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Die Pflege im Heim wird für Bewohner, Angehörige und Sozialämter immer teurer.

© dpa/Sebastian Gollnow

Debatte um fehlende Plätze: So viele Pflegeheime gibt es in den Berliner Bezirken

Pflegebedürftige zahlen einen immer höheren Eigenanteil für einen Platz im Heim, von denen es zu wenige gibt. Nun gibt es neue Zahlen aus dem Berliner Senat.

In der Debatte um fehlende Plätze in Pflegeheimen gibt es neue Daten. Demnach schlossen in Berlin in den letzten fünf Jahren mehr Heime als neue Häuser eröffneten – derzeit gibt es noch 266 vollstationäre Pflegeeinrichtungen in Berlin.

Allein seit Jahresanfang 2019 haben 28 Heime dicht gemacht, im gleichen Zeitraum aber nur zwölf Häuser den Betrieb aufgenommen. Das geht aus einer Antwort von Gesundheitsstaatssekretärin Ellen Haußdörfer (SPD) auf Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (Grüne) hervor, die dem Tagesspiegel vorab vorliegt.

90 Prozent der Heimplätze sind belegt

Fast 300 Pflegeheimplätze fielen seit 2019 weg. Zu den 266 vollstationären Heimen, in denen viele Bewohner bis zu ihrem Tod dauerhaft leben, gibt es 112 teilstationäre Einrichtungen sowie 17 für die Kurzzeitpflege, also Häuser für einen vorübergehenden Aufenthalt. Außerdem werden in Berlin 16 Hospize betrieben. Die meisten Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, meist von Angehörigen und mithilfe ambulanter Dienste.

In der Antwort der Senatsgesundheitsverwaltung fehlt zwar die Gesamtzahl aller Pflegeheimplätze, älteren Angaben zufolge aber sind es in den vollstationären Häusern der Stadt ungefähr 31.000. Davon waren zuletzt circa 90 Prozent belegt.

Pflegekassen zahlen nur einen Zuschuss

In den meisten Heimen fehlen Pflegekräfte, weshalb zwangsläufig Zimmer unbelegt bleiben müssen – ähnlich wie in den Kliniken. Sind aber weniger als 98 Prozent der Plätze belegt, wird es finanziell für den Betreiber eng, denn für das Haus fallen dennoch volle Unterhaltskosten an.

Der Pflegegrad beschreibt, wie viel Hilfe ein Patient braucht.
Der Pflegegrad beschreibt, wie viel Hilfe ein Patient braucht.

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Wie überall im Gesundheitswesen gibt es drei wesentliche Preistreiber: höhere Löhne für dringend benötigtes Personal, steigende Kosten für Energie sowie – vielerorts sanierungsbedürftige – Gebäude, dazu steigende Preise für Lebensmittel. Zuletzt meldeten vor allem private Träger deshalb Insolvenz an. Wie berichtet, fehlen bundesweit Pflegeheimplätze – während die Nachfrage angesichts des steigenden Durchschnittsalters steigt.

„Unsere Gesellschaft wird älter, der Pflegebedarf nimmt zu, aber in den vergangenen fünf Jahren sind 300 stationäre Pflegeplätze weggefallen, diese Lücke wird durch die pflegenden Angehörigen aufgefangen“, sagte die Abgeordnete Gebel, die auch dem Gesundheitsausschuss vorsitzt. „Der Senat muss eine Pflegestrukturplanung 2050 aufsetzen, die den Bedarf in allen Kiezen erfüllt.“ Dazu brauche es ein breites Angebot von Kurzzeitpflegeplätzen sowie ambulanter und stationärer Versorgung.

2740
Euro im Monat mussten die Bewohner eines Pflegeheims zuletzt im Schnitt selbst zahlen

Anders als für die meisten ärztlichen Behandlungen gibt es aus der gesetzlichen Krankenversicherung für die Pflege nur einen Zuschuss. Wer in einem Heim lebt (oder von einem ambulanten Dienst zu Hause versorgt wird) muss über einen Sockelbetrag hinaus selbst dafür aufkommen.

In Berlin stieg dieser Eigenbeitrag im Schnitt von knapp 2.020 Euro monatlich im Jahr 2019 auf 2740 Euro im Jahr 2023. Weil das viele Senioren nicht zahlen können, müssen die Familien oder die Sozialämter aushelfen.

Die 266 vollstationären Heime verteilen sich ungleich auf die Bezirke, wobei dies durch unterschiedlich viele Plätze in den einzelnen Häusern ausgeglichen werden könnte. In Steglitz-Zehlendorf gibt es 42 Langzeitpflege-Einrichtungen, in Charlottenburg-Wilmersdorf 31, in Pankow 31, in Lichtenberg 23, in Tempelhof-Schöneberg 21, Treptow-Köpenick in 21, Spandau in 19, Reinickendorf in 18, Marzahn-Hellersdorf in 17, Mitte in 16, Neukölln in 14 und in Friedrichshain-Kreuzberg 13.

Circa fünf Millionen Pflegebedürftige gibt es in Deutschland. Klar ist, dass die Zahl diversen Hochrechnungen zufolge deutlich steigen wird. Heute leben bundesweit 800.000 Menschen vollstationär in Pflegeheimen. Fünf von sechs Bedürftigen werden also zu Hause versorgt, davon die meisten von Angehörigen, die mit dem Pflegegeld der Kassen unterstützt werden. Doch auch der Bedarf an ambulanten Diensten nimmt zu.

Mehr Frauen als Männer pflegebedürftig

In Berlin leben zum Jahresbeginn 2022 fast 186.000 Pflegebedürftige, davon knapp 113.600 Frauen und 72.000 Männer. Das liegt auch an der höheren Lebenserwartung von Frauen. Der Senat geht davon aus, dass die Anzahl der Pflegebedürftigen und die Höhe der nötigen Mittel zu deren Versorgung steigen werde. Das geht aus einer Antwort von Staatssekretärin Haußdörfer auf Frage des CDU-Arbeitsmarktexperten Martin Pätzold hervor.

Dass die gesetzlichen Kassen höhere Beitragszahlungen benötigen, davon gehen die meisten Fachleute aus.

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