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2023-03-09, Deutschland, Berlin - Prinz Georg Ferdinand von Preußen

© imago/Jürgen Heinrich

Ende der Hohenzollern-Kampagne gegen Medien und Wissenschaftler : Prinz von Preußen stoppt letztes Verfahren

Hohenzollern-Chef Georg Friedrich hat das Verfahren gegen den Wissenschaftler Torsten Tristan Straub beendet. Es war das letzte in einer einzigartigen Klageflut.

Zumindest diese Hohenzollern-Akte kann geschlossen werden: Georg Friedrich Prinz von Preußen hat einige Monate nach seiner Ankündigung Tagesspiegel-Recherchen zufolge nun die letzten juristischen Verfahren gegen Wissenschaftler und Medien stoppen lassen, auch das gegen den Hochschullehrer Torsten Tristan Straub. Außerdem hat er sich von seinem Medienanwalt Markus Hennig getrennt. Offenbar im Unfrieden. „Die Zusammenarbeit mit dem Anwaltsbüro ist beendet worden“, sagte ein Sprecher des „Hauses Hohenzollern“ am Montag dieser Zeitung.

Eine Entgiftung wird Zeit brauchen.

Manja Schüle (SPD), Brandenburger Kulturministerin

Es sei bedauerlich und „sehr ärgerlich“, dass die Anweisung von Georg Friedrich Prinz von Preußen vom 8. März 2023 teilweise nicht umgesetzt worden sei, „inzwischen ist alles zurückgenommen bzw. beendet worden“. Das sei auch für ein Verfahren veranlasst, das laut Auskunft einer Berliner Justizsprecherin am Montag noch am Berliner Landgericht anhängig war.

Es war ein Nebenschauplatz der Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Nachfahren des letzten deutschen Kaisers und der öffentlichen Hand. 2019 hatten „Spiegel“ und Tagesspiegel aufgedeckt, dass die Hohenzollern Ansprüche auf Tausende Kunstwerke in Schlossmuseen der Hauptstadtregion reklamieren. Als nach den Enthüllungen die Debatte hochkochte, ging der Hohenzollernchef über seinen Anwalt Hennig juristisch mit Abmahn- und Gegendarstellungsverfahren gegen Wissenschaftler, Medien, Politiker und Journalisten vor. Es waren seit 2019 allein rund 100 Verfahren – ein deutschlandweit einmaliger juristischer Feldzug, den der deutsche Historikerverband im „Hohenzollern-Klage-Wiki“ dokumentierte.

Im Frühjahr die Kehrtwende

Dann die Kehrtwende. Im Frühjahr ließ das Hohenzollernoberhaupt seine Klagen gegen das Land Brandenburg fallen. Zuvor hatte er eine Millionen-Entschädigung für von den Sowjets enteignete Schlösser und Villen sowie die Rückgabe deren früheren Inventars samt Kunstwerken durchzusetzen versucht. Das betraf den Teil der Forderungen, bei denen die Eigentumsklärung von den NS-Verstrickungen seiner Vorfahren abhing. Der Umfang der erhobenen Ansprüche ist aber weit größer.

Zum anderen verkündete er am 8. März 2023 die Beendigung aller Verfahren gegen Wissenschaftler und Medien, die er als Fehler bedauerte. Trotzdem waren Monate später am Berliner Kammergericht immer noch Fälle anhängig – samt Verhandlungsterminen. Als das der „Spiegel“ am 9. Juni publik machte, versicherte Georg Friedrich Prinz von Preußen, dass er bereits im März die Anweisung zur Beendigung sämtlicher Verfahren erteilt habe: „Meine Anwälte haben mir erneut bestätigt, dass meine Anweisungen auch umgesetzt wurden.“

Die Erleichterung über das Ende dieses dreijährigen Alptraums wird sicher bald einsetzen, vielleicht sogar Freude.

Torsten Tristan Straub, Berliner Dozent

Doch nun ist tatsächlich Schluss. Das Kammergericht und der Berliner Dozent Torsten Tristan Straub bestätigten am Montag, dass auch in seinem Fall die Rücknahme der beiden Klagen inzwischen erklärt worden sei. Beide Rücknahmeschreiben, von Hennig unterzeichnet, sind auf den 13. Juni 2023 datiert. Beim Kammergericht gibt es keine Verfahren mehr. Straub, gegen den das Hohenzollern-Oberhaupt wegen eines Gastbeitrags im „Tagesspiegel“ vorging, war damit quasi das letzte Opfer.

Erleichterung bei Wissenschaftler

„Die undemokratische Strategie der Maulkorb-Klagen ist gescheitert“, sagte Straub dieser Zeitung. „Der Schutz von Journalisten und Wissenschaftlern vor der Einschüchterung durch solchen Rechtsmissbrauch wurde hier aber im Ergebnis weniger durch die Gerichte, als durch mediale Wachsamkeit und politischen Druck gesichert.“ Derzeit empfinde er „vor allem Erschöpfung“, so Straub. „Die Erleichterung über das Ende dieses dreijährigen Alptraums wird sicher bald einsetzen, vielleicht sogar Freude.“

Das erste Opfer war der Historiker Stephan Malinowski. „Ich freue mich sehr, dass nun auch die letzten Verfahren beendet wurden“, sagte Malinowski. Die Praxis, eine große Zahl von Medienhäusern, Journalisten und Wissenschaftlern juristisch unter Druck zu setzen, sei „in großem Maßstab gescheitert“ und habe sich für den Kläger als Bumerang erwiesen. „Faktisch gleichen die Klagerücknahmen Niederlagen vor Gericht.“  

Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) begrüßte den Ausgang: „Wenn es stimmt, wäre das eine gute Nachricht – damit wäre dann auch eine zentrale Forderung für weitere Gespräche erfüllt“, sagte Schüle dieser Zeitung. Man dürfe aber nicht vergessen, dass die juristischen Auseinandersetzungen „immensen Schaden“ angerichtet haben. „Zuallererst bei den Betroffenen, die jahrelang mit dem Risiko langwieriger und rufschädigender Prozesse leben mussten“, sagte Schüle. „Und auch die gesamte Debatte über unser gemeinsames Erbe ist durch diese Verfahren vergiftet worden. Klar ist: Eine Entgiftung wird Zeit brauchen.“  

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