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Bei den Mitgliedern des Bündnisses „Berlin 2030 Klimaneutral“ sorgte das Ergebnis der Abstimmung für große Enttäuschung.

© dpa/Christophe Gateau

Wahlbeteiligung, Nein-Stimmen, Blick in die Bezirke: Das verrät das Ergebnis des Berliner Klima-Volksentscheids

Innen- und Randbezirke ticken anders. Die Beteiligung lag knapp über dem Durchschnitt – mobilisiert wurden aber nicht nur Befürworter.

Berlin ist gespalten. Diese Erkenntnis, die sich schon deutlich am Ergebnis der Wiederholungswahl am 12. Februar gezeigt hatte, wurde bei der Abstimmung über den letztlich knapp gescheiterten Klima-Volksentscheid erneut bestätigt.

Während in den außerhalb des S-Bahn-Rings liegenden Bezirken eine deutliche Mehrheit gegen das vorgelegte Klimaschutzgesetz der Initiative „Berlin klimaneutral 2030“ gestimmt hat, gab es in Neukölln, Mitte, Tempelhof-Schöneberg und Pankow jeweils eine Mehrheit für die Initiative. Das benötigte Quorum von 25 Prozent aller Wahlberechtigten wurde jedoch einzig in der Grünen-Hochburg Friedrichshain-Kreuzberg erreicht.

1) Mitte, 2) Friedrichshain-Kreuzberg, 3) Pankow, 4) Charlottenburg-Wilmersdorf, 5) Spandau, 6) Steglitz-Zehlendorf, 7) Tempelhof-Schöneberg, 8) Neukölln, 9) Treptow-Köpenick, 10) Marzahn-Hellersdorf, 11) Lichtenberg, 12) Reinickendorf (Stand: 27.3.2023)

© Fabian Bartel | Quelle: Landesabstimmungsleiter, Stand: 27.3.2023

Damit scheint sich eine Lesart zu bestätigen, die viele bereits nach der Wiederholungswahl im Februar bemüht hatten: Die Menschen in den Außenbezirken sind eher auf das Auto angewiesen und haben einen grundsätzlich anderen Blick auf notwendige Klimaschutzmaßnahmen als die Menschen in der Innenstadt. Dort sind die Wege kurz, der öffentliche Nahverkehr gut ausgebaut, das Auto oft überflüssig.

Auf das Auto wollen viele einfach nicht verzichten.

Gero Neugebauer, Politikwissenschaftler

Gero Neugebauer, Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin, hält dieses Erklärungsmuster für stichhaltig. „Menschen wollen ungern ihre Lebensgewohnheiten ändern“, erklärt Neugebauer und ergänzt: „Auf das Auto wollen viele einfach nicht verzichten.“ Dafür, dass die Ablehnung dort besonders groß war, wo CDU und SPD stark sind, hat Neugebauer folgende Erklärung: „Beide sind keine Klimaparteien und haben eine Antistimmung erzeugt, die einen Erfolg der Initiative erschwert hat.“

Initiative sieht sich um den Erfolg gebracht

Dabei hatte der Klima-Volksentscheid mit 35,8 Prozent eine Wahlbeteiligung erreicht, die für eine Volksabstimmung abseits von regulären Wahlterminen überdurchschnittlich hoch ist. Bei den zwei zuletzt durchgeführten Berliner Volksentscheiden ohne zeitgleiche Wahl fiel die Wahlbeteiligung stets geringer aus.

Trotz Rekordsummen an Spenden – über eine Million Euro hatte die Initiative eingesammelt – und einer groß angelegten Kampagne verzeichnete der Klima-Volksentscheid allerdings eine niedrigere Wahlbeteiligung als alle drei in den vergangenen zehn Jahren in Berlin durchgeführten Volksentscheide.

Hinzu kommt: Der Klima-Volksentscheid erhielt weniger Ja-Stimmen als die Abstimmung über „Deutsche Wohnung und Co. enteignen“, der Volksentscheid zur Offenhaltung des Flughafens Tegel sowie der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld. Alle diese Abstimmungen fanden jedoch zeitgleich mit einer anderen regulären Wahl statt. Dies war dem Klima-Volksentscheid, trotz deutlicher Kritik der Initiatoren, verwehrt geblieben.

Landeswahlleiter Stephan Bröchler und die Bezirke hielten eine zeitgleiche Abstimmung aufgrund der kurzfristig anberaumten Wahlwiederholung logistisch nicht für machbar. Die Initiative kritisierte dies am Wahlabend erneut und machte diese Tatsache dafür verantwortlich, dass das Quorum nicht erreicht wurde: „Hätte der Volksentscheid wie ursprünglich geplant parallel zur Berlin-Wahl stattgefunden, wäre das nicht passiert“, hieß es in einer Pressemitteilung der Initiative.

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Ob mehr Wählende automatisch zu einem erfolgreichen Volksentscheid geführt hätten, ist allerdings fraglich. Denn der Klima-Entscheid hat zwar für eine Abstimmung ohne zeitgleich stattfindende Wahl gut mobilisiert – allerdings nicht nur bei den Unterstützern.

Dass deutlich mehr Nein-Stimmen verzeichnet wurden als bei den vorangegangenen Volksentscheiden zeigt, wie polarisierend die Frage nach mehr Klimaschutz in der Stadt ist. Politikwissenschaftler Gero Neugebauer erklärt dazu: „Die Mobilisierung gegen das Anliegen des Volksentscheids war ganz offensichtlich deutlich erfolgreicher als die Mobilisierung für die Klimaneutralität bis 2030.“

Dabei dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass ein konkreter Gesetzentwurf zur Abstimmung stand. Dieser nannte zwar eine neue Zielvorgabe – Klimaneutralität schon 2030 statt erst 2045 –, stellte aber keine genauen Maßnahmen vor. Wie genau ihr Ziel erreicht werden könne, konnten die Initiatoren im Vorfeld der Abstimmung selbst nicht im Detail erklären. Stattdessen rückten sie teilweise von den eigenen Zielen ab. Auch das war nach Ansicht von Neugebauer ein Fehler.

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