rauch sagte, bisher hätten die Kosten der TU für Strom, Gas und Fernwärme bei 24 Millionen Euro im Jahr gelegen. „Für 2023 rechnen wir mit 90 bis 140 Millionen Euro.“

Busch appellierte an den Senat, die Hochschulen unbedingt in den Energie-Unterstützungsfonds des Landes Berlin aufzunehmen. Auch TU-Präsidentin Rauch sagte, die Unis müssten dringend wissen, ob und mit welchen zusätzlichen finanziellen Mitteln sie rechnen könnten. Eine Haushaltsplanung für das kommende Jahr sei sonst unmöglich.

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