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Eine Reihe von Gewaltverbrechen erschüttert Senftenberg.

© dpa/Robert Michael

Wird Senftenberg zum Chicago der Lausitz?: Zwei Tote, ein Schwerverletzter und offene Fragen 

Die Stadt in Brandenburg weist zumindest für die vergangenen Tage eine ungewöhnliche Kriminalitätsbilanz auf. Was sagt die Polizei dazu?

Von Sandra Dassler

Die Kommentare in den sozialen Netzwerken wurden am vergangenen Wochenende immer besorgter. „Senftenberg entwickelt sich offenbar zum Chicago der Lausitz“ lautete einer davon.

Kurz zuvor war bekannt geworden, dass am Sonnabend ein 64-jähriger Mann bei einem Streit in einem Senftenberger Mehrfamilienhaus eine Treppe hinunterstürzte und verstarb. Am Dienstag zuvor war – wie berichtet – bereits ein 34-jähriger Senftenberger bei einem Polizeieinsatz erschossen worden, als er laut Ermittler „mit einem axtähnlichen Gegenstand“ auf die Beamten losging. Ebenfalls am Dienstag wurde ein 19-Jähriger von einem 31-Jährigen angeschossen, er musste ins Krankenhaus gebracht werden.

Viele Senftenberger sind traurig und alarmiert. „Was ist nur aus unserer schönen Stadt geworden?“, fragt eine Frau auf Facebook: „Zwei Tote und ein Schwerverletzter in einer Woche – das ist doch nicht normal!“

Ungewöhnliche, aber zufällige Häufung

Ist es auch nicht, sagt Sprecher Maik Kettlitz von der zuständigen Polizeidirektion-Süd: „Wir haben es hier mit einer ungewöhnlichen, aber zufälligen Häufung von schweren Straftaten zu tun, die in keinem Zusammenhang miteinander stehen. Aber Senftenberg ist deshalb nach wie vor kein Kriminalitätsschwerpunkt.“

Im Fall des tödlichen Treppensturzes sei zudem noch nicht hundertprozentig klar, was die genaue Todesursache war, sagte Kettlitz weiter. Das werde gerade durch eine Obduktion geklärt. Laut bisherigen Ermittlungen hatte sich das 64-jährige Opfer am Samstagmittag mit einem 42-Jährigen gestritten. Beide Männer sind Deutsche und wohnen in einem Mehrfamilienhaus in der Senftenberger Johannes-R.-Becher-Straße.

Die zunächst verbale Auseinandersetzung hatte in einer Wohnung begonnen und war den bisherigen Ermittlungen zufolge im Hausflur fortgesetzt worden. Dabei kam es laut Polizei „zu Handgreiflichkeiten, in deren Folge der Ältere von beiden mehrere Stufen der Treppe hinunterstürzte. Der Mann trug schwere Verletzungen davon, denen er trotz erfolgter Reanimationsmaßnahmen erlag.“

Sein Widersacher wurde kurz danach im Haus festgenommen – ob er selbst oder ein anderer Mieter die Polizei und die Rettungskräfte gerufen hatte, ist unklar. „Wir ermitteln gegen ihn wegen des Verdachts auf Körperverletzung mit Todesfolge“, sagt Polizeisprecher Kettlitz. Totschlag oder fahrlässige Tötung würden einen Tötungsvorsatz voraussetzen, der bislang nicht zu erkennen sei. Der Beschuldigte sei vernommen worden und habe sich auch zu der Tat eingelassen. Inzwischen sei er wieder auf freiem Fuß.

Trotz möglichen Waffenbesitzes auf freiem Fuß

Dass dies auch für den 31-jährigen Mann mit albanischer Staatsangehörigkeit gilt, der am Dienstag einen 19-jährigen Syrer anschoss, verstehen hingegen viele Menschen nicht – gerade auch nach dem Amoklauf von Hamburg. Der 31-Jährige hatte eine Schusswaffe benutzt, die bislang auch bei den umfangreichen polizeilichen Durchsuchungen nicht gefunden wurde. Er könne also noch im Besitz dieser Waffe sein, befürchten Kritiker.

Außerdem habe sich der Mann nicht zu den Motiven und Hintergründen seiner Tat eingelassen, so dass auch ein Zusammenhang mit organisierter Kriminalität nicht ausgeschlossen sei. Es könne deshalb Verdunklungs- oder sogar Wiederholungsgefahr bestehen. Staatsanwaltschaft und Polizei hatten aber keine Haftgründe gesehen und demzufolge auch keinen Haftantrag gestellt.

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