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Stefan Evers (l-r, CDU), Finanzsenator, Franziska Giffey (SPD), Wirtschaftssenatorin, und Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister, bei der Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses. +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Jörg Carstensen

Berlin braucht alle Rücklagen auf: Nein, ein Kahlschlag ist das wirklich nicht!

CDU und SPD wurden scharf kritisiert beim Aufstellen des Landeshaushaltes. Geblieben ist von der Empörung: fast nichts. Dafür gehen sie Risiken ein – und müssen in Zukunft sparen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Julius Betschka

Einen Kahlschlag im Sozialen würde es unter CDU und SPD geben. Die Bezirke würden leiden müssen und Unterstützung für Obdachlose oder Integrationsmaßnahmen zurückfahren. Kurz: Die Regierung unter Kai Wegner schwenke auf konservativen Sparkurs. So klang die Kritik der vergangenen Wochen und setzte sich in der Stadt fest. Nach der Vorstellung des Haushaltes am Dienstag muss man festhalten: Wenig davon ist überhaupt wahr.

Der Haushalt wächst weiter auf nun rund 40 Milliarden Euro. Finanzsenator Stefan Evers (CDU) braucht dafür die milliardenschweren Rücklagen des Landes auf, nimmt in geringem Maß auch neue Schulden auf. Bei fast allen Senatsverwaltungen wächst der Etat, gerade für Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) sogar deutlich – erstmals werden etwa Rund-um-die-Uhr-Unterkünfte für Obdachlose vom Senat finanziert.

Hohe Risiken für die Zukunft im Haushalt

Auch die Bezirke erhalten fast eine viertel Milliarde mehr als anfangs gedacht, die Zuwendungen im Schulbaubereich werden stark erhöht. Der von den Bezirken so scharf kritisierte erste Entwurf kam, Notiz am Rande, noch vom Vorgängersenat. Das alles mag angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen – Flüchtlingsversorgung, Inflation und Personalkosten drücken auf die Budgets – nicht reichen für entspanntes Wirtschaften, aber von einem Sparhaushalt kann keine Rede sein.

Die Debatte der letzten Wochen ging so reichlich weit an der finanzpolitischen Realität vorbei: Statt an einem Sparetat haben CDU und SPD an einem wohl nur einmalig verfügbaren Rücklagen-Etat geschraubt. Berlins Grüne kritisieren daher zurecht: Der Haushalt sei eine gefährliche Wette auf die Zukunft.

Im Haushalt sind Einsparbedarfe von 1,5 Milliarden versteckt

Denn ausgerechnet der nächste Haushalt könnte ohne Rücklagen und bei erwartbar schwieriger Wirtschaftslage zu einem Sparhaushalt werden. Auch deshalb hat Finanzsenator Evers schon in diesem Haushalt Einsparungen von fast 1,5 Milliarden Euro versteckt. Geld also, was angeblich im Haushalt ist, aber letztlich nicht ausgegeben werden darf.

Es ist verständlich, dass gerade Leistungsempfänger – Vereine, Institutionen, Bezirke – während Haushaltsberatungen auch lautstark auf Probleme aufmerksam machen. Das öffentliche Herbeireden angeblicher Kürzungsorgien stärkt allerdings weder das Vertrauen in Parteien noch in demokratische Institutionen. Zur Ehrlichkeit gehört: Bei schwieriger Wirtschaftslage für alle wurde eher versucht, es allen so recht wie möglich zu machen. Wie lange das finanzpolitisch gutgehen kann, wäre die viel wichtigere Frage.


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