zum Hauptinhalt
Mit Kälte kommen Oktopusse besser zurecht als mit zu viel Wärme.

© Erica Durante

Kennen Sie kalte Füße?: Stellen Sie sich vor, es wären acht!

Hohe Intelligenz ist ihnen gemein. Um mit dem Problem gefühlter Kälte umzugehen, haben Mensch und Oktopus jedoch ganz unterschiedliche Wege gefunden.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Sind es nun Arme oder Füße? Im deutschen Sprachgebrauch haben Kraken acht „Arme“, während ihre aus dem Griechischen abgeleitete Bezeichnung „Oktopus“ eindeutig auf „acht Füße“ hinweist. Auch zoologisch werden sie der Klasse der „Kopffüßer“ zugeordnet. Mit den Armen oder Füßen des Wirbeltiers Mensch haben die Extremitäten dieser knochenlosen Weichtiere aber ohnehin wenig gemein.

So können Oktopusse einen Arm nachwachsen lassen, sollten sie einen verlieren. Das Regenerationsvermögen ist beachtlich, zumal die acht Arme der Tiere rund zwei Drittel ihrer Nervenzellen enthalten. Das versetzt sie unter anderem in die Lage, mit ihren Gliedmaßen zu schmecken.

Man stelle sich vor, Menschen könnten das auch. Niemand würde sich in öffentlichen Verkehrsmitteln je festhalten und schon beim Händeschütteln würden Menschen ihr Gegenüber so gut kennenlernen, wie sie es vielleicht nie beabsichtigt hatten.

Ein Problem ist Oktopus und Mensch jedoch unabhängig von mehr als 500 Millionen Jahren getrennter Evolution gemeinsam geblieben: kalte Füße. Während Menschen in Moonboots, Wollsocken und Filzpantoffeln schlüpfen, haben Oktopusse, die auch in antarktischen Gewässern leben, eine elegantere Lösung gefunden.

Anders als Menschen können Weichtiere ihre Körpertemperatur nicht regulieren. Sie können aber ihre Zellmaschinerie anpassen, die anhand im Erbgut gespeicherter Informationen Proteine herstellt – auch das anders als Menschen, oder zumindest in größerem Umfang.

Darauf, dass weibliche Oktopusse häufiger kalte Füße haben als männliche, hat ein Forschungsteam keine Hinweise gefunden.

© Tom Kleindinst

In kaltem Wasser werden in den Zellen der klugen Kopffüßer RNA-Moleküle umgeschrieben, die als Anleitung für die Proteinsynthese dienen, berichteten Forschende im Fachjournal „Cell“. So entstehen Proteine, die das Nervensystem in der kälteren Umgebung schützen.

Kalte Füße – im übertragenen Sinn – könnten Oktopusse eher aufgrund menschlicher Aktivitäten kriegen. Australische Forscher haben eine Anleitung entwickelt, nach der das Alter von Oktopussen bestimmt werden kann. Altersuntersuchungen sollen helfen, die zunehmende Befischung der Kopffüßer nachhaltig zu gestalten.

Dem vom Menschen verursachten Klimawandel sind sie aber weiterhin ausgesetzt und scheinen erwärmtem Wasser weniger entgegenzusetzen zu haben als kälterem. Zwar hat ihre Zahl mit der Erwärmung bislang zugenommen. Der zu erwartende Temperaturstress könnte aber künftig Proteine stören, die für den Sehsinn der Tiere wichtig sind, berichteten Forschende im Fachjournal „Global Change Biology“. Dann würden sogar die hoch beweglichen Weichtiere an Grenzen ihrer Anpassungsfähigkeit stoßen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false