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Staatsdinner im Weißen Haus: Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol und seine Frau Kim Keon Hee mit US-Präsident Joe Biden und First Lady Jill.

© AFP/JIM WATSON

Erster Staatsbesuch seit mehr als zehn Jahren: „Die USA hoffen, dass Südkorea der Ukraine Waffen liefert“

Südkoreas Präsident ist am Mittwoch nach Washington gereist. Im Interview erklärt Korea-Experte Frederic Spohr, was sich das Land von den USA erhofft – und was es befürchtet.

Es ist der erste Staatsbesuch eines südkoreanischen Präsidenten in den USA seit mehr als zehn Jahren: Warum hat das so lange gedauert?
Auch wenn es keine offiziellen Staatsbesuche gab, waren beide Regierungen stets im engen Austausch, und es kam zu mehreren Spitzentreffen. Mit dem jetzigen offiziellen Staatsbesuch wird auch die 70-jährige offizielle Partnerschaft zwischen den Staaten gefeiert.

Zudem stehen viele wichtige Themen an: eine stärkere atomare Abschreckung gegenüber dem aufrüstenden Nordkorea und Entwicklungen in der globalen Halbleiterindustrie, in der beide Staaten entscheidende Player sind.

Nordkoreas Atomwaffenprogramm und Diktator Kims Kriegsdrohungen sind seit Langem Grund für Spannungen: Wie wichtig ist das Verteidigungsbündnis der USA und Südkoreas?
In Südkorea sind fast 30.000 US-Soldaten stationiert. Man möchte aber noch stärker in die nukleare Verteidigung der USA eingebunden werden.

Es gibt Zweifel in Südkorea, dass die USA das Land tatsächlich mit Atomwaffen verteidigen würden. Präsident Yoon erwog im Januar deswegen sogar öffentlich, eigene Atomwaffen zu entwickeln.

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Dahinter steckt aber auch Taktik: Man will den USA verdeutlichen, dass man sich wirklich mehr Unterstützung und klare Zusagen erhofft. Außerdem kommen solche Aussagen in der Bevölkerung gut an – die begrüßt eine stärkere nukleare Abschreckung.

Südkorea soll die Vereinigten Staaten künftig mit Hightech-Halbleiterchips versorgen. Wird das klappen?
Die Halbleiter-Industrie hat für Südkorea und seine Unternehmen enorme Bedeutung. Doch der Sektor wird immer stärker von Geopolitik beeinflusst. Die USA wollen China den Zugang zu Hightech-Produktionsgütern für Chips erschweren. Doch viele südkoreanische Unternehmen haben ihre Fabriken in China.

Washington hat wohl noch ein weiteres Ziel: China hat in diesem Monat eine Untersuchung gegen das US-amerikanische Unternehmen Micron eingeleitet und prüft ein Einfuhrverbot gegen seine Chips. Washington will verhindern, dass Südkorea – im Falle eines Verbots der Micron-Chips – die so entstehende Angebotslücke in der Volksrepublik füllt.

Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol bei einem Treffen mit Vize-Präsidentin Kamala Harris bei der Nasa.

© REUTERS/JONATHAN ERNST

Wie steht Südkorea zu China und der Bedrohung von Taiwan?
Südkorea hat enge Verbindungen zu Taiwan, es gibt beispielsweise immer wieder Besuche südkoreanischer Abgeordneter auf die Insel. Taiwan und Südkorea sind liberale Demokratien, die gegen autoritäre Systeme konkurrieren. Angesichts der großen wirtschaftlichen Abhängigkeit von China ist es aber fraglich, ob und wie stark Südkorea der Inselrepublik im Falle eines ernsten Konfliktes beistehen würde.

Schon auf Äußerungen aus Seoul zu Taiwan reagiert China extrem empfindlich: In einer für Südkorea ungewöhnlichen Deutlichkeit hat Präsident Yoon China diesen April davor gewarnt, den Status Taiwans gewaltsam zu verändern. Die harschen Reaktionen aus Peking folgten prompt. 

30.000
US-Soldaten sind in Südkorea stationiert.

Wie wichtig ist das Bündnis der beiden Länder mit Blick auf China?
Wirtschaftlich ist das Land von China abhängig – rund 30 Prozent des südkoreanischen Handels wird mit China abgewickelt. Andererseits basiert Südkoreas Sicherheit auf der Unterstützung der USA, und es möchte von Washington als loyaler Bündnispartner wahrgenommen werden.

Die Regierung hat hier die Herausforderung, die richtige Balance zu finden. Nehmen die Spannungen zwischen China und den USA zu, steht das Land, wie viele asiatische Staaten, vor einem Dilemma.

Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol besucht mit seinem amerikanischen Amtskollegen Joe Biden und dessen Frau Jill das Korean War Memorial in Washington.

© imago/UPI Photo/IMAGO/SHAWN THEW

Welche Konfliktpunkte gibt es möglicherweise?
Die USA erhoffen sich, dass Südkorea Waffen an die Ukraine liefern wird. Bisher hilft Südkorea nur humanitär sowie mit nicht-tödlicher Ausrüstung, wie beispielsweise mit Zelten und Gasmasken.

30
Prozent des südkoreanischen Handels wird mit China abgewickelt.

Seoul verweist auf seine generelle Politik, keine Waffen an Kriegsparteien zu liefern, und will außerdem seine Beziehungen zu Russland nicht belasten. Zuletzt hatte Präsident Yoon jedoch angedeutet, dass auch Waffenlieferungen möglich seien.

Das Thema ist auch mit einer Peinlichkeit verbunden: Aus geleakten Dokumenten geht hervor, dass die USA südkoreanische Politiker bei Beratungen zu dem Thema offenbar abgehört haben. Beide Regierungen spielen diesen unangenehmen Vorfall jedoch herunter.

Die Welt erinnert sich an Donald Trumps Bestrebungen, zwischen Nord- und Südkorea zu vermitteln. Was ist davon übrig?
Trumps Initiative wurde vom damaligen Präsident Moon unterstützt. Klar ist aber: Trumps Gipfeltreffen mit Kim haben zu nichts geführt. In den vergangenen Monaten hat sich der Konflikt weiter zugespitzt.

Nordkorea hat laut Einschätzungen von Experten bereits Dutzende Atomsprengköpfe und wohl auch Raketen, die bis in die USA reichen könnten. Im vergangenen Jahr testete Nordkorea so viele Raketen wie nie zuvor.

Die aktuelle südkoreanische Regierung unter Yoon fährt zudem einen härteren Kurs gegen Nordkorea. Sie setzt weniger auf Verhandlungen als auf Abschreckung. Auf Provokationen reagiert sie mit eigenen Tests und intensiviert Militärmanöver.

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