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Holzbau. Das Thüringer Forstamt in Stadtroda
musste aus Holz gebaut werden. Logisch.
Die Außenlamellen dienen der Verschattung. Foto: Thomas Eiken – Eckenfotografie

© Thomas Eiken

„Auf dem Holzweg“: Potsdam hat nicht genug Holz für die Holzbauwende

Der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Pete Heuer (SPD) ist gegen das Bauen mit dem Naturrohstoff in Potsdam. Denn das könnte die Klimakrise verschärfen, meint er.

Ein Gastbeitrag von Pete Heuer

Wenn ein Lobbyist der Holzindustrie über den Holzbau spricht, ist nicht zu erwarten, dass er zuerst über Risiken und Defizite spricht. Er wird das Produkt anpreisen und für seinen Einsatz werben. Demnach soll Potsdam den Holzbau zur Chefsache machen und sich die Angelegenheit 315.000 Euro pro Jahr kosten lassen. Begründet wird dies mit der Klimawirksamkeit des verbauten Holzes. Aber es regt sich in der Fachwelt berechtigter Widerspruch. Im Mittelpunkt steht die Frage, woher das Holz kommen soll. Wenn Denny Ohnesorge als Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie meint, dies sei eine ideologische Frage, irrt er.

Die brandaktuelle Studie des WWF, „Rohstoff der Zukunft oder kommende Krise?“, gibt – wenig überraschend – eine klare Antwort, die die Holzindustrie nicht hören möchte: „Die Nachfrage in Deutschland ließe sich mit der hiesigen Waldfläche nicht einmal bei nur reiner Mengenbetrachtung – also ohne die Einhaltung von ökologischen Nachhaltigkeitskriterien – decken. Die Wälder der Welt können nicht ausreichend nachhaltig gewonnenes Holz zur Verfügung stellen. Der Verbrauch ist global und insbesondere in Industrienationen wie Deutschland bereits heute zu hoch.“

Prof. Pierre Ibisch von der Eberswalder Hochschule für nachhaltige Entwicklung sagt: „Mit Blick auf die Wälder der Erde, auf die derzeitigen Stoffströme – ich weiß nicht, wo dieses Holz herkommen soll, mit dem wir uns aus der Klimakrise bauen wollen.“

Im Klartext: Wer heute den Holzverbrauch ankurbeln möchte, ohne die Ressourcenfrage zu klären, nimmt zumindest in Kauf, dass Waldrodungen, Kahlschlagwirtschaft und Übernutzung die Klimakrise verschärfen.

Wer heute den Holzverbrauch ankurbeln möchte, ohne die Ressourcenfrage zu klären, nimmt zumindest in Kauf, dass Waldrodungen, Kahlschlagwirtschaft und Übernutzung die Klimakrise verschärfen.

Pete Heuer (SPD), Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung

Was hier tatsächlich hilft, wäre eine massive weltweite Aufforstung. Ehe daraus allerdings hiebreife Waldbestände entstehen, dauert es viele Jahre. Gegenwärtig werden in Deutschland bereits über 20 Prozent der Bauten überwiegend in Holzbauweise errichtet, in Brandenburg rund 17 Prozent. Neben dem Rohstoff Holz müssen verstärkt weitere pflanzliche und ohne hohen Energieaufwand zu gewinnende Baustoffe in den Fokus rücken.

Ein Blick zurück in die Geschichte der Anfänge geordneter Forstwirtschaft zeigt, dass unsere Wälder nach dem Mittelalter durch großflächige Wüstungen und Kahlschläge gekennzeichnet waren. Ein Reisender schrieb seinerzeit sinngemäß, er konnte Tage unterwegs sein, ohne einen Baum zu finden, stark genug einen Mann zu hängen. Friedrich II. gilt mit seiner Order zur Beförderung des Waldanbaus 1748 als Begründer einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Holzpolitik. Fortan sollte nicht mehr Holz genutzt werden, als auch nachwächst. Dieser Maßstab gilt zurecht bis heute.

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