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Am Eck des Grundstücks neben dem Wissenschaftsministerium, wo jetzt Mülltonnen stehen, soll der Pavillon gebaut werden.

© 414 Films

Bauhaus Erde: Potsdam als „Epizentrum der Bauwende“

Die Initiative von Hans Joachim Schellnhuber für ein klimapositives, nachhaltiges Bauen der Zukunft soll Potsdam an die Weltspitze bringen. Dafür soll ein Neubau aus Holz entstehen.

Reallabor, Denkfabrik und Ort des Austausches über nachhaltiges Bauen: Bauhaus Erde, die vor rund einem Jahr gegründete Initiative des Klimaforschers Hans Joachim Schellnhuber soll direkt neben dem Brandenburger Wissenschaftsministerium im kommenden Sommer einen temporären Pavillon bekommen – und später einen dauerhaften Neubau aus Holz. Potsdam soll damit, „zum Epizentrum der Bauwende im 21. Jahrhundert werden“, so Schellnhuber bei der Vorstellung der Pläne am Freitag. „Wir wollen Potsdam bei diesem Thema an die Weltspitze bringen.“

Die Vision des Gründers des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung PIK: Die neue, nachhaltige Bauhausbewegung, die an das historische Vorbild anknüpfen soll, soll weltweit ausstrahlen und „modellhafte Lösungen für acht oder zehn Milliarden Menschen erproben“. Das klinge größenwahnsinnig, gibt er zu, „aber wir können es uns nicht erlauben, nicht kühn zu denken“. Unrealistisch findet er die Pläne jedoch nicht, er habe sie bereits dem Kaiserpaar in Japan vorgetragen, den Regierungschefinnen der nordeuropäischen Staaten und gerade in Polen präsentiert – das Interesse sei groß.

Wir wollen Potsdam beim Thema Bauwende an die Weltspitze bringen.

Hans Joachim Schellnhuber, Klimaforscher

Beim Thema nachhaltiges Bauen und den verwendeten Materialien gebe es großen Nachholbedarf, so Schellnhuber. Der Bausektor sei für 40 Prozent der Klimagase verantwortlich. „Wenn im globalen Süden nur kopiert wird, was wir jahrelang aus Stahl, Beton und Glas gebaut haben, gibt es keine Hoffnung für das Klima“, sagte der Klimaforscher.

Neue Bauhaus-Akademie

Bauhaus Erde setzt hier an. Dabei soll es vier Bereiche vereinen. Zum einen werden in einem Labor in Marienfelde und auch im Potsdamer Standort Materialien entwickelt und getestet. Holz und Bambus, aber auch Lehm oder Gräser. Zweitens beschäftigt sich eine Denkfabrik mit Zukunftsthemen wie dem Waldumbau oder neuen Konzepten für die bebaute Umwelt. Drittens soll ein Netzwerk ikonischer Bauten aufgebaut werden. Und viertens soll perspektivisch eine neue Bauhaus-Akademie entstehen. „Der Neubau könnte das Zentrum dieser Akademie sein“, so Schellnhuber.

„In Potsdam wird ein prototypisches Gebäude entstehen, das nicht nur eine Heimstätte für Bauhaus Erde ist, sondern auch zeigt, wie man auf nachhaltige Weise Vergangenheit und Zukunft an einem historisch zerrissenen Ort versöhnt“, sagte der Wissenschaftler. Der Standort ist direkt gegenüber von Rechenzentrum, dem jetzigen Standort von Bauhaus, und der Garnisonkirchturmbaustelle. Das Rechenzentrum, so Schellnhuber, könne er sich gut als „Demonstrationsbau vorstellen, der zeigt, wie man ökologisch, klimagerecht und nachhaltig sanieren kann“.

Holz gilt als nachhaltiger Baustoff der Zukunft.
Holz gilt als nachhaltiger Baustoff der Zukunft.

© Andreas Klaer

Bereits im August 2023 soll neben dem Wissenschaftsministerium auf einem kleinen Eckchen des Grundstücks von Dortu- und Spornstraße ein Pavillon aus Holz namens ProtoPotsdam entstehen. Ein Schaukasten für Bauhaus Erde, in dem auch Ausstellungen und Veranstaltungen für bis zu 150 Personen stattfinden sollen. Geöffnet nur im Sommerhalbjahr, da unbeheizt, für die kommenden zwei bis drei Jahre. „Ich bin zuversichtlich: Unsere Zivilisation kann sich aus der Klimakrise herausbauen, statt sich weiter hineinzumanövrieren“, sagte Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) über ihre künftigen Nachbarn.

Das Gelände gehört der Stiftung Großes Waisenhaus, im Gespräch ist eine Erbbaupacht. Ersetzt wird der Pavillon an gleicher Stelle, aber deutlich größer, durch einen Neubau, den neuen Hauptsitz von Bauhaus Erde. Der Pavillon soll vollständig aus Materialien aus der Region gebaut, die Holzbauteile für den Neubau wiederverwendet werden.

Geld von Bund, Land und Stiftungen

Finanziert wird das Projekt aus Fördermitteln von Bund und Land – das Wissenschaftsministerium steuert 2,5 Millionen Euro bei, das Bundesumweltministerium 5 Millionen Euro, 15 Millionen sind zugesagt. Zusätzliches Geld kommt von verschiedenen Stiftungen wie der Bundesstiftung Umwelt oder der Laudes Stiftung.

Einen Zeitplan wollte Philipp Misselwitz, Co-Geschäftsführer von Bauhaus Erde, am Freitag vor der Presse noch nicht nennen. Aber die Planungsphase laufe bereits, ein internationaler Architekturwettbewerb sei in der Vorbereitung. Auch hier geben sich Schellnhuber und seine Mitstreiter nicht mit kleinen Brötchen zufrieden: Er sei mit dem japanischen Stararchitekten Shigeru Ban im Gespräch, dieser habe Interesse gezeigt, sich am Wettbewerb zu beteiligen.

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