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Das Mathegebäude der TU Berlin hatte letztes Jahr einen großen Wasserschaden, noch immer sind manche Gebäuteteile nicht benutzbar.

© imago/Schöning

TU Berlin: Es gibt genug Probleme, aber „Wokeism“ ist keins davon

Die Unis werden mitunter zum Schauplatz von ideologischen Lagerkämpfen. Doch das lenkt von den wahren Problemen ab: Es gibt genug konkrete Aufgaben zu erledigen.

Eine Kolumne von Barış Ünal

In Zeiten knapper Kassen, des Fachkräftemangels, maroder Bauten und politischer Unruhe steht auch die TU Berlin vor großen Herausforderungen. Einige Probleme wurden über viele Jahre hinweg geerbt, andere sind wohl aktuell hausgemacht. Einer Schweizer Tageszeitung zufolge soll nun aber die vermeintlich „Woke Wissenschaft“ das größte Übel an der TU Berlin sein.

Die Autorin macht den Willen, sich politisch zu positionieren, dafür verantwortlich, dass es bei anderen Posten wie Reisekostenabrechnungen oder Bauvorhaben weiter hapert. Sie bemängelt, dass Einstellungsvorgänge bei uns durch Personalräte entschieden werden, statt per professoralem Dekret, ob die Person zum Lehrstuhl passt. Für sie ist das: bürokratische Zeitverschwendung.

Für Traditionalisten mag es verstörend sein, dass sich selbst an der Universität langsam der professorale und präsidiale Habitus ändert und heute mit protestierenden Studierenden gesprochen wird, statt sie polizeilich aus Hörsälen zu entfernen. Vielleicht klingt auch deshalb manches Lamento gegen fortschrittliche Strukturen nach einer Gilde, die sich weniger diversifiziert hat als der Rest der Gesellschaft.

Jetzt poltert diese Gruppe aus überwiegend weißen alten Männern wahlweise wegen Gendersternchen, Ausländern oder Nasenpiercings, weil sie den Verlust von Status und Privilegien befürchtet. Übrigens: Auch frühere TU-Hochschulleitungen haben sich bisweilen sehr deutlich und selbstbewusst zu Gleichstellung und Diversität, zur Klimabewegung oder zur Unterstützung von Geflüchteten bekannt.

Für eine Universität – insbesondere mit der Historie der TU Berlin – sollte eher Selbstverständlichkeit und Qualitätsmerkmal sein, wenn sie wach, engagiert und progressiv ist. Tradition per se ist selten als Motor für Innovation und Fortschritt bekannt geworden. Die wirkliche Herausforderung liegt darin, einer Haltung auch entsprechende Maßnahmen folgen zu lassen. Die TU Berlin hat einige Probleme, die sie anpacken muss. „Wokeism“ ist keines davon.

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