zum Hauptinhalt
Waldbrand Brandenburg aktuell: Feuer erreicht rote Zone mit alter Munition

© Bundespolizei/dpa

Waldbrände in Brandenburg: 2023 droht weiterer Anstieg der Feuergefahr

Die hohe Zahl der Waldbrände 2022 macht Politik und Experten Sorgen. Im neuen Jahr könnte die Waldbrandgefahr noch steigen. Schnelle Lösungen für besseren Schutz sind schwierig.

Von Monika Wendel, dpa

Der Wind war besonders tückisch, der Einsatz für die Feuerwehrleute im Sommer extrem gefährlich. Blitzschnell breitete sich wegen starker Windböen ein Waldbrand im Elbe-Elster-Kreis im Süden Brandenburgs aus - mit bis zu 850 Hektar so groß wie fast 1200 Fußballfelder. Auch in anderen Waldgebieten kämpften die Feuerwehren teils bei 36 Grad Hitze bis zur Erschöpfung gegen die Feuer.

„Den ganzen Sommer sind die Feuerwehrleute weit über ihre Grenzen gegangen, der Verschleiß war sehr hoch“, sagte Kreisbrandmeister Christian Liebe, der den Einsatz etwa in der Lieberoser Heide (Dahme-Spreewald) geleitet hatte. Die Löschtrupps kamen mit ihren Fahrzeugen wegen alter Munition im Boden nur schwer an die Flammen heran. Panzer, Wasserwerfer, Löschhubschrauber und Drohnen waren im Einsatz. Kanzler Olaf Scholz (SPD) dankte den vielen Hundert Einsatzkräften in Brandenburg.

Dürre prägte den Sommer 2022 - und auch die Aussichten für die im März beginnende Waldbrandsaison sind nicht gut. Zudem sind technische Fortschritte und der in der Klimakrise landauf landab geforderte Waldumbau nicht von heute auf morgen umzusetzen.

Es droht ein noch schlimmeres Jahr

„Leider ist die Situation sehr beunruhigend. In weiten Teilen Deutschlands gibt es ausgeprägte Niederschlagsdefizite, wir gehen mit sehr trockenen Böden und vielen geschwächten Bäumen als Hypothek ins nächste Jahr“, sagte der Waldexperte und Professor an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Pierre Ibisch, der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. „Wissenschaftliche Modelle gehen in jedem Falle von einem zukünftigen Anstieg der Feuergefahr aus.“

Der Deutsche Feuerwehrverband arbeitet daran, wie Technik, Ausstattung und Ausbildung der Einsatzkräfte verbessert werden können. Aber schnell sei da nichts zu erreichen, sagte der Leiter des Arbeitskreises Waldbrand im Feuerwehrverband, Ulrich Cimolino. „Da ist noch ein weiter Weg vor uns.“ Kommunen arbeiten zudem an besseren Waldwegen, mehr Brunnen und Schutzstreifen, die Brände hemmen sollen. Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) macht sich auch um Ortschaften Sorgen, die teils sehr nah an Kiefernwäldern liegen. Abstandsregeln zwischen Waldgebieten und Wohnbebauung wären sinnvoll, sagte er kürzlich. In Beelitz südlich von Berlin etwa mussten Bewohner ihre Häuser zur Sicherheit verlassen.

Kritik an schlecht geplanter Luftunterstützung

Wie zäh der Kampf gegen die Feuer sein kann, zeigten auch die Debatten über das richtige Vorgehen: Sind Flugzeuge besser geeignet als Hubschrauber, um aus der Luft zu löschen? Nach Cimolinos Einschätzung kam die Luftunterstützung bei Waldbränden im Jahr 2022 teils auch zu spät und sei oft zu schlecht geplant gewesen. Ein Fachmann monierte wiederum, dass kaum Löschpanzer eingesetzt wurden.

Für Brandenburg ist die Ausgangslage ohnehin schwierig: In keinem anderen Bundesland liegt so viel alte Munition im Boden. Die Feuerwehren können die Gebiete deshalb meist gar nicht betreten. Es gibt sandige Böden mit viel Kiefernwald, der schnell austrocknet. Brandenburg gilt als Waldbrandland Nummer eins in Deutschland. 2022 war besonders extrem: Mehr als 500 Waldbrände wurden gezählt - so viele wie seit Jahren nicht.

Gesellschaftlicher Kraftakt notwendig

Waldexperte Ibisch hält eine größere gesellschaftliche Anstrengung für notwendig, um die Entstehung von Feuern zu verhindern. „Es sind nicht die trockenen Bäume, die den Wald anzünden. Die allermeisten Brände werden von Menschen gelegt.“ Für gefährdete Waldgebiete nah an Siedlungen und solche mit Munitionsbelastung sollten jetzt im Winter Katastrophenschutzpläne überarbeitet oder angefertigt werden. Ibisch schlägt auch Betretungsverbote in besonders gefährdeten Gebieten und Beobachtungskameras an Wegen vor. Vor allem aber müssten etwa in Kiefernforsten Waldbrandschutzriegel angelegt werden, wobei sie erst nach einigen Jahren wirken könnten.

Brandenburgs Agrar- und Forstminister Vogel setzt auch hier an: Er will mehr dieser Schutzstreifen rund um Ortschaften schaffen - also um die 300 Meter breite Flächen, die mit brandhemmenden Laubbäumen und Sträuchern bewachsen sind. Betretungsverbote jedoch hält die oberste Forstbehörde nicht für sinnvoll. „Ich halte von Waldsperrungen sehr wenig“, sagte Behörden-Leiter Carsten Leßner. Vielmehr seien die Bürger, die im Wald spazieren gingen, sehr aufmerksam. Ein Brandstifter müsse damit rechnen, entdeckt zu werden. Mehr Tempo muss nach Ansicht der Fachleute der Waldumbau bekommen, damit Wälder widerstandsfähiger gegen Trockenheit und Hitze werden können.

Forschung zu besserer technischer Hilfe

An besserer technischer Unterstützung zur Waldbrandbekämpfung forscht derzeit unter anderem die Technische Hochschule Wildau mit Partnern. Hintergrund ist ein solches Szenario: „Das Mobilfunknetz bricht sofort zusammen, wenn 400 Kräfte mit den Smartphones anrücken“, sagte Projektkoordinator David Rieck. Die Wissenschaftler wollen mit Hilfe eines dynamisch errichteten 5G-Netzes die Kommunikation verbessern.

Auch unbemannte Drohnen sollen so in Katastrophengebieten und in mit Munition belasteten Gebieten gesteuert werden und näher an die Brände herankommen. „Die Aufklärung mit unbemannten Fluggeräten ist auch günstiger als die Hubschrauber-Flugstunde“, sagte Rieck. Und wann kommt ein Praxis-Einsatz? Ab Mai 2023 seien zum Abschluss des dreijährigen Projektes weitere umfangreiche Tests am Flugplatz Schönhagen geplant. Die Waldbrandgefahr in Brandenburg jedenfalls kann dann schon wieder hoch sein. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false