zum Hauptinhalt
Ungelesene Briefe, die während eines Krieges zwischen Großbritannien und Frankreich im 18. Jahrhundert an französische Seeleute geschrieben wurden, sind endlich geöffnet und untersucht worden – nachdem sie mehr als 250 Jahre lang verstaubt waren.

© AFP/RENAUD MORIEUX

Nach 265 Jahren wiederentdeckt: Forscher öffnet erstmals verschollene Liebesbriefe an Seeleute

Ihre Adressaten hatten die mehr als 100 Briefe aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges nie erreicht. Ein Forscher entzifferte sie über mehrere Monate, nun wurden Teile daraus veröffentlicht.

Liebe in Zeiten des Krieges: Erstmals nach 265 Jahren haben Forscher mehr als 100 Briefe an französische Seeleute aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges geöffnet.

Die Schreiben gingen 1757/58 von Ehefrauen, Verlobten, Eltern und Geschwistern an die 181 Besatzungsmitglieder des Kriegsschiffs „Galatée“. In mehreren französischen Häfen verpassten die Sendungen die Crew nur knapp.

Als das Schiff schließlich von den Briten gekapert wurde, schickten die französischen Behörden die Briefe nach England. Dort aber landeten sie in einem Lager – und wurden nun von einem Forscher der Universität Cambridge im Nationalarchiv in Kew entdeckt.

„Es gab drei Stapel Briefe, die mit Bändern zusammengehalten wurden“, sagte der Historiker Renaud Morieux einer Mitteilung vom Dienstag zufolge. „Mir wurde bewusst, dass ich der erste Mensch war, der diese äußerst persönlichen Nachrichten gelesen hat, seit sie verfasst wurden.“ Die eigentlichen Empfänger hätten diese Chance nicht gehabt. „Es war sehr emotional“, sagte Morieux.

Heute haben wir Zoom und Whatsapp. Im 18. Jahrhundert hatten die Menschen nur Briefe, aber über was sie schrieben, klingt sehr vertraut

Renaud Morieux, Historiker

Die Schreiben handelten von persönlichen Angelegenheiten, sagte der Wissenschaftler. „Sie enthüllen, wie sehr wir alle mit großen Herausforderungen im Leben umgehen müssen. Wenn wir von geliebten Menschen getrennt sind durch Ereignisse jenseits unserer Kontrolle wie Pandemien oder Kriege versuchen wir, Kontakt zu halten, uns zu versichern, für Menschen zu sorgen und die Leidenschaft am Leben zu halten“, sagte Morieux. „Heute haben wir Zoom und Whatsapp. Im 18. Jahrhundert hatten die Menschen nur Briefe, aber über was sie schrieben, klingt sehr vertraut.“

Als Beispiele nannte der Historiker einen Brief von Marie Dubosc an ihren Ehemann, Oberleutnant Louis Chambrelan. „Gute Nacht, mein teurer Freund. Es ist Mitternacht. Ich denke, es ist Zeit für mich zu ruhen“, schrieb Dubosc. Das Paar sollte sich nie wiedersehen – die Ehefrau starb kurz darauf.

Morieux benötigte für die Entzifferung der Briefe mehrere Monate. Rechtschreibung und Zeichensetzung gingen demnach wild durcheinander.

Seine Forschungsergebnisse veröffentlichte der Historiker in der Zeitschrift „Annales. Histoire, Sciences Sociales.“ (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false