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Ärzte präparieren im Labor der „Stiftung für Lebensverlängerung“  eine Leiche für die Kryokonservierung.

© picture-alliance/ dpa / DB Alcor Life Extension Foundation

Tagesrückspiegel – Heute vor 56 Jahren: Die Hoffnung auf die Auferstehung durch Einfrieren

Der US-Amerikaner James Bedford ließ sich mithilfe der Kyronik einfrieren – mit ihm noch Hunderte weitere weltweit. Die Hoffnung: Eines fernen Tages wiederbelebt zu werden. Kann der Tag X jemals kommen?

Eine Kolumne von Miray Caliskan

Wir kennen es aus der Star-Wars-Reihe, Avatar oder Interstellar: Kälteschlaf. Menschen, die Jahrzehnte, wenn nicht Jahrtausende, im tiefgefrorenen Zustand überbrücken und irgendwann in ihren Behältern wieder aufgetaut werden. Sie wachen in einer ihnen unbekannten Zukunft wieder auf.

Keinen Tag gealtert und voller Erinnerungen an ihr altes Leben. Was uns in der Science-Fiction-Welt präsentiert wird und unsere Fantasien beflügelt, wurde und wird tatsächlich auch in der Realität längst umgesetzt. Mit welchem Ausgang, ist natürlich eine andere Frage.

Die meisten von uns jetzt Lebenden haben die Chance auf persönliche, physische Unsterblichkeit.

US-amerikanischer Physik-Lehrer Robert Ettinger in seinem Buch „The Prospect of Immortality – Die Aussicht auf Unsterblichkeit” 

Heute vor 56 Jahren, am 12. Januar 1967, wurde der US-Amerikaner James Bedford als erster Mensch kurz nach seinem Tod kryokonserviert. Mit Kryonik ist die umkehrbare Konservierung von biologischem Material, also ganzen Organismen oder einzelnen Organen, durch Einfrieren gemeint.

Als Erfinder gilt der Physik-Hochschullehrer Robert Ettinger, der 1962 sein Buch „The Prospect of Immortality – Die Aussicht auf Unsterblichkeit” veröffentlichte. Sein Manifest beginnt mit dem Satz: „Die meisten von uns jetzt Lebenden haben die Chance auf persönliche, physische Unsterblichkeit.“ 

Als James Bedford, Professor für Psychologie an der Universität von Kalifornien, von seiner Diagnose Nierenkrebs erfährt – damals unheilbar –, erinnert er sich an ein Angebot der Kryonischen Gesellschaft, auf das er einige Jahre zuvor aufmerksam geworden war.

196
Grad im Minusbereich liegt James Bedfords Leichnam

Robert Nelson, Präsident der Gesellschaft, bot bereits 1965 die Möglichkeit an, Leichname kostenfrei zu konservieren. Interessenten fanden sich keine. Bedford meldet sich freiwillig für das Experiment. Die vage Hoffnung: Der medizinische Fortschritt wird es in ferner Zukunft erlauben, kältekonservierte Tote wiederzubeleben und alle Krankheiten zu heilen.

Frostschutzmittel injiziert

Bedfords Krebs schreitet weiter voran, er entwickelt Metastasen in den Lungen. Mit 73 Jahren stirbt er in einem Pflegeheim und wird unverzüglich von Nelson und seinen zwei Ärztekollegen Robert Prehoda und Dante Brunol für die Konservierung vorbereitet.

Sie injizieren Bedford Frostschutzmittel und legen ihn zunächst in eine mit Schaumstoff isolierte Box. Später wird sein Körper auf Trockeneis bei minus 79 Grad Celsius gelegt. Viel später wird er in flüssigen Stickstoff bei Minus 196 Grad Celsius umgelagert.

Ein Container der Alcor Life Extension Foundation, in dem konservierte Leichen aufbewahrt werden.
Ein Container der Alcor Life Extension Foundation, in dem konservierte Leichen aufbewahrt werden.

© picture-alliance/ dpa / DB Alcor Life Extension Foundation

‍Heute hängt der Leichnam von James Bedford kopfüber in einem Edelstahltank der Alcor Life Extension Foundation, der „Stiftung für Lebensverlängerung“ in Scottsdale, Arizona, der Nachfolgeorganisation der Kryonischen Gesellschaft.

Die Forschung ist so nah dran, tiefgefrorene Menschen wieder aufzutauen, wie sie Tote wieder zum Leben erwecken kann.

Andreas Sputtek, Facharzt für Transfusionsmedizin

Neben Bedford warten knapp weitere 300 Menschen weltweit auf den Tag X, darauf, eines Tages wieder aufgetaut zu werden. Tausende weitere stehen auf der Warteliste, um nach ihrem Tod kryokonserviert zu werden. Kosten wird es sie über 150.000 US-Dollar.

Das grundsätzliche Problem des Verfahrens, auch wenn es seit dem ersten Experiment weiterentwickelt wurde: Beim Abkühlen erstarren die Teile eines Organismus unterschiedlich. Für jeden einzelnen Zelltyp müsste eigentlich ein eigenes Frostschutzmittel eingesetzt werden. Die gibt es aber nicht.

Was also beim Auftauen passieren wird, ist, dass das Gewebe, so auch das Hirngewebe, abstirbt. Der Essener Transfusionsmediziner Andreas Sputtek erklärte gegenüber Deutschlandfunk Nova: Die Forschung sei so nah dran, tiefgefrorene Menschen wieder aufzutauen, wie sie Tote wieder zum Leben erwecken kann.

Anmerkung der Redaktion: Ein Leser wies uns auf einen Verständlichkeitsfehler in der Übersetzung des Zitats von Robert Ettinger auf. Wir haben dies korrigiert.

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