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Konzertsaal der Universität der Künste in der Hardenbergstraße, Charlottenburg.

© imago images/Joko

Meine Universität: Wissenschaft, Kunst und Politik zusammen denken

In einer Reihe von Gastbeiträgen aus den Berliner Hochschulen schreiben Präsident:innen über ihre Pläne und Wünsche für 2023. Heute: Norbert Palz für die Universität der Künste.

Im November 2022 veröffentlichte die EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Bildung und Jugend Mariya Gabriel eine interessante Studie über das Zusammenspiel von Kunst-, Kultur- und wissenschaftlichen Institutionen zum Nutzen der Gesellschaft.

In diesem strategischen Papier mit dem Titel „Die Verankerung von Wissen durch Kunst- und Kultureinrichtungen fördern“ wird ein methodischer Erkenntnis-, Innovations- und Vermittlungsprozess dargelegt: Aus einem überfachlichen Diskurs diverser Akteure wird ein Ökosystem neuer Erkenntnisse und Prozesse imaginiert, aus dem dann Impulse für die großen Fragen unserer Gegenwart entspringen.

Die Künste spielen in diesem System eine treibende Rolle, denn sie helfen, diese wichtigen Fragen anders anzugehen. Das Papier der Kommissarin schließt mit der Aussicht auf substanzielle Förderstränge, die die EU für diese Prozesse ausschreiben möchte. Es ist sicher angeraten, diese Entwicklungen weiter zu beobachten, erscheinen sie doch für den Standort Berlin passend.

Bemerkenswert ist dieses Papier aus zweierlei Gründen, einerseits weil sich hier von offizieller Seite zum ersten Mal ein produktiver Zugang zur Komplexität moderner Wissensprozesse offenbart, der einem engen Begriff von Disziplinarität entgegensteht.

Anderseits macht es leider auch deutlich, wie konventionell in Gegensatz hierzu der Entwurf der aktuellen Forschungsstrategie des Bundes ist: Dieser hat in methodischer und fachlicher Perspektive nämlich wenig Neues anzubieten.

So spielen in der „Zukunftsstrategie Forschung und Innovation“ des Bundes die Künste, die Geistes- und Kulturwissenschaften und die Erziehungswissenschaften keine Rolle – von einer abschlägigen Bedeutungszuweisung im Gesamttableau der Disziplinen kann hier also implizit ausgegangen werden. Es ist ein Denken, dass immer noch der fachlichen Typisierung verhaftet ist und seltsam gestrig erscheint.

In der Bundespolitik auf eine Wende zu warten ist jedoch in Anbetracht der Dringlichkeit der Herausforderungen des Klimawandels, des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Digitalisierung nicht empfehlenswert.

Eigenständiges Handeln auf Landesebene sollte deshalb schon jetzt den Standortvorteil Berlins nutzen und leitende Paradigmen etablieren, die dann im besten Fall bis nach oben in die Bundespolitik diffundieren könnten. Berlin ist der ideale Ort für ein solches kollaboratives Arbeiten, das sich entlang der großen Fragen ordnet und universitäre und außeruniversitären Akteure integriert.

Diese Prozesse schließen unbedingt die Zivilgesellschaft mit ein und bedürfen innovativer Formen der Kommunikation wissenschaftlicher und gestalterischer Prozesse. Die Universität der Künste kann, ob ihres breiten Spektrums an künstlerischen Disziplinen und der sie ebenso begleitenden wie fordernden Wissenschaften auch in diesem Feld im Verbund mit den anderen Universitäten noch Wegweisendes leisten.

Die kollaborative Arbeit an den gesellschaftlichen Herausforderungen sollte auch die politischen Entscheidungsträger*innen unbedingt miteinschließen, können sie doch von der fachlichen Expertise aller Berliner Hochschulen zukünftig noch mehr profitieren.

Politische Entscheidungsfindung strategisch, dialogisch und kollaborativ zu entwickeln wäre ein innovativer Weg, den Blick auf die Berliner Politik neu auszurichten und die Strahlkraft Berlins als Brain City weiter zu erhöhen. Die Politik muss dafür Mut, Vertrauen und Mittel bereitstellen.

Unkonventionelle Wege der Problemlösung zu beschreiten, sei es etwa durch mehr experimentelle Programme zu gegenwärtigen Herausforderungen, braucht Geld, verspricht aber auch Innovation. Die dauerpräsente Berliner Lehramtsproblematik könnte beispielsweise durch solche, zusammen mit den Universitäten entwickelte, praxisbasierte, zeitlich begrenzte und öffentlich geförderte Projekte neu angegangen werden.

Die UdK Berlin ist gerne Partnerin für einen neuen strategischen und inhaltsgetriebenen Dialog und – ich bin mir sicher – die anderen Hochschulen sind es auch.

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