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Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU, r.) und Vizekanzler Hans-Dietrich Genscher

© Heinrich Sanden/picture-alliance-dpa

Korrespondenz mit Genscher: Bedeutende Akten aus Kohls Regierungszeit offenbar verschwunden

Im Bundesarchiv sollen die Originale von 70 Dokumenten fehlen, die der Bundeskanzler zu Lebzeiten bei sich zu Hause lagerte. Darunter auch Kohls Korrespondenz mit Außenminister Genscher.

Offenbar sind bedeutende Akten aus der Regierungszeit von Bundeskanzler Helmut Kohl (1982 bis 1998) verschwunden. Einem „Spiegel“-Bericht zufolge fehlen etwa die Originale von 70 Dokumenten, die Historiker des Instituts für Zeitgeschichte noch zu Kohls Lebzeiten zwischen 2012 und 2014 in dessen Privathaus im rheinland-pfälzischen Oggersheim kopiert hatten.

Wie das Kanzleramt am Mittwoch in einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mitteilte, hat Kohls Witwe Maike Kohl-Richter gegenüber der Regierungszentrale angegeben, sie verfüge nicht über amtliche Unterlagen. Demnach dürften die Kohl-Papiere nicht mehr bei ihr sein. Diese gehören offiziell ins Bundesarchiv, sind aber weder von Kohl noch der Witwe übergeben worden, wie Präsident Michael Hollmann erklärt.

Wir haben Frau Kohl-Richter gefragt, ob amtliche Unterlagen bei ihr vorhanden sind, und sie hat das verneint.

Ein Anwalt vor dem Bundesverwaltungsgericht

Eine Journalistin hatte Einsicht in Akten aus der Zeit von Helmut Kohls 16-jähriger Kanzlerschaft beantragt – und scheiterte damit vor dem Bundesverwaltungsgericht. Der Antrag, den sie beim Bundeskanzleramt gestellt habe, sei zu umfangreich gewesen, entschied das Gericht in Leipzig. Es wies außerdem das Verlangen der Klägerin zurück, dass das Amt Akten aus der Kohl-Ära wiederbeschaffen müsse, die womöglich im Besitz der Witwe Maike Kohl-Richter sind. 

Maike Kohl-Richter, Witwe von Altbundeskanzler Helmut Kohl, hat auch eine Stiftung für ihren Mann gegründet.
Maike Kohl-Richter, Witwe von Altbundeskanzler Helmut Kohl, hat auch eine Stiftung für ihren Mann gegründet.

© Andreas Arnold/dpa

Zu der Auswahl der verschwundenen Akten gehören laut „Spiegel“ unter anderem der Vermerk über ein Treffen Kohls mit Frankreichs Präsident François Mitterrand am 16. Mai 1983 (Aktenzeichen 105-38.A/83) oder auch Kohls Korrespondenz mit Ministern, etwa Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP). Die Wissenschaftler waren damals im Auftrag des Auswärtigen Amts unterwegs.

Berichten zufolge soll Kohl in seiner Zeit als Bundeskanzler amtliche Unterlagen zunächst an eine Stiftung übergeben haben. Später seien die Akten dann bei ihm zu Hause gelandet. Das Bundeskanzleramt hatte der Journalistin mitgeteilt, dass es nichts von solchen Unterlagen wisse. Ein Anwalt sagte zudem in der mündlichen Verhandlung: „Wir haben Frau Kohl-Richter gefragt, ob amtliche Unterlagen bei ihr vorhanden sind, und sie hat das verneint.“

Wer staatliche Akten der dienstlichen Verfügung entzieht, riskiert eine mehrjährige Freiheitsstrafe wegen Verwahrungsbruch. Eine Anfrage des „Spiegel“ an Kohls Witwe blieb unbeantwortet. (Tsp)

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