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Die Erde gemalt auf ein Gesicht.

© imago/Zdeněk Malý

Zum (überflüssigen) „Tag der Erde“ : Jedem ist bewusst, wie übel wir mit unserem Planeten umgehen

Für einen nachhaltigen Wandel brauchen wir keinen „Earth Day“, sondern differenzierte Debatten und Kompromisse. Damit mehr Menschen ihr Handeln ändern – für ihren Planeten.

Ein Kommentar von Ralf Nestler

Der Kalender ist voll mit „Denk-mal-drüber-nach-Tagen“. Es gibt einen für die Kartoffel, einen für den Baum, für Sprachen, für Poesie, für Männergesundheit und vieles mehr.

Die Idee ist offenkundig: Es wird ein Anlass geschaffen, um Veranstaltungen und Kampagnen zu machen, in der Hoffnung, die Medien greifen das Thema auf und tragen es weiter. In einigen Fällen ist das sicher hilfreich, etwa bei Kinderarbeit oder Erkrankungen, die zu selten Aufmerksamkeit erhalten.

Anders verhält es sich beim „Earth Day“ zur Wertschätzung der natürlichen Umwelt, der alljährlich am 22. April begangen wird. Dass wir mit unserem Planeten übel umgehen und das dringend ändern müssen, ist den meisten bewusst.

Klima-, Umwelt- und Naturschutz sind permanente Themen in Kitas und Schulen, in der Werbung und ebenso in den Medien. Das macht einen eigenen „Tag, um darauf aufmerksam zu machen“, überflüssig, wenn damit nicht gar das Gegenteil erreicht wird, nämlich Übersättigung bei den Adressaten.

Sie kann sogar dazu führen, dass man sich verschließt, weil man sich agitiert fühlt. Umso mehr, weil häufig mit recht einfachen Argumenten aufgewartet wird. Ein Beispiel: den schnellen Ausbau erneuerbarer Energien auf 100 Prozent als ultimative Lösung zu präsentieren.

Es müssen Kompromisse gefunden werden, wissend, dass mancher Fortschritt auf der einen Seite der anderen schadet.

Ralf Nestler, Wissenschaftsjournalist

Dass dafür Natur- und Landschaftsschutz zurückstecken müssen, wird zuweilen vernachlässigt. Oder dass für den Umbau des Energiesystems gewaltige Mengen an mineralischen Rohstoffen für Kabel, Akkus und Anlagen nötig sind, die aus der Erde geholt werden müssen.

Wollen wir zurück in die Höhle? Nein.

Kommunikation für „das Wohl der Erde“ muss ehrlich sein und mutig, diese Spannungen zu benennen. Es müssen Kompromisse gefunden werden, wissend, dass mancher Fortschritt auf der einen Seite der anderen schadet. Die Alternative wäre, zurück in die Höhle zu ziehen, nachdem wir zuvor unsere Population um Größenordnungen dezimiert haben.

Das alles lässt sich nicht unter einem einfachen Kernsatz wie „Schützt die Erde!“ zusammenfassen. Es braucht Raum für Differenzierung und Debatte.

Dies sollten Bildungseinrichtungen ermöglichen, die sich dankenswerterweise viel mit nachhaltigem Leben auf unserem Planeten befassen. Und dies sollten erst recht Medien tun, um als Plattform für Information und Austausch ernst genommen zu werden. Das könnte schließlich dazu führen, dass mehr Menschen ihr Handeln bedenken und bewusst ändern – für ihren Planeten.

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