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Die Kollision neuer Satelliten mit den Resten alter wird immer wahrscheinlicher.

© dpa/ESA/Onirixel

Ein Ja zur Raumfahrt: Aber in einem überschaubaren Rahmen

Nach den USA streben auch Russland, China und Indien auf den Mond, sogar bemannte Missionen zum Mars plant die Nasa. Deutschland tut gut daran, einen Fuß im All zu behalten, aber nicht aus Prestigegründen.

Ein Kommentar von Ralf Nestler

Wer Raumfahrt betreiben will, braucht neben sehr viel Geld vor allem eines: Geduld. Verzögerungen scheinen systemimmanent zu sein und können selbst große Akteure wie die europäische Raumfahrtagentur Esa in Bedrängnis bringen. Die muss den Erstflug der neuen Ariane-6-Rakete immer wieder verschieben und steht gegenwärtig ohne irgendeine Startmöglichkeit für ihre Satelliten da. Zur Freude der Konkurrenz, etwa Elon Musks Firma SpaceX.

Während die Esa, jährlich mit gut einer Milliarde Euro deutschen Steuergelds mitfinanziert, weiter auf einen Erfolg der Ariane-6 wartet, wurde jetzt in Berlin ein anderes Langzeitprojekt endlich abgeschlossen. Das Kabinett hat die neue Raumfahrtstrategie der Bundesregierung beschlossen. Die letzte war von 2010, eine Neufassung überfällig.

Das Manufakturwesen in der Weltraumtechnik schwindet, preiswerte Massenfertigung setzt sich durch, allein die Zahl der Satelliten hat sich auf mehr als 10.000 vervielfacht. Zugleich drängen immer mehr Raumfahrtneulinge, Staaten wie auch Unternehmen, ins All. Es braucht Regeln, damit der Orbit langfristig nutzbar bleibt und nicht mit Raumfahrtschrott zugemüllt wird.

Die Raumfahrtstrategie der Bundesregierung nimmt das ernst und setzt die richtigen Akzente. Deutschland will sich demnach für ein Weltraumverkehrsmanagement einsetzen, also etwa welcher Satellit bei Kollisionsgefahr wohin ausweichen muss. Das kann nur international gelöst werden, aber eine aktive Rolle ist unbedingt hilfreich.

Wie eine himmlische Müllabfuhr

Weiterhin sollen Technologien gefördert werden, um Raumfahrtschrott zu verringern: Satelliten sollen manövrierfähig bleiben, um nach Missionsende gezielt zum Verglühen in der Atmosphäre gebracht zu werden, zudem Systeme, die wie eine himmlische Müllabfuhr ausgediente Bauteile greifen und entsorgen.

Das wird teuer, sowohl für die staatliche Forschungsförderung wie für die deutsche Raumfahrtindustrie. Berechtigt ist die Sorge, Kunden könnten zu Billiganbietern wechseln, die weniger strengen Regeln unterliegen. Wie beim Klimaschutz könnten Kritiker argumentieren, dass der Impakt Deutschlands gering und nur eine internationale Lösung zielführend sei. Das ist richtig, doch um bei dem Beispiel zu bleiben: Klimafreundliche Technologien werden billiger, wenn sie im großen Stil eingesetzt werden und immer mehr Länder handeln, weil sie eine konkrete Bedrohung sehen.

Ebenso werden Raumfahrtakteure früher oder später verstehen, dass sie sich selbst schaden, wenn sie fahrlässig den erdnahen Raum vermüllen. Spätestens wenn sich der nächste Satellitencrash ereignet, wodurch zig neue Trümmerteile durchs All jagen und weitere Objekte bedrohen.

Weitgehend unbemerkt hat sich unsere Infrastruktur ins All erweitert. Ohne Satelliten wäre unser modernes Leben kaum möglich, von Kommunikation über Navigation, sicherem Datenaustausch bis zu Wettervorhersage und Krisenmanagement. Offenkundig müssen diese Einrichtungen geschützt werden. Auch das will die Regierung tun, indem Weltraumobjekte – Schrottteile, aber womöglich auch gezielte Angriffe – sowie das Weltraumwetter – hiermit sind hochenergetische Strahlungsausbrüche der Sonne gemeint, die Satelliten schwer schädigen können – noch besser beobachtet werden.

Das ist dringend nötig, doch sind damit steigende Ausgaben unausweichlich. Zumal die Regierung zusätzlich hiesige Raketenbauer stärken will, die mit sogenannten „Microlaunchern“ kleinere Nutzlasten ins All bringen. Angesichts des Ariane-Debakels führt daran kein Weg vorbei.

Wo also ließe sich etwas einsparen? Indem man Prestigevorhaben sehr genau prüft. Viele streben derzeit zum Mond, mit Robotern und Menschen. Das Nasa-Mondprogramm Artemis wird demnächst die 100-Milliarden-Dollar-Marke knacken. Eine überzeugende Begründung, warum trotz dieser horrenden Kosten unbedingt Astronauten da hin sollen, wird weiter gesucht. Europa und mittelbar Deutschland beteiligen sich an Artemis, noch im überschaubaren Rahmen. Möge es dabei bleiben. 

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