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Simulierte Ansicht des HRSC-Farbmosaiks aus 2500 km Höhe über Valles Marineris, mit lokal kontrastverstärkter Farbe: Zusammengesetzt aus Rot-, Grün- und Blaufilter-Mosaiken, wobei die Farbbandwerte individuell gestreckt wurden.

© ESA/DLR/FU Berlin/G. Michael

Fotos vom roten Planeten: In Berlin entwickelte Kamera zeigt Neues vom Mars

Forschende der FU Berlin haben ein neues Bild vom Mars veröffentlicht. Dank der Berliner Hochleistungskamera zeigt es die Oberfläche des Planeten so genau und farbenreich wie nie.

Mit dem Mars hat die europäische Raumfahrtagentur Esa wenig Glück. Mal gehen Sonden verloren, wie „Beagle-2“ (2003), mal zerschellen sie ungeplant wie der Landedemonstrator „Schiaparelli“ (2016). Oder eine Mission wird ständig verschoben und kommt ewig nicht los wie der Rover „ExoMars“, der erst wegen technischer und nun wegen politischer Probleme – es ist eine Kooperation mit Russland – am Boden bleibt.

Ganz anders bei „Mars Express“. Vor 20 Jahren startete die Sonde, kam im Dezember 2003 beim Roten Planeten an und verrichtet seitdem zuverlässig ihren Dienst. Mehr als 24.000 mal umrundete sie den Himmelskörper, machte mit ihren acht wissenschaftlichen Instrumenten zig Messungen, die bis heute zu mehr als 1800 Fachartikeln führten.

Maßgeblich am Erfolg beteiligt ist die Hochleistungskamera HRSC (High Resolution Stereo Camera), die in Berlin entwickelt worden war. Bis heute werden deren Daten hier analysiert und für weitere Nutzer aufbereitet.

Anlässlich des Jubiläums hat ein Team um den Geowissenschaftler Christoph Gross und den Astrophysiker Greg Michael an der FU Berlin jetzt ein neues Bild veröffentlicht. Es ist zusammengesetzt aus 90 Einzelbildern und zeigt die Marsoberfläche mit bisher unerreichter Farbvielfalt und Detailtreue, wie das Team berichtet.

Sanddünen, vulkanisches Gestein, Einschlagskrater

Wenig überraschend ist viel Rot zu sehen, was auf den hohen Anteil von oxidiertem Eisen im Staub auf der Oberfläche zurückzuführen ist. Hinzu kommen etliche dunkle, bläulich gefärbte Regionen.

Es handelt sich um gräulich-schwarze Sande, die aus vulkanischem Gestein bestehen, so wie auf der Kanareninsel Lanzarote. Die dunklen Körnchen auf dem Mars sind vom Wind teilweise zu imposanten Sanddünen oder großen Dünenfeldern auf dem Boden von Einschlagskratern aufgeschüttet worden, erklären die Fachleute.

Die Geschichte der HRSC begann in den frühen Neunzigerjahren. Damals wurde sie unter Leitung von Gerhard Neukum (1944 bis 2014) am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt für die russische Mission „Mars 96“ entwickelt. Die Mission scheiterte bereits beim Versuch, die Erde zu verlassen.

Auf „Mars Express“ wurde eine verbesserte Variante montiert. Für den Betrieb der Kamera ist bis heute das DLR-Institut für Planetenforschung in Adlershof zuständig, die wissenschaftliche Auswertung liegt vorrangig bei der FU, wo Neukum 2002 die Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung neu aufgebaut hatte.

Möglich, dass es Wasser und primitives Leben gab

„Aus den Daten entwickeln wir unter anderem digitale Geländemodelle“, sagt Gross. Diese nutzten beispielsweise andere Raumfahrtagenturen, um Landestellen für ihre Rover zu finden – wie zuletzt der Nasa-Roboter „Perseverance“, der 2021 im Jezero-Krater abgesetzt wurde.

Weiterhin ließen sich mit den Daten die Größe von Einschlagkratern ermitteln oder die Ausdehnung von Flusstälern. Daraus wiederum können Forscherinnen und Forscher berechnen, welche Kräfte dort wirkten und so die Entwicklungsgeschichte des Planeten besser verstehen.

Welche Entdeckung für Gross persönlich die größte war, lasse sich schwer sagen, meint er. In jedem Fall gehört der Befund des französischen „Omega“-Spektrometers dazu, der Schichtsilikate aufgespürt hatte: Minerale, die auf reiche Wasservorkommen in der Vergangenheit verweisen.

Manche Fachleute meinen, zu jener Zeit habe sich primitives Leben entwickelt und womöglich bis heute in geschützten Nischen überdauert. „Das kann ich mir schon vorstellen“, sagt der Planetologe. „Die Schwierigkeit wird sein, das zweifelsfrei nachzuweisen.“ Dafür müsse man noch einige Jahre oder Jahrzehnte Geduld haben.

Eine umkreisende Sonde wie Mars Express schafft das nicht. Dazu müssen Proben genau analysiert werden, entweder von Menschen vor Ort oder mittels ausgefeilter Forschungsroboter beziehungsweise indem Marsgestein auf die Erde geholt wird. All dies sind bisher nur Wunschträume.

Für die kommenden Forschergenerationen bleibt also noch viel zu tun. Ausgebildet werden sie auch an der FU. Im jüngsten Wintersemester startete dort der Masterstudiengang „Planetary Sciences and Space Exploration“. Da geht es jedoch nicht nur um Mars, sondern auch um Eismonde und Planeten bei anderen Sternen.

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