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Der Co-Vorsitzende der SPD: Lars Klingbeil.

© dpa/Michael Kappeler

„Noch zehn Jahre Geld und Waffen mobilisieren“: SPD-Chef Klingbeil schwört auf langfristige Hilfe für die Ukraine ein

Kiew müsse aus einer Position der Stärke mit Putin verhandeln können, sagt Klingbeil. Gegebenenfalls müsse die Ukraine auch noch mehr als bisher unterstützt werden.

Die Debatte über Art und Umfang der Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine reißt nicht ab. SPD-Chef Lars Klingbeil hat nun deutlich gemacht, dass Deutschland Kiew aus seiner Sicht noch lange finanziell und militärisch unterstützen muss.

„Wir müssen vielleicht noch zehn Jahre Geld und Waffen mobilisieren, um der Ukraine zu helfen“, sagte Klingbeil im Interview mit dem Nachrichtenportal t-online. „Dafür brauchen wir das Mandat der Bevölkerung. Deutschlands Sicherheit wird auch in der Ukraine verteidigt.“

Auf die Frage, wie es mit der deutschen Unterstützung weitergehen werde, sollte die Verteidigung der Ukraine angesichts aktueller russischer Geländegewinne und einer drohenden Großoffensive der Armee des Kreml-Machthabers Wladimir Putin kollabieren, sagte der Co-Vorsitzende der Sozialdemokraten: „Die Ukrainer wurden in diesem Krieg allerdings schon häufiger unterschätzt, insofern bin ich bei negativen Szenarien immer etwas skeptisch.“

Wenn es wirklich zu einer Situation kommt, wo wir die Ukraine-Hilfen noch mal kräftig anheben müssen, werden wir eine Lösung finden.

Lars Klingbeil, SPD-Chef

Wichtig sei, dass aus ganz Europa, nicht nur aus Deutschland, Waffen und Munition schnell in der Ukraine ankämen. „Wenn es wirklich zu einer Situation kommt, wo wir die Ukraine-Hilfen noch mal kräftig anheben müssen, werden wir eine Lösung finden“, sagte Klingbeil mit Blick auf weitere Waffen oder zusätzliche Mittel für Flüchtlinge.

Ob dies dann ein Aussetzen der Schuldenbremse bedeuten würde, ließ Klingbeil offen. „Die Bundesregierung hat versprochen, dass sie die Ukraine so lange unterstützt, wie sie Hilfe braucht. Daran wird nicht gerüttelt.“

Klingbeil sieht bei Putin keine Verhandlungsbereitschaft

Klingbeil betonte, dass die Grenze dessen, welcher Umfang an Unterstützung der deutschen Bevölkerung zumutbar sei, ständig neu vermessen werden. „Vor Ausbruch des Krieges hätte niemand es für möglich gehalten, wie stark wir die Ukraine militärisch unterstützen.“ 

Zugleich forderte er, in der öffentlichen Debatte nicht nur über Waffenlieferungen zu sprechen. „In der ganzen Welt wird über Friedensinitiativen gesprochen, die Friedenskonferenz in der Schweiz steht bevor und das unterstützen wir als Deutschland“, sagte Klingbeil. „Wir können nicht zulassen, dass der Friedensbegriff nur von den Wagenknechten und den Rechtsradikalen von der AfD besetzt wird. Die meinen mit Frieden nämlich eine Kapitulation vor Putin und das ist falsch.

Der SPD-Chef betonte: „Es bleibt bei der Strategie, die Ukraine so stark zu machen, dass sie zum richtigen Zeitpunkt aus einer Position der Stärke verhandeln kann.“ Deutschland werde nicht über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer entscheiden. „Derzeit sieht es leider so aus: Putin will nicht verhandeln, sondern wartet die Präsidentschaftswahlen in den USA ab.“

Zu der durch den Krieg in der Ukraine verstärkten Debatte über den deutschen Verteidigungshaushalt, sagte Klingbeil, die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) in diesem Zusammenhang ausgerufene „Zeitenwende“ sehe er nicht in Gefahr, obwohl Verteidigungsminister Boris Pistorius jüngst vor einem „Rüstungsstopp“ gewarnt hatte, sollte er im nächsten Haushalt nur 50 Millionen Euro zusätzlich bekommen, wie bisher geplant. Der SPD-Politiker forderte 6,5 Milliarden Euro mehr, um seine Vorhaben umzusetzen.

Klingbeil fordert deutlichen höheren Verteidungsetat

Klingbeil sagte dazu: „Über die genaue Höhe des Verteidigungsetats muss jetzt gesprochen werden. Aber Pistorius kann sicher sein, dass er meine Unterstützung hat: Wir müssen deutlich mehr in unsere Verteidigung investieren. Wir haben uns jahrzehntelang ausgeruht und zu wenig für unsere eigene Sicherheit getan.“

Man müsse sich ernsthaft fragen, was es bedeute, wenn geplante Rüstungsprojekte nicht finanziert werden könnten, sagte der SPD-Chef. „Die Industrie braucht Planungssicherheit, die Beschaffung von Militärgütern funktioniert nicht von heute auf morgen.“

Die Zeitenwende betreffe mehrere Ministerien, auch das Ressort von Entwicklungsministerin Svenja Schulze, die dafür ausreichend Mittel benötige. „Aber es stimmt natürlich: Boris Pistorius hat mit die größte Verantwortung, unser Land wieder verteidigungsfähig zu machen.“ (lem)

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