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War mal "Bild"-Chef, jetzt bastelt Julian Reichelt an einer Plattform.

© dpa

Podcast über den Springer-Verlag: „Wenn man bei ,Bild’ sein möchte, dann muss man ,Bild’ sein“

„Boys Club - Macht & Missbrauch bei Axel Springer“ heißt der Podcast aus der Böhmermann-Firma TRZ Media. Die erste Folge verführt in dem Moment zum genauen Hinhören, als „Nora“ zu Wort kommt.

Es ist der nächste Anlauf. Der nächste Anlauf, die Affäre Reichelt im „Bild“-Kosmos, im System des Medienhauses Axel Springer, aufzuklären. Die Journalistinnen Pia Stendera und Lena von Holt haben dafür mit 40 aktuellen und früheren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verlags gesprochen. Herausgekommen ist der achtteilige Podcast „Boys Club - Macht und Missbrauch bei Axel Springer“, produziert von TZR Media, hinter der der Satiriker Jan Böhmermann steckt.

Erst der Rahmen, dann die Geschichte

Hoppla, Jan Böhmermann? Dann wird sicherlich und sogleich Attacke geritten. Nein, passiert nicht. In der ersten Folge, die ich gehört habe, werden der Rahmen für die Investigation gesetzt, Spuren gelegt und Horizonte aufgerissen für die weiteren Episoden.

Wer mit der Causa einigermaßen vertraut ist, erfährt in den ersten 27 Minuten nicht viel Neues. Ausgehend von der nicht brandneuen These, dass das System Reichelt tatsächlich ein System Springer ist, wird das Compliance-Verfahren gegen Julian Reichelt, nachdem die ersten Vorwürfe von Machtmissbrauch publik geworden waren, aufgerollt. Reichelt selbst und andere Springer-Verantwortliche äußern sich nicht, werden aber, sofern sie sich wie Döpfner bei Youtube geäußert haben, zitiert.

„Ich hatte nicht den Mut.“

Springer-Mitarbeiterin, anonym

Die erste Folge, die auch ein wenig angeberisch davon erzählt, wie mühsam die Recherche war, verführt in dem Moment zum genauen Hinhören, als „Nora“ zu Wort kommt. Der Name ist geändert, dito die Stimme, schon da wird erkennbar, dass jene, die sich über Reichelt, „Bild“ und Springer beschweren, Angst um ihren Job, wenn nicht um ihr Leben haben. Der Arm des Medienhauses scheint sehr lang zu sein. Nach dem Rausch droht immer der Absturz.

Also „Nora“. Sie erzählt, wie sie in einer Bar Julian Reichelt kennenlernte, die Aufnahmeprüfung für die Springer-Journalistenschule bestand, in deren Jury Reichelt gesessen hatte. Aus der Bekanntschaft wird mehr, im Compliance-Verfahren wird sie für Reichelt aussagen, wider besseres Wissen. „Ich hatte nicht den Mut“, „habe nicht verstanden, dass es da ein System gibt“. Mehr erzählt sie in der Auftaktfolge nicht, wäre auch ungeschickt für den Rest. Die Leimrute für den Hörer ist ausgelegt, weil Menschen sichtbar, nahbar werden.

„Wenn man bei ,Bild’ sein möchte, dann muss man ,Bild“ sein“, bilanziert eine junge Journalistin. Tunnelblick, Sekt am Morgen, Flüge in der Businessclass, das System Springer wirkt wie eine Sekte, die auf Macht und Abhängigkeiten aufbaut. Ach ja, und auf SMS-Nachrichten, die nachts bei Berufsanfängerinnen eingehen.

More to come. Immer montags, immer in Doppelfolgen bei Spotify.

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