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Ist TikTok in der Wissenschaftskommunikation eine gute Idee?

© picture alliance/dpa/CTK/Petr Svancara

„Besser wissen“: Steuergeld für TikTok?

Während der Verfassungsschutz vor der Social-Media-Plattform „TikTok“ warnt, ist die Wissenschaft oft (zu) großzügig mit der Wahl ihrer Kommunikationskanäle.

Eine Kolumne von Holger Wormer

Die Bestellung von Milch ist manchmal eine komplizierte Angelegenheit – jedenfalls dann, wenn eine Universität das Getränk samt Kaffee und Kuchen in den Pausen einer (ansonsten womöglich eher trockenen) Konferenz anbieten möchte. Bei der Wahl des Caterers ist vieles zu beachten: Möglichst umwelt- und sozialverträglich produziert soll das Angebot sein – und kostengünstig noch dazu, gerade im Falle von Steuergeldern. Immerhin habe man eine „Vorbildfunktion beim nachhaltigen Konsum gegenüber Verbraucherinnen und Endnutzern“ und könne sogar „außerordentliche Wirkung auf den Markt“ entfalten, wie z.B. beim Bundesumweltministerium zu lesen ist.

Damit das alles so klappt, wurde sogar eine „Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung“ eingerichtet. Vom Catering über Berufsbekleidung bis hin zu Computern findet man dort Ratschläge. Vielleicht aber sollte man das Angebot noch um Fragen zur Auswahl von Kanälen für die Wissenschaftskommunikation ergänzen, etwa: Wann ist eine Plattform eine zu große Datenkrake oder Hass-Schleuder? Und darf man Steuergelder in Angebote auf Plattformen wie TikTok investieren, vor der nun erneut der Verfassungsschutz gewarnt und dessen App-Nutzung das EU-Parlament seinen Mitarbeitenden untersagt hat?

Zweifellos kommt Wissenschaftskommunikation heute oft nicht ohne Social Media aus. In vielen Hochschulen und Instituten macht man sich bisher aber zu wenig Gedanken darüber, wann was der richtige Kanal ist. Schon unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist so manches Angebot fragwürdig – etwa wenn eigens Personal bezahlt wird, das dann Content mit Mikroreichweiten produziert. Motto: „Hauptsache wir sind jetzt auch bei TikTok.“

Statt dort indirekt potenzielle Überwachungssysteme für totalitäre Staaten zu fördern, sollte mehr öffentliches Geld in den Aufbau neutraler Plattformstrukturen investiert werden, wie es Techniksoziologen schon lange fordern. Auch klar gekennzeichnete Kooperationen mit den Mediatheken öffentlich-rechtlicher Sender wären eine mögliche Alternative für viele Angebote der Wissenschaftskommunikation.

Informationskanäle gehören zur kritischen Infra-Struktur. Die Frage, welche man mit Steuermitteln stärkt und welche nicht, verdient daher mehr Aufmerksamkeit als die Frage nach der richtigen Milch für die Konferenz.

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