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Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, war mehrfach bei US-Präsident Joe Biden im Oval Office.

© AFP/SAUL LOEB

Update

Kompromiss zum Schuldendeckel: Was steht in der Einigung und wie sicher ist sie?

US-Präsident Biden und der Republikaner McCarthy haben sich auf eine neue Schuldenobergrenze geeinigt. Jetzt müssen sie den Deal durch den Kongress bringen.

| Update:

Am Samstag um 22 Uhr versandte das Weiße Haus seine Mitteilung. Fünf Absätze, die bestätigten, was US-Medien bereits berichtet hatten: US-Präsident Joe Biden und der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses haben sich grundsätzlich auf einen Kompromiss geeinigt, mit dem die Schuldenobergrenze zunächst bis zum 1. Januar 2025 ausgesetzt werden kann.

Am Sonntag wurden erste Details des 99-seitigen Gesetzesvorschlages bekannt gegeben, der noch der Zustimmung des Kongresses bedarf. Im Gegenzug dafür, dass die Obergrenze zeitweise wegfällt, soll es vorerst keinen Budgetzuwachs für Nicht-Verteidigungsausgaben geben.

Rüstungsausgaben sollen jedoch um drei Prozent steigen. Einschnitte geben soll es bei der Finanzierung der Steuerbehörde. Außerdem sollen übrig gebliebene Corona-Hilfen gestrichen, ausgesetzte Studiengebühren wieder eingetrieben und härtere Auflagen für Sozialhilfeempfänger erlassen werden.

Durch die Einigung wäre die „Gefahr eines katastrophalen Zahlungsausfalls“ aber vom Tisch, wie Biden am Sonntag in einer kurzen Stellungnahme verkündete.

Ein hochbrisanter Kuhhandel

Die Absegnung der Vereinbarung durch das Parlament ist notwendig, um am 5. Juni die Zahlungsunfähigkeit der Supermacht USA und damit ein mögliches weltwirtschaftliches Chaos zu vermeiden. Stimmt der Kongress zu, ist dieser hochbrisante Kuhhandel einmal mehr gut gegangen – wie bereits 78-mal zuvor.

Allerdings liegt genau darin noch die große Unsicherheit: Werden genügend Demokraten und Republikaner dem Paket zustimmen, das es dem Staat erlaubt, mehr als die zuletzt erlaubten rund 31,4 Billionen Dollar auszugeben und gleichzeitig Ausgaben der Regierung moderat kürzt?

Biden selbst hatte sich monatelang gegen Letzteres gewehrt und argumentiert, dass es bei den Verhandlungen um die Finanzierung bereits vom Kongress beschlossener Ausgaben handelt, nicht um künftige. Nun hat er zumindest in Teilen nachgegeben.

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In seiner Erklärung begründet er das und wirbt um Verständnis. Die Vereinbarung schütze die wichtigsten Prioritäten und gesetzgeberischen Errungenschaften der regierenden Demokraten.

„Die Einigung stellt einen Kompromiss dar, was bedeutet, dass nicht jeder bekommt, was er will. Darin liegt die Verantwortung des Regierens.“

Diesen Kompromiss, den McCarthy und er in einem 90-minütigen Gespräch gefunden hatten, muss er dem linken Flügel seiner Partei schmackhaft machen. Auf der anderen Seite muss McCarthy die Hardliner in seiner Fraktion überzeugen, oder zumindest einen Teil davon.

Der rechte Flügel der Republikaner begehrt auf

Dass das gelingt, ist alles andere als sicher. Der Freedom Caucus, also der rechte Flügel der republikanischen Fraktion, reagierte bereits empört, dass McCarthy so wenig erreicht habe.

Die Kritiker in der Demokratischen Partei werden sich voraussichtlich darauf stürzen, dass die Auflagen für Empfänger bestimmter Sozialleistungen verschärft werden sollen. So sollen Empfänger von Lebensmittelmarken künftig nachweisen, dass sie im Gegenzug einem Job nachgehen.

Weniger Geld als geplant für die Steuerfahnder

Zudem soll die Steuerbehörde IRS weniger Geld als geplant bekommen, mit dem eigentlich mehr Personal für die Steuerfahndung eingestellt werden sollte. Vor allem auf diesen Kürzungen hatten die Republikaner bestanden. Die Demokraten hätten lieber Steuerschlupflöcher geschlossen und damit Reiche stärker besteuert.

Auch soll es im kommenden Jahr doch nicht mehr Geld für Bildung, Gesundheit und Wissenschaft geben und beim Erlass von Darlehen für Studiengebühren gespart werden.

Generell sollen alle Ermessensausgaben – also solche, die der Kongress per Ausgabengesetz regeln kann – erst einmal konstant bleiben. Eine Ausnahme bilden die Rüstungsausgaben, die bis auf 886 Milliarden Dollar ansteigen sollen.

Bidens Erfolg: Der Deal würde bis nach der Wahl gelten

Einen wichtigen Erfolg hat Biden indes eingefahren: Die Anhebung der Schuldengrenze soll bis Januar 2025 gelten. Damit wird vermieden, dass mitten in der Endphase des Präsidentschaftswahlkampfs im kommenden Jahr wieder Verhandlungen beginnen müssen.

Außerdem hat Biden sichergestellt, dass die Ausgaben für Gesundheit und Soziales nicht angetastet werden.

McCarthy brüstet sich derweil mit „historischen Ausgabenkürzungen“. Doch statt um 130 Milliarden Dollar soll der Anstieg der Staatsausgaben nur um 29 Milliarden Dollar gekürzt werden.

Aber nun muss der Republikaner, der ebenfalls anerkannte, dass „am Ende des Tages nicht jeder glücklich sein“ werde, den Kompromiss seinen Leuten eben verkaufen. Das wird nicht einfach.

Rein rechnerisch sind Biden und McCarthy nicht darauf angewiesen, dass alle Abgeordneten zustimmen. Aber der Sprecher des Repräsentantenhauses sitzt auf einem sehr wackeligen Stuhl: Im Januar brauchte er 15 Anläufe, um gewählt zu werden.

Darum hat er frühzeitig versucht, die Hardliner in seiner Fraktion einzubinden. Aber auch das ist keine Garantie. Würden sie nun ein Misstrauensvotum gegen McCarthy starten, würde er das womöglich nicht überleben.

Am Mittwoch soll abgestimmt werden

Das optimistischere Szenario für die nächsten Tage lautet: Die Hardliner stimmen zwar gegen den Deal. Aber sie lassen zu, dass der Gesetzentwurf mit Unterstützung der Demokraten angenommen wird.

Eine Abstimmung im Repräsentantenhaus ist für den Mittwoch angesetzt.

Auf Fox News gab sich McCarthy am Sonntagmorgen optimistisch: 95 Prozent der republikanischen Abgeordneten seien sehr „angetan“ von dem Deal. Wie viel Wunschdenken darin steckt, wird sich zeigen.

Der Entwurf muss dann so schnell wie möglich in beiden Kammern des Kongresses verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden, damit ein drohender Zahlungsausfall der US-Regierung tatsächlich abgewendet wird. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte zuletzt gewarnt, das Geld könnte am 5. Juni ausgehen.

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