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Das Jänschwalder Christkind (l.), aus sorbisch  Janöojski bog, und eine Begleiterin stehen an einem sogenannten Drehboom (Drehbaum), ein historischer Weihnachtsschmuck aus dem Spreewald.

© dpa/Patrick Pleul

Drehbaum und Glückszahl: Wie die Sorben Weihnachten begehen

Die Wenden und Sorben prägten über Jahrhunderte Kultur und Lebensweise in der Lausitz – auch das Brauchtum zu Weihnachten. Eine Museumsleiterin bewahrt es.

Von Silke Nauschütz, dpa

Ein Drehbaum, Orakel und die Glückszahl Neun - die sorbische und wendische Weihnacht birgt viele Rituale und Mythen. Feiertage und Bescherung werden im Siedlungsgebiet der Sorben und Wenden anders begangen als in anderen Regionen. Babette Zenker, Leiterin des Niedersorbischen Heimatmuseums in Dissen (Spree-Neiße), bewahrt diese Traditionen und erinnert sich auch an die eigene Kindheit. Für die Sorben und Wenden seien die Tage zwischen dem 24. Dezember und dem 6. Januar bis zur Ankunft der Heiligen Drei Könige von besonderer Bedeutung, berichtet sie der dpa.

Seit Jahrhunderten stand im sorbisch/wendischen Siedlungsgebiet der Drehbaum anstelle eines Weihnachtsbaumes in den Stuben. Exemplare können heute unter anderem im wendischen Museum Cottbus und im Heimatmuseum Dissen besichtigt werden. Ähnlich der Weihnachtspyramide wurde der mehrstufige „Dreeboom“ aufgestellt und geschmückt, weil es damals kaum Nadelbäume gab, wie Zenker schildert. Die Besonderheit: Nur bei dem Drehbaum drehen sich auch die Kerzen mit. Erst um 1910 hielt der christlich geprägte Weihnachtsbaum Einzug in die Familien.

Arbeiten verboten - Christkind kommt später

Um Unglück fernzuhalten, war während der zwölf heiligen Tage das Arbeiten verboten, nur die Tiere wurden versorgt. „Meine Oma hat sich, obwohl wir fünf Kinder waren, in dieser Zeit strikt geweigert, Wäsche zu waschen. Sonst könnte sich ja jemand aufhängen“, erinnert sich die Museumsleiterin. Auch lautes Sprechen war dann verpönt und es durfte nichts verborgt werden. Das wird in traditionsbewussten Familien heute noch zelebriert.

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spielt als Glückszahl der Sorben und Wenden eine große Rolle

Während der Adventszeit wurde beim Gang zur Kirche Halbtrauerkleidung getragen, die Frauen wählten schwarze Kopftücher, einen grünen Rock und eine schwarze Schürze mit weißem Muster. Am ersten Feiertag trugen die Frauen komplett schwarze Trachten. „Schwarz war die höchste Farbe in der Kleiderordnung“, erklärt Zenker.

Während die Bescherung in den meisten Familien am 24. Dezember unter dem Weihnachtsbaum stattfindet, kommt bei den Sorben und Wenden das heilige Christkind in der Nacht zum ersten Feiertag und legt seine Gaben auf den Tisch. Vor dem Schlafengehen legen Kinder dort ein Stück Kuchen hin, welches dann am Morgen verschwunden ist.

Viele Rituale drehen sich um Glück und Reichtum

Während der Weihnachtsfeiertage werden quellende Speisen gegessen, wie Zenker berichtet, damit sich der Reichtum im kommenden Jahr mehrt. Vor allem die Zahl Neun spielt als Glückszahl der Sorben und Wenden eine große Rolle. So wurde früher Brei aus neun Getreidearten gekocht, wovon alle, selbst die Haustiere, essen mussten. Auch neun verschiedene Stollen wurden gegessen, meist ging man dazu in die Nachbarschaft, um sich der Freundschaft und Hilfe für die Ernte zu versichern. In Öfen wurde ein besonders großer „Weihnachtsholzklotz“ gelegt, die Asche wurde anschließend um die Obstbäume gestreut, damit sie gut tragen. „Vieles drehte sich gedanklich um Glück, um eine gute Ernte und das Wohlergehen der Haustiere und man gebrauchte dazu vieles, was eh schon da war“, beschreibt Zenker.

Vom Weihnachtstag bis zur Ankunft der Heiligen Drei Könige wurde auch viel orakelt. Nach altem Glauben waren in dieser Zeit Geister unterwegs. Was man in diesen Nächten träumte, ging in Erfüllung. Feuchte Getreidekörner wurden auf die Bank gelegt. So wie sie aufgingen, so sollte auch die Ernte ausfallen. „Es ging bei allem darum, sich an die Regeln des Lebens zu halten, um Glück und Gesundheit zu erlangen“, sagt Zenker. Auch wenn das Orakeln weitgehend aufgegeben worden sei - im Bewusstsein der Sorben und Wenden sei es weiter präsent.

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