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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, spricht während eines Interviews mit der Senior Vize-Präsidentin und Chefredakteurin der Nachrichtenagentur AP, Pace, in einem Zug auf der Fahrt von der Region Sumy nach Kiew.

© dpa/Efrem Lukatsky

Im Falle einer Niederlage in Bachmut: Selenskyj sorgt sich um Rückhalt der Ukrainer

Der ukrainische Präsident spricht in einem Interview erstmals über die politischen Motive hinter der blutigen Verteidigung von Bachmut. Auch den Rückhalt im Westen sieht er in Gefahr.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor den Folgen eines russischen Sieges im Kampf um die Stadt Bachmut gewarnt.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur „AP“ äußerte er die Sorge, dass der Rückhalt der ukrainischen Bevölkerung im Falle einer Niederlage nachlassen könnte.

Während einige westliche Militäranalysten der Ansicht sind, dass die Stadt keine große strategische Bedeutung hat, warnte Selenskyj, dass ein Verlust in dieser Phase des Krieges die Dynamik in der Ukraine verändern könnte.

Beim Verlust der Stadt würde der Druck rasch steigen: „Unsere Gesellschaft könnte müde werden und mich zu einem Kompromiss mit Russland drängen“. Bisher habe er diesen Druck nicht spüren müssen.

Zugleich äußerte er Sorgen hinsichtlich der internationalen Unterstützung, die nach einer Niederlage in Bachmut nachlassen könnte. Russlands Präsident Wladimir Putin würde den Sieg „dem Westen, der russischen Gesellschaft, China und dem Iran verkaufen“, sagte Selenskyj zu „AP“. Russland könne damit beginnen, internationale Unterstützung für ein Abkommen zu gewinnen, das von der Ukraine nicht hinnehmbare Kompromisse verlangen könnte. 

Ukrainische Soldaten der 28. Brigade feuern einen Mörser auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut in der Region Donezk.

© dpa/AP/Libkos

„Wenn Putin Blut leckt und ahnt, dass wir schwach sind, wird er drängen, drängen, drängen“, so der ukrainische Präsident. Mit seinen Äußerungen räumte erstmals Selenskyj ein, dass eine Niederlage in der siebenmonatigen Schlacht um Bachmut wohl eher eine kostspielige politische als eine taktische wäre. Der Kampf um Bachmut sei einer von vielen kleinen Schritten um den Krieg zu gewinnen.

Die ukrainische Militärführung hat am Mittwoch einen russischen Teilerfolg in den Kämpfen um die Stadt Bachmut im Osten des Landes eingeräumt. „Im Sektor Bachmut setzte der Feind seine Angriffe auf die Stadt fort, teilweise mit Erfolg“, teilte der Generalstab in Kiew in seinem täglichen Lagebericht mit. Details zu den russischen Geländegewinnen wurden jedoch nicht genannt.

Selenskyj besorgt über möglichen Wahlausgang in den USA

Die dort auf russischer Seite kämpfenden Soldaten der Söldnertruppe Wagner konnten die Stadt inzwischen unter hohen Verlusten von drei Seiten belagern, aber die Nachschubwege der Ukrainer nicht völlig abschneiden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte angeordnet, alles dafür zu tun, um den Fall der Stadt zu verhindern.

Ein Großteil des bisherigen militärischen Erfolges der Ukraine ist auch auf die umfangreiche Unterstützung des Westens, insbesondere der USA zurückzuführen.

Gegenüber der Nachrichtenagentur zeigte er sich besorgt, die militärische Hilfen der USA könnten nach den amerikanischen Präsidentschaftswahlen 2024 weniger werden: „Wir können nicht gewinnen, wenn sie aufhören, uns zu unterstützen.“

Zugleich interpretierte Selenskyj die Ankündigung Putins, taktische Atomwaffen nach Belarus zu verlegen, als Zeichen der Schwäche nach dem Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping.

„Es bedeutet, dass der Besuch nicht gut für Russland war“, spekulierte Selenskyj. Putin sei eine „informationsmäßig isolierte Person“, die im letzten Kriegsjahr „alles verloren“ habe. „Er hat keine Verbündeten“, so Selenskyj. Er wiederholte außerdem seine Einladung, Xi Jinping solle die Ukraine besuchen. (mit dpa)

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