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US-Präsident Joe Biden.

© Reuters/Kevin Lamarque

Tritt der US-Präsident wirklich an?: Die Frage nach dem Alter wird Biden nicht mehr los

Drei Viertel der Amerikaner trauen dem US-Präsidenten keine zweite Amtszeit zu. Doch wer kann Joe Biden ersetzen – und wann und wie könnte es zum Kandidatenwechsel kommen?

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Volkes Stimme wird unüberhörbar. 77 Prozent der US-Bürger halten ihren Präsidenten für zu alt und trauen ihm keine zweite Amtszeit zu.

Der Protestschrei durchdringt auch die dicken Mauern des Weißen Hauses. Joe Biden und seine Mitarbeiter pflegen zwar ein gewisses Maß an Taubheit wie andere Machtzentralen auch. Regierungen sollen sich schließlich nicht von Umfragen abhängig machen.

Ist es denkbar, dass er nicht wieder antritt? Die Frage nach seinem Alter und seiner Fitness wird der 80-Jährige nicht mehr los. Sie wird ihn in den 14 Monaten bis zum Wahltag im November 2024 auf Schritt und Tritt begleiten.

Stolpert er erneut oder stürzt gar vor laufenden Kameras auf der Bühne wie im Juni über einen Sandsack, der ein Mikrofonkabel abdeckte?

Wirkt er unkonzentriert, zeigt er Gedächtnislücken? Derartige Szenen würde sein Kontrahent Donald Trump in Wahlkampfvideos in Dauerschleife laufen lassen, um Biden als amtsunfähigen Präsidenten zu entlarven.

Wenn Biden die Zahl seiner Wahlkampfauftritte und Pressekonferenzen minimiert, wird auch das nicht mehr als strategische Klugheit ausgelegt. Früher hieß es: Im Kontrast zum lauten, unflätigen, hyperaktiven Trump kommt ein ruhiger Biden umso besser an. Nun gilt es als Beleg für fehlende Kraft und Energie.

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Zudem ist Biden angreifbar wegen der Rechtsbrüche seines Sohnes Hunter. Die Republikaner wollen die Frage, was Vater Joe wann wusste, für ein Impeachment des Präsidenten nutzen.

Trumps beste Chance: Wenn Biden als senil gilt

Da bietet es wenig Trost, dass eine überwältigende Mehrheit der Wähler den 77-jährigen Trump nicht im Weißen Haus sehen möchte. Kriminell, korrupt, nicht vertrauenswürdig: Diese Eigenschaften nennen Amerikaner am häufigsten mit Blick auf ihn.

Dem Präsidenten kommt das beste Argument für seine erneute Kandidatur abhanden: Ein gesunder Biden werde Trump mit hoher Wahrscheinlichkeit schlagen – wie 2020. Ein Amtsinhaber, der als altersschwach und senil gilt, hat diesen Vorzug nicht mehr.

Die Bürger stehen dann nicht vor der Wahl, wen sie für den Besseren halten. Sondern wer von beiden das größere Risiko ist – weshalb sie notgedrungen für den anderen stimmen. Das ist Trumps beste Chance. Und eine niederschmetternde Aussicht für viele Amerikaner.

Hoffnung auf einen jüngeren Republikaner

Nur: Gibt es überhaupt einen Ausweg, um das erneute Duell der Politdinosaurier zu vermeiden? Am Wahltag werden sie zusammen 159 Jahre alt sein. Bisher suchten alle die Antwort bei den Republikanern. Kann eine jüngere Person das Rennen um die Kandidatur gegen Trump gewinnen?  

Dabei dachten die meisten an den 44-jährigen Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. Erst recht nach dessen triumphaler Wiederwahl 2022. Im Vergleich mit ihm sähe Biden noch älter aus. Der Druck, einem jüngeren Demokraten den Vortritt zu lassen, würde noch größer.

Trump bleibt jedoch der stabile Frontrunner. Nichts weist darauf hin, dass ein anderer Republikaner ihm die Nominierung streitig machen kann.

Plan B: Generationswechsel bei den Demokraten

Deshalb müsste ein Kandidatenwechsel bei den Demokraten nun vom amtierenden Präsidenten angestoßen werden. Das macht es viel schwieriger. Joe Biden ist zwar zuzutrauen, dass er seine Verantwortung für Amerikas Demokratie kennt.

Aber falls er einen Plan B hat, kann er das nicht offen sagen. Jedenfalls nicht jetzt. Die Ankündigung würde ihn zur „Lame Duck“ machen. Der beste Zeitpunkt, Platz zu machen, wäre nach dieser Logik: so spät wie möglich. Nur rechtzeitig vor dem Nominierungsparteitag der Demokraten in Chicago Ende August 2024.

Aus der Sicht alternativer Kandidaten sieht es gerade umgekehrt aus. Biden sollte sich so früh wie möglich zurückziehen. Um Trump zu schlagen, muss man landesweit bekannt sein. Biden und Trump kennt jeder in den USA. Für erfolgreiche Gouverneure eines Bundesstaats wie Gavin Newsom in Kalifornien oder J. B. Pritzker in Illinois gilt das nicht.

Sie brauchen Zeit zur nationalen Profilierung. Diese Funktion erfüllen gewöhnlich die Vorwahlen in allen 50 Bundesstaaten in der ersten Hälfte eines Wahljahrs. Doch die fallen als Test aus, solange Biden als gesetzter Kandidat gilt. Eine offene Rebellion gegen ihn wäre kein Erfolgsrezept.

Falls es zu einer Operation Kandidatenwechsel kommt, liegt das Zeitfenster dafür vermutlich zwischen März und Mai 2024.

Bidens Fitness wird wohl kaum besser. Er sollte Jüngeren Platz machen. Es steht viel auf dem Spiel – für die USA und für die Welt.

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