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Wer bekommt den Job: der Mensch oder der Roboter? (Symbolbild zur Zukunft der Arbeit).

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Bericht des „Rats der Arbeitswelt“: Sechs Erkenntnisse über den Arbeitsmarkt der Zukunft

Die Digitalisierung vernichtet keine Jobs – und trotzdem muss und wird sich der Arbeitsmarkt rasant wandeln. Das sagt ein neuer Bericht im Auftrag von Arbeitsminister Heil.

Es ist eine dreifache Transformation, die den Arbeitsmarkt massiv verändert: Digitalisierung, ökologischer Umbau weg von fossilen Brennstoffen, demografischer Wandel — alles greift ineinander. Was heißt das für die Zukunft der Arbeit?

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lässt sich seit 2020 vom „Rat der Arbeitswelt“ beraten. Nun hat das Gremium, bestehend aus 13 Expertinnen und Experten, am Dienstag seinen zweiten Arbeitswelt-Bericht vorgelegt. Sechs Erkenntnisse und Empfehlungen zur Gegenwart und Zukunft der Arbeit.

1 Digitalisierung vernichtet keine Arbeitsplätze

Gehen durch die Digitalisierung Arbeitsplätze verloren? In der Summe nicht, sagen die Expertinnen und Experten. Zwar gebe es große Befürchtungen, unterm Strich aber keine negativen Effekte. Denn Digitalisierung schafft auch viel Bedarf an Arbeit.

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Klar ist, dass sich ein massiver Strukturwandel vollzieht. Bis 2040 ist laut dem Bericht damit zu rechnen, dass bedingt durch die Digitalisierung 3,6 Millionen Arbeitsplätze wegfallen, aber auch 3,6 Millionen Arbeitsplätze neu entstehen. Die gute Nachricht für alle, die fürchten, abgehängt zu werden: Dieser Wandel wird eher über eine veränderte Einstellungspraxis vollzogen als über Entlassungen.

Zur Frage, ob durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz Arbeitsplätze verloren gehen, will sich das Gremium noch nicht festlegen. Bisher gebe es keine Anzeichen für negative Arbeitsmarkteffekte, die zukünftigen Auswirkungen seien aber nicht vollständig absehbar, heißt es im Bericht.

2 Bei Robotern vorn – bei KI noch am Anfang

Ist Deutschland bei neuer Technik grundsätzlich hinten dran? Nein, sagt der Bericht. Beim Einsatz von Robotern im verarbeitenden Gewerbe liegt Deutschland weltweit auf Platz vier hinter Südkorea, Singapur und Japan. Pro 10.000 Beschäftigten sind 397 Roboter im Einsatz. In den USA sind es nur 274.

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz steht hingegen noch am Anfang. Allerdings ist Beschäftigten oft gar nicht bewusst, dass sie KI-basierte Systeme nutzen. Deren tatsächliche Verbreitung ist größer als von Beschäftigten geschätzt. Im Jahr 2021 gaben rund 12 Prozent der Unternehmen an, KI-Systeme oder maschinelles Lernen zu nutzen.

3 Der große Wandel der Kompetenzen

Welche Kompetenzen werden auf dem Arbeitsmarkt in Zukunft stärker gefragt sein? Herausragend ist der stark steigende Bedarf nach Dienst- und Hilfeleistungen. Hier ist vor allem die Pflege gemeint.

Im Zeitraum 2030 bis 2040 ist dem Bericht zufolge mit einer stark steigenden Nachfrage zu rechnen. Ebenfalls enorm steigen wird der Bedarf nach Lehrkompetenz und nach Digitalexpertise. Körperkraft, Fingerfertigkeit und Routine verlieren hingegen an Bedeutung.

Interessant ist, dass die Digitalisierung immer mehr Bestandteile auch von Dienstleistungsberufen ersetzbar macht. Über alle Branchen hinweg gibt es folgende Schätzung: Von 2013 bis 2019 hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, deren Tätigkeit zu 70 Prozent oder mehr von digitalen Technologien übernommen werden könnte, von 4,4 auf 11,3 Millionen erhöht.

4 Bei der Weiterbildung hat Deutschland viel aufzuholen

Deutschland hat viel zu tun in Sachen Weiterbildung. „Der Rat sieht es als wichtiges Ziel, Weiterbildung als IV. Säule des deutschen Bildungssystems zu etablieren“, heißt es im Bericht. Das hat auch damit zu tun, dass Branchenwechsel zwischen Industrie und Handwerk oder Dienstleistung als Option für Arbeitskräfte immer wichtiger werden.

Viele Unternehmen sagen, die fehlende Verfügbarkeit von Fachkräften mit der passenden Qualifikation sei ihr größtes Hindernis für die Digitalisierung. Dieses Problem wird sich in den kommenden Jahren eher noch verschärfen. Umso wichtiger ist es für die Betriebe, selbst den benötigten Nachwuchs auszubilden und die Beschäftigten, die es schon gibt, weiterzubilden.

5 Das Land braucht mehr Betriebsräte

Nur noch in zehn Prozent der Betriebe gibt es Betriebsräte, sie vertreten in Ostdeutschland 35 Prozent aller Beschäftigten und in Westdeutschland 42 Prozent. Die Expertinnen und Externen halten es für wichtig, die Rolle der Betriebsräte wieder zu stärken.

Aktive Betriebsräte nämlich hätten nachweislich positive Effekte. Zum Beispiel auf die Flexibilität der Arbeit, auf den Krankenstand und die Gesundheit der Beschäftigten und auch auf den technologischen Wandel.

Der Rat empfiehlt, „alles zu fördern, was Beteiligung und Mitbestimmung in mehr Betriebe hineinträgt“. Dazu würde zum Beispiel ein digitales Zutrittsrecht für Gewerkschaften gehören.

6 Der Arbeitsmarkt ist längst noch nicht flexibel genug

Deutschlands Arbeitsmarkt muss viel flexibler werden, fordern die Expertinnen und Experten. Es brauche mehr zeitliche, örtliche und organisatorische Flexibilität. Die Tarifparteien sollten das ermöglichen.

Gleichzeitig müsse darauf geachtet werden, zu regeln, wann und wie Beschäftigte erreichbar sein müssen – und zwar so, dass denen keine Nachteile durch eine Entgrenzung der Arbeit entstünden.

Auch brauche es viel mehr Diversität. Zum Beispiel würden Unternehmen noch zu wenig im Ausland rekrutieren und auch ältere oder behinderte Bewerberinnen und Bewerber zu wenig berücksichtigen. Außerdem fordert der Rat der Arbeit, Fehlanreize im Steuer- und Transfersystem zu beseitigen – etwa das Ehegatten-Splitting.

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